Die Deutsche Telekom hat jahrelang viele Hundert Beamte in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet – dank einer Sozialinitiative. Die Kosten der Frühpensionen? Trägt der Steuerzahler. Darüber berichtete die Wirtschaftswoche unter dem Titel „Die Paten aus Bonn“ (Ausgabe 13, 26.03.2021). Daraus ergeben sich folgende Fragen, die der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre zur Hauptversammlung der Deutschen Telekom (1. April 2021) eingereicht hat:
1. Wie viele Beamte hat die Telekom im Projekt Diakonie eingesetzt?
2. Warum hat sich der Telekom-Vorstand diese Art von Beamten-Transfers nicht von den Aktionären genehmigen lassen und als Unternehmensgegenstand in die Satzung aufgenommen?
3. Wie hoch ist der Gesamtbetrag aller Spendenbescheinigungen, die die Telekom während der gesamten Laufzeit des Projekts von der Diakonie bekommen hat?
4. Warum hat die Telekom das Projekt Diakonie im Jahr 2016 beendet?
5. Gibt es weitere soziale und gemeinnützige Einrichtungen, die in Anspruch genommene Leistungen der Telekom durch das Ausstellen von Spendenbescheinigungen bezahlt haben?
6. Wie hoch sind die Spenden insgesamt, die die Telekom an gemeinnützige und politische Organisationen geleistet hat? Wie hoch ist der Anteil, den die Telekom bar oder per Überweisung direkt an die Organisationen gezahlt hat?
7. Warum veröffentlicht die Telekom keinen Transparenzbericht, in dem alle Spenden aufgeführt sind?
8. Muss die Telekom – unabhängig von der juristischen Bewertung der beim Projekt Diakonie erhaltenen Spendenbescheinigungen – als teil-staatliches Unternehmen nicht mit höheren moralisch-ethischen Ansprüchen an die vertragliche Gestaltung solcher Sozialprojekte herangehen und dabei jede Form von Bezahlung vermeiden, die – wenn überhaupt – nur bei sehr großzügiger Auslegung der bestehenden Gesetze den Stempel „rechtmäßig“ bekommen?
9. Die Bundesregierung fördert die Weiterentwicklung des offenen Mobilfunkstandards Open RAN (Open Radio Access Network) im Rahmen des im vergangenen Sommer beschlossenen Corona-Konjunkturpakets mit rund 2 Milliarden Euro. Gleichzeitig gibt es Kritik am Open RAN-Kurs der Deutschen Telekom, so zum Beispiel von der Sprecherin für Europapolitik der Grünen, Franziska Brantner. „Es ist nicht im Interesse der EU, den großen Betreibern Deutsche Telekom und Orange bei ihrer Präferenz für Open RAN zu folgen.“ Die Komponenten und die Software für Open RAN kommen fast ausnahmslos von US-Konzernen (vgl. Deutsche Telekom für Open-RAN-Kurs in der Kritik, https://www.golem.de/news/us-vorherrschaft-deutsche-telekom-fuer-open-ran-kurs-in-der-kritik-2103-155314.html).
Die Besonderheiten des Markts für Mobilfunkausrüstung bilden den Hintergrund dieser Kritik: Telekommunikationsprovider, die nicht auf den chinesischen Anbieter Huawei setzen wollen oder dürfen (in einigen Staaten gibt es bereits entsprechende Gesetze), haben nur die Wahl zwischen Ericsson und Nokia. Dass kein amerikanischer Hersteller auch nur Teile für die Schlüsseltechnik 5G produ¬zieren kann, bewegt inzwischen die Politik und offenbart das Dilemma: Ein Einstieg ist nicht schrittweise möglich, weil Mobilfunknetze komplett von einem Anbieter geliefert werden und die Verbindungen zwischen den Komponenten noch immer proprietär sind. Abhilfe will die Initiative Open RAN schaffen, die es sich zum Ziel gesetzt hat, offene Schnittstellen zwischen den einzelnen Komponenten zu definieren und Funktionen zunehmend in virtualisierter Software abzubilden (Software-defined Radio, SDR). Die Funk- und Signalverarbeitung im Mobilfunknetz – das Radio Access Network (RAN) – umfasst Basisstationen, Antennen und die Technik zur Kommunikation mit dem Kernnetz (Backhaul). Die zentralen Komponenten einer Basisstation sind die Funkeinheit (Radio Unit, RU) zum Senden und Empfangen der Signale und die Basisbandeinheit (Base¬band Unit, BBU), die mit einem Backbone verbunden ist und die Daten digital verarbeitet.
Brantner, die auch Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied im Europaausschuss und stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss ist, bezog sich auf Aussagem des US-Open-RAN-Herstellers Mavenir. Dessen Senior Vice President John Baker forderte unverblümt, dass die US-Regierung Vorschriften erlassen müsse, um Open RAN Priorität einzuräumen. Dies sei „der beste Weg, um die amerikanischen Führung bei 5G durchzusetzen.“ Es sei „an der Zeit, der amerikanischen Mobiltechnologie Priorität einzuräumen“. Das erklärte Ziel von Mavenir ist nach dem Verbot von Huawei in den USA, auch europäische Ausrüster wie Nokia und Ericsson auszuschalten. „Es ergibt keinen Sinn, zwei im Ausland ansässigen Unternehmen amerikanische Steuergelder zu geben, damit sie weiterhin dieselbe proprietäre Architektur verkaufen können“, sagte Baker. Er forderte dazu auf, die Konkurrenten dazu zu zwingen, ihre Netzausrüstung für Open RAN zu öffnen. Warum will sich die Deutsche Telekom in die Abhängigkeit eines US-Unternehmens begeben?