- Konzern baut Kriegsschiffe für die Türkei und Ägypten
- Verhandlungen mit Brasilien stehen vor dem Abschluss
- Aufsichtsrat muss sich auf Hauptversammlung für Waffenexporte verantworten
Mit schweren Vorwürfen muss sich der Aufsichtsrat von Thyssenkrupp am Freitag auf der Hauptversammlung in Bochum auseinandersetzen. Die Menschenrechtsorganisation urgewald und der Dachverband der Kritischen Aktionär*innen kritisieren scharf, dass Konzerntochter Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) Kriegsschiffe an autoritäre Regime liefert. Konkret geht es um U-Boote und Fregatten für die Türkei und Ägypten. Für Brasilien unter Rechtsaußen-Präsident Jair Bolsonaro will TKMS Korvetten bauen. Thyssenkrupp plant, seine in der Vergangenheit durch Korruptionsvorwürfe aufgefallene Marinesparte durch solche Rüstungsexporte auszubauen. Das könnte die Lage in Kriegs- und Krisengebieten weiter eskalieren lassen, fürchten die NGOs.
„Thyssenkrupp setzt seinen Kurs fort, Schiffe auch an kriegführende Staaten und solche mit verheerenden menschenrechtlichen Bilanzen zu liefern. Der Konzern hilft diesen auch dabei, eigene Rüstungsindustrien aufzubauen“, kommentiert Barbara Happe, Campaignerin bei urgewald.
Thyssenkrupp rüstet aggressive Türkei auf
Aktuell
baut der Konzern gemeinsam mit türkischen Unternehmen sechs U-Boote des
Typs 214 mit Materiallieferungen aus Deutschland. Thyssenkrupp
unterstützt damit die Bestrebungen der autoritär regierten Türkei nach
rüstungstechnischer Autonomie – trotz massiver öffentlicher Kritik am
völkerrechtswidrigen Einmarsch in Syrien Anfang 2018 und im Herbst 2019.
TKMS stattet zudem seit Jahren die meisten Anrainerstaaten des östlichen Mittelmeeres mit Marineschiffen aus. Im Streit um Erdgasvorkommen in der Region könnten sich in absehbarer Zeit die Türkei, Griechenland, Israel und Ägypten mit den vom deutschen Industriekonzern gelieferten Kriegsschiffen gegenüberstehen.
Deutsche Kriegsschiffe für Jemen-Kriegskoalitionär
Anfang
dieses Jahres sorgte die Exportgenehmigung für eine von TKMS gebaute
Fregatte des Typs Meko 200 nach Ägypten für Empörung. Das Land gehört zu
der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition, die seit fast fünf
Jahren einen brutalen Krieg im Jemen führt, und geht im eigenen Land
harsch gegen jede Art von Opposition vor. Thyssenkrupp will weitere
Schiffe nach Ägypten exportieren.
Deals mit Bolsonaro
Geschäfte
will TKMS auch mit Brasilien machen: Vier Korvetten (Klasse 130) möchte
die aufstrebende Militärmacht Südamerikas von den Deutschen kaufen, die
Verhandlungen sind fast abgeschlossen. Mit im Boot ist der
brasilianische Flugzeugbauer Embraer.
„Kriegsschiffe nach Brasilien zu verkaufen, wo der autokratisch agierende Präsident Bolsonaro außen wie innenpolitisch völlig unberechenbar auftritt, ist unverantwortlich. Thyssenkrupp kennt keinerlei Skrupel, die Pulverfässer dieser Welt immer weiter aufzurüsten“, kritisiert Christian Russau von den Kritischen Aktionär*innen. Er warnt auch vor dem in den vergangenen Monaten spürbar gestiegenen Konfliktszenario zwischen Venezuela und Brasilien. Die Kritischen Aktionär*innen und urgewald fordern Thyssenkrupp auf, die Rüstungsgeschäfte in Krisenregionen umgehend zu stoppen.
Gegenanträge des Dachverbands Kritische Aktionär*innen
Kontakte:
Denis Schimmelpfennig | Medienreferent und Social Media Koordinator urgewald
+49 176 801 461 72
denis[at]urgewald.org
Barbara Happe | Campaignerin urgewald
barbara[at]urgewald.org
Christian Russau | Dachverband Kritische Aktionär*innen
christian.russau[at]kritischeaktionaere.de