„Schieben Sie Ihre Verantwortung für Klimaschutz nicht an Dritte ab!“: Rede von Markus Dufner

„Das Thema T-Systems und State Capture in Südafrika ist noch nicht vom Tisch“: Markus Dufner bei seiner Rede auf der Hauptversammlung der Deutschen Telekom am 10. April 2024.

Sehr geehrter Herr Dr. Appel, sehr geehrter Herr Höttges,
sehr geehrte Mitglieder des Aufsichtsrats und Vorstands,
sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre der Deutschen Telekom AG,

mein Name ist Markus Dufner. Ich bin Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Für die heutige Hauptversammlung wurden uns die Stimmrechte für mehr als 275.000 Aktien übertragen.

Ich spreche heute zu den Themen Klimaschutz, Lieferkette, Unternehmensverantwortung, chinesische Anbieter (Huawei), Strafanzeigen, Stellenabbau und Umgang mit Dopingvorwürfen gegen das Radsportteam T-Mobile.

„Wenn Technologie-Giganten mit anpacken, kann man zusammen Berge versetzen!“
So lautet der schöne Titel eines gestern auf den Internetseiten der Deutschen Telekom erschienenes Interviews unter dem Stichwort „Verantwortung“ mit Saima Ansari. Sie ist Marketing-Strategin und Marken-Expertin in diesem Unternehmen.

Im Interview gibt Saima Ansari Auskunft darüber, wie sie riesige Technologielieferanten dazu bringt, „sich der Telekom in Sachen Kreislaufwirtschaft und Energieeffizienz anzuschließen – und gemeinsam die Welt zu verändern“. Die Managerin erklär, dass kein Netzbetreiber um die rieseigen Netzwerkausrüster wie Ericsson, Nokia, Cisco, HPE, IBM und Dell herumkommt. Zitat: „Diese Firmen oder ´Vendoren´ sind echte Giganten im Markt. Und genau wie alle anderen Telekommunikationsunternehmen sind wir darauf angewiesen, dass sie uns wichtiges Netz-Equipment liefern.“
Völlig klar, dass die Telekom Komponenten und Geräte wie zum Beispiel Antennenstationen, Router, Schalter und Server braucht, um ihre Netze zu bauen, zu betreiben und Kundinnen und Kunden mit der besten Leistung zu versorgen.
Ansari weiter: „Deshalb kaufen wir jedes Jahr in großen Mengen bei unseren Technologie-Vendoren ein.“ Und jetzt, meine Damen und Herren, kommt ein entscheidender Hinweis: „Aber: Diese riesigen Lieferanten hinterlassen auch einen gigantischen CO2-Fußabdruck.“

Vorstandsvorsitzender Timotheus Höttges demonstriert den Chatbot „Frag Magenta“.

Damit die Deutsche Telekom ihren CO2-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent reduzieren kann, muss die gesamte Lieferkette mitmachen, auch die Netzausrüster. In den noch verbleibenden sechs Jahren sei das nur zu schaffen, „… wenn unsere Lieferanten mitmachen“, so Ansari. „Denn der größte Teil der CO2-Einsparungen muss bei ihnen passieren.“

Sehr geehrter Herr Höttges, schieben Sie so nicht einen großen Teil der Verantwortung für den Erfolg ihrer Klimaschutzmaßnahmen ihren Vendoren zu? Im Übrigen stimmt der Dachverband der Forderung von Deka Investment eines „Say on Climate“ zu. Wann wird es dazu eine Initiative des Vorstands geben?

Bitte teilen Sie uns mit, wie sich der CO2-Fußabdruck der Deutschen Telekom in den Jahren 2022 und 2023 entwickelt hat und zwar nach Scope 1, Scope 2 und Scope 3.
Welche Vendoren schneiden gemäß der Score-Card der Deutschen Telekom am besten ab?

Welches waren die größten Mängel bei Ihren Vendoren?
Wie hat Huawei abgeschnitten?

Apropos Huawei und mögliches Teilverbot für Komponenten anderer chinesischer Firmen in Handynetzen. Zusammen mit den Mobilfunkanbietern Vodafone und Telefónica kritisiert die Deutsche Telekom die Pläne der Bundesregierung scharf, Komponenten von chinesischen Herstellern wie Huawei oder ZTE im sogenannten „Kernnetz“ zu verbieten.
Die EU hatte sich bereits 2020 darauf geeinigt, keine Teile von „Hochrisiko-Anbietern“ mehr in europäischen Mobilfunknetzen zu verbauen. Schweden verbannt etwa zum 1. Januar 2025 chinesische Bauteile aus seinen Handynetzen.
Herr Höttges, warum ist es für Sie nicht nachvollziehbar, dass es eine Balance zwischen Sicherheit und Innovation geben muss?
Wie hoch beziffern Sie das finanzielle Risiko für unser Unternehmen durch die chinesischen Teileanbieter?
Welche Alternativen für den Ausbau der Handynetze sehen Sie, wenn es ein Teilverbot für chinesische Anbieter gibt?

Wenden wir uns nun einem anderen Rechtsrisiko zu: T-Systems und Südafrika.
Das Thema T-Systems und State Capture in Südafrika ist noch nicht vom Tisch. Herr Höttges, heute haben Sie die Gelegenheit, uns Aktionärinnen und Aktionären auf den aktuellen Stand zu bringen.

Zur Erläuterung: State Capture bedeutet, dass staatliche Ressourcen auf Basis klientelistischer Netzwerke verteilt werden. T-Systems war in Südafrika zweitgrößter Profiteur von State-Capture-Aufträgen. Im September 2022 wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main wegen der Korruptionsvorwürfe gegen T-Systems Ermittlungen aufgenommen hat. Dass der Fall von großem öffentlichem Interesse ist, zeigt auch, dass die Medien in den vergangenen beiden Jahren immer wieder berichteten.

In meiner letztjährigen Hauptversammlungsrede fragte ich Sie, ob die Staatsanwaltschaft Frankfurt der Deutschen Telekom AG Einblick in die Ermittlungsakten gewährt habe.  Ihre Antwort war, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt der Deutschen Telekom bzw. T-Systems noch keinen Einblick gewährt habe.

Was wissen Sie bzw. Ihre Juristinnen und Juristen von den Ermittlungen?
Wann hat die Deutsche Telekom bzw. T-Systems Einblick in die Ermittlungsakten erhalten?  hat.
Ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt in Sachen State Capture noch gegen die Deutsche Telekom AG bzw. T-Systems?
Rechnen Sie mit der Eröffnung eines Strafverfahrens?
Wie hoch sind die Rückstellungen für den Fall, dass der Fall State Capture in Südafrika für die Deutsche Telekom negativ ausgeht?

„Patriotische Investitionen“ und Arbeitsplatzabbau
Herr Höttges, wie „patriotisch“ war das Investment der Deutsche Telekom in der Vergangenheit und wie „patriotisch“ wird es in Zukunft sein? Dieser Begriff stammt von Ihnen! Im letzten Sommer drohten Sie wegen niedriger Preise mit der Verlagerung von Investitionen ins Ausland, fügten aber hinzu, noch investiere man „patriotisch“, doch die Bedingungen hierzulande seien schlecht. Investitionen im Ausland könnten sich mehr lohnen.

»Sollten sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, sehen wir uns gezwungen, unsere Chancen noch stärker im Ausland und damit vor allem in den USA zu nutzen“, sagten Sie, Herr Höttges. In den USA sei der Umsatz pro Kunde in der Telekommunikationsbranche dreimal höher als hierzulande.

Wie beurteilen Sie die Lage für Investitionen jetzt?
Wieviel werden Sie 2024, 2025 und 2026 in Deutschland insgesamt investieren?
Wieviel für den Ausbau des 5G-Handnetzes?

Herr Höttges, mit Ihrem „Booster“-Programm wollen Sie Kosten sparen. Müssen dafür wirklich mehr als 2000 Stellen abgebaut werden? Wie viele Jobs genau werden es sein und wo werden sie wegfallen?

Doping im Team Telekom und einstweilige Verfügungen
Und zu guter Letzt noch das Thema Doping und Team Telekom. Ende letzten Jahres sorgte eine Dokumentation über Jan Ullrich für Schlagzeilen. Herr Höttges, haben Sie sich die Doku angeschaut?
Aber schon lange vor der Doku war klar, dass die Deutsche Telekom als Sponsor des Radsport-Teams T-Mobile mit in der Verantwortung steht für das „systematische und umfassende Doping“, so das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL. Die Leitung des T-Mobile-Teams erwirkte eine Verfügung gegen den Spiegel.
So wurde dem Magazin die Behauptung untersagt, weiter zu berichten, „ein Helfer sei damit beauftragt, täglich mit einem grauen Müllsack durch die Hotelzimmer zu ziehen und leere Ampullen und Spritzen einzusammeln.“ Bei einem Verstoß gegen die Verfügung drohte entweder ein Ordnungsgeld von 500.000 Mark oder ersatzweise Haft.
(siehe DER SPIEGEL, 19.06.1999: Radsport: Team Telekom erwirkt einstweilige Verfügung)

Doping im Team Telekom und einstweilige Verfügungen
Und zu guter Letzt noch das Thema Doping und Team Telekom. Ende letzten Jahres sorgte sorgte eine Dokumentation über Jan Ullrich für Schlagzeilen. Herr Höttges, haben Sie sich die Doku über angeschaut?
Aber schon lange vor der Doku war klar, dass die Deutsche Telekom als Sponsor des Radsport-Teams T-Mobile mit in der Verantwortung steht für das „systematische und umfassende Doping“, so das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL. Die Leitung des T-Mobile-Teams erwirkte eine Verfügung gegen den Spiegel.
So wurde dem Magazin die Behauptung untersagt, weiter zu berichten, „ein Helfer sei damit beauftragt, täglich mit einem grauen Müllsack durch die Hotelzimmer zu ziehen und leere Ampullen und Spritzen einzusammeln.“ Bei einem Verstoß gegen die Verfügung drohte entweder ein Ordnungsgeld von 500.000 Mark oder ersatzweise Haft.
(siehe DER SPIEGEL, 19.06.1999: Radsport: Team Telekom erwirkt einstweilige Verfügung)

Herr Höttges, Sie waren ab dem Jahr 2000 Geschäftsführer Finanzen und Controlling bei T-Mobile Deutschland; ab 2002 Chef von T-Mobile in Deutschland; ab 2006 Konzernvorstand für den Bereich T-Home (quasi Deutschland-Chef), ab 2009 Konzernvorstand für den Bereich Finanzen und Controlling. Und seit 2014: Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom.

Ab wann hielten Sie die Dopingvorwürfe für glaubwürdig?
Waren Sie in das juristische Vorgehen des T-Mobile-Teams gegen den SPIEGEL involviert? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht?
Wie beurteilen Sie dieses Vorgehen heute?
Gab es seitens der Deutschen Telekom eine Entschuldigung gegenüber dem SPIEGEL?
Erst am 27. November 2007 erklärte die Deutsche Telekom AG  ihren sofortigen Rückzug aus dem Radsport-Sponsoring.

Das Motto der Deutschen Telekom war immer „Vertuschen statt aufklären“. Und Timotheus Höttges hat maßgeblich daran mitgewirkt. Kein gutes Vorbild für einen teilstaatlichen Konzern.

Abschließend:  Warum bekommen der Vorsitzende und die Mitglieder des Prüfungs- und Finanzausschusses eine höhere Vergütung als die des Strategie-, ESG- und Innovationsausschusses? Dadurch entsteht der Eindruck, dass Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (gute Unternehmensführung bei der Deutschen Telekom weniger wichtig genommen werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamtkeit.

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