Rede von Ibrahim Özcan auf der Hauptversammlung der Thyssenkrupp AG am 2. Februar 2024
Ich stehe heute hier, um die Familie von Refat Süleyman zu unterstützen. Gemeinsam mit vielen anderen habe ich mir vorgenommen, den Todesfall von Refat Süleyman nicht ruhen zu lassen, bis die verdiente Gerechtigkeit erfolgt. Was mich mit der Familie von Refat Süleyman verbindet, ist ein ähnliches Schicksal. Mein Vater verstarb an einer Art von Krebs die normalerweise bei Kettenrauchern auftritt. Er hatte jedoch nie geraucht. Die Ursache seiner Krankheit war 35 Jahre Arbeit am Hochofen unter schlechten Arbeitsbedingungen und ohne ausreichend Schutz.
Was mich am Tod meines Vaters am meisten verbittert ist zu wissen, dass es viele Schicksale wie das meines Vaters gibt, die nie die Öffentlichkeit erreichen. Wir sind aus Duisburg-Marxloh, und das bedeutet, dass wir die Arbeitsbedingungen in Thyssen kennen. Früher waren es hauptsächlich Gastarbeiter aus der Türkei, heute sind es Leiharbeiter aus Bulgarien, die unter schlechten Arbeitsbedingungen leiden und in einigen Fällen sogar sterben.
Ich kann von Glück sprechen, dass ein anderer Fall, den ich kenne, wie der meines Bekannten Enes Ugurlu, nicht tödlich endete. Enes, ein Verfahrensmechaniker, war am 30.06.23 auf einem Kran, der abstürzte. Er fiel ins Koma, erkannte anfangs seine Familie nicht und musste teilweise das Sprechen neu erlernen. Doch im Gegensatz zu Refat Süleyman überlebte er.
Refat Süleyman starb, weil das Gelände nicht ausreichend geschützt war. Die Details sind dank investigativer Pressearbeit bekannt, während ThyssenKrupp weiter schweigt. Was auch immer Sie tun,. Meinen Vater könnt ihr nicht wieder zurückbringen. Refats Frau Maria und ihren Kindern könnt ihr nicht ihren Ehemann und Vater zurückgeben. Lassen Sie uns die Karten auf den Tisch legen. Was können Sie tun? Sie könnten das tun, wovon Sie immer nur geredet haben: Verantwortung übernehmen. Refats Familie wurde von Thyssen in diesen schweren Zeiten immer noch alleine gelassen, obwohl Unternehmensvertreter den Journalisten versicherten, dass sie sich verantwortungsbewusst um die Familie kümmern werden.
Wenn man es genau betrachtet, könnten Sie viel Gutes tun. Sie sind ThyssenKrupp, Sie sind reich, Sie sind einflussreich, Sie haben die besten Anwälte. Die eigentliche Frage ist: Was wollen Sie tun? Sie wollen Ihren Namen sauber halten und dürfen keine Schuld eingestehen. Sie wollen den maximalen Gewinn erzielen, was durch Ausbeutung bulgarischer Leiharbeiter und anderer Migranten sehr gut funktioniert.
Wenn Sie als Unternehmen Integrität, und als Menschen ein Gewissen haben, dann tun Sie sich den Gefallen: Stehen Sie dazu, dass es jedes Jahr mehrere Tode und Unfälle im ThyssenKrupp Steel Werk Bruckhausen gibt. Flüchten Sie sich nicht wieder in Ausreden und leere Phrasen von Fachabteilungen und etablierten Abläufen. Wir wissen alle, dass Sie ganz genau nichts unternommen haben und den Todesfall von Refat, genau so wie die Todes- und Unfälle in der Belegschaft auf zynischste Weise vorüberziehen lassen haben.