„Finanzielle Rettung Unipers darf kein fossiles ‚Weiter So‘ bleiben“: Rede von Franziska Saalmann, Greenpeace

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Franziska Saalmann, ich bin Kampagnensprecherin bei Greenpeace Deutschland und ich spreche heute als Aktionärsvertreterin von Greenpeace.

Ich hätte vom Vorstand gerne Antworten auf meine Fragen zu Unipers Zukunft, auch im Zuge der geplanten Kapitalherabsetzung und dem Prozess der Reprivatisierung, und mache davon die Entscheidung abhängig, wie ich heute abstimme.

Wir von Greenpeace fordern seit der Verstaatlichung Unipers – auch gemeinsam mit einigen anderen Verbänden, wie dem Dachverband der Kritischen Aktionär:innen, urgewald, E3G und Beyond Fossil Fuels – dass die finanzielle Rettung Unipers an eine nachhaltige Ausrichtung des Konzerns geknüpft werden muss – und dass die mit dem Kapitalschnitt angestrebte Reprivatisierung nicht sang- und klanglos von statten gehen darf. Wir sehen zurzeit nicht, dass Uniper oder das Finanzministerium für die Bundesregierung hierfür die adäquaten Schritte unternimmt – angesichts der desaströsen Lage in der wir uns im Hinblick auf die Klima- und Biodiversitätskrise befinden und in die wir uns durch die fossile Energiepolitik noch tiefer hinein manövrieren.

Eine nachhaltigere Konzernausrichtung bedeutet minimal, dass die Erschließung NEUER fossiler Energiequellen ausgeschlossen wird – auch speziell die Erschließung neuer Gasfelder. Das ist bei Uniper nicht der Fall. Das fossile Phase-out ist momentan auch bei der Klimakonferenz in Dubai in aller Munde, auch wenn die unheimlich stark vertretene fossile Lobby fleißig versucht, diesen zu untergraben – aus wissenschaftlicher Sicht ist er unumgänglich und bitter nötig.

Und auch mit ökonomischem Weitblick ist die weitere Ausrichtung auf endliche Energiequellen zweifelhaft –  trotz der Gewinne und finanziellen Erholungen Unipers, frage ich mich also, wie es um das Risikomanagement dieses Konzerns bestellt ist.

Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass ein LNG-Langzeitvertrag dazu führte, dass Uniper nun Millionenzahlungen tätigen muss: knapp 550 Millionen Euro muss Uniper an die Gegenpartei – den italienischen Versorger Eni – zahlen, so das Urteil. Diese Menge wird das Jahresergebnis von Uniper in vollem Umfang belasten. Der LNG-Langzeitvertrag ist letztes Jahr ausgelaufen, doch Uniper schließt weiterhin langjährige LNG-Abnahmeverträge – zum Beispiel mit dem australischen Konzern Woodside.

Diese Verträge sind die finanzielle Grundlage für die Realisierung eines neuen fossilen Mega-Gasprojekts vor der westaustralischen Küste. Es ist das klimaschädlichste Projekt, das derzeit auf dem australischen Kontinent in Planung ist – und gleichzeitig eine Katastrophe für die schützenswerte und bereits bedrohte Artenvielfalt vor Ort. Darauf haben wir von Greenpeace schon des Öfteren hingewiesen. Und sind der Meinung dass es sich auch hierbei um eine „dringende Angelegenheit“ handelt, die hier im Rahmen der außerordentlichen Hauptversammlung angesprochen werden muss, denn:

Unipers Partner Woodside hat vor wenigen Tagen nun doch mit den umstrittenen und rechtlich umkämpften seismischen Tests angefangenen – den Einsätzen von Unterwasserschallkanonen für das Aufsuchen von Gas als Teil des Burrup-Hub Projekts. Der Lärm, der hierbei durch die Schallkanonen ausgelöst wird, gehört zu den lautesten Geräuschen, die Menschen auf die Meere loslassen – mit fatalen Folgen für die Meeresorganismen – vom kleinsten Plankton, dessen Sterblichkeit durch den Lärm erhöht wird, mit Konsequenzen entlang des gesamten Nahrungsnetzes, bis hin zu Walen, deren Gehör und damit überlebenswichtiger Sinn geschädigt wird.

Die Genehmigung für diese seismischen Tests, die die zuständige Umweltbehörde NOPSEMA erteilt hatte, wurde Woodside im September von einem Gericht wieder entzogen  – sie wurde unrechtmäßig erteilt. Woodside hat nur kurz darauf einen neuen Umweltplan eingereicht und hierfür nun auchdie behördliche Genehmigung erhalten – nach minimalsten Anpassungen seines Umweltplans und nur einer halben Konsultation mit der Indigenen Gemeinschaft von Murujuga – die Indigene Bevölkerung der Halbinsel, die gravierend von Woodsides weiteren Gasförderungen vor der Küste betroffen wäre. Die Gefahren des Vorhabens für die Umwelt und das kulturelle Erbe der Indigenen Gemeinschaft bleiben nach wie vor die gleichen und die Genehmigung muss daher weiterhin angefochten werden. Die Umweltbehörde NOPSEMA hat die Genehmigung – anders als zuvor – diesmal ohne eine Begründung, auf welcher Grundlage sie erteilt wurde ausgestellt, was die mangelnde Transparenz und das Vermeidenwollen von Kontrolle offenlegt.

Es ist also ignorant von Uniper, sich ausschließlich auf die Beurteilung der australischen Behörden, die zweifelhaften Prozesse dort und die Beschwichtigungen Woodsides zu verlassen. Das gilt für den Umweltplan der seismischen Tests – dessen Unzulänglichkeiten wir Ihnen mehrmals lang und breit dargelegt haben, ohne dass jemals entsprechende Konsequenzen folgten – als auch für das übergreifende Projekt, für das Sie niemals unabhängige Umweltprüfungen zu Rate gezogen haben.

Wir fordern Sie deshalb auch an dieser Stelle dazu auf, aus den Verträgen mit Woodside auszusteigen und festzulegen, dass Sie kein LNG aus dem Scarborough- und Browse-Projektteil des Burrup Hub-Projekts beziehen werden. Unsere Forderung ist drängender denn je.

Es fällt schwer, die Schritte für eine zügigere Reprivatisierung Unipers zu unterstützen, die durch einen Kapitalschnitt ermöglicht werden, solange die Bundesregierung keine Schritte unternimmt, um dafür zu sorgen, dass die finanzielle Rettung Unipers nicht nur ein fossiles “Weiter So” ist und unsere Zukunft vor die Wand fährt.

Daher meine Fragen an Sie:

  • Wann wird die Ausstiegsstrategie des Bundes veröffentlicht? Die Bundesregierung hat sich zu einer Veröffentlichung bis Jahresende verpflichtet, bitte konkretisieren Sie das Datum.
  • Wird die Ausstiegsstrategie Uniper auch an Anforderungen für eine nachhaltigere, klima- und biodiversitätsfreundlichere Ausrichtung koppeln? Falls ja, wie sollen diese aussehen?
  •  Sind im Nachgang zur Veröffentlichung der Ausstiegsstrategie Anforderungen geplant, bevor Uniper nach und nach reprivatisiert wird?
  • Einer Ihrer LNG-Liefervertäge mit Woodside bezieht sich konkret auf LNG-Lieferungen nach Europa ab Januar 2023 – bitte bestätigen Sie, dass hierbei nun schon LNG von Woodside in Europa und auch in Deutschland angeliefert wird und geben Sie Auskunft über die weiteren genauen Zielländer dieses Vertrags.
  • Bitte geben Sie diesbezüglich auch Auskunft darüber, ob die LNG-Lieferungen von Woodside ab September 2031 in Abhängigkeit von Langzeitbuchungen in Nordwest-Europa bestätigt wurden.
  • Um Ihre Integrität bezüglich NGO-Dialogen besser einschätzen zu können: Hat Uniper für das Treffen mit Woodside in Australien im Oktober die von Greenpeace geschickten Kontakte berücksichtigt – und damit Ihren geschätzten NGO-Dialog auch vor Ort fortgeführt, oder sich lediglich mit Woodside getroffen und sich damit nur ein einseitiges Bild vor Ort gemacht?

Es wäre wünschenswert, dass Sie uns zumindest hier Transparenz entgegenbringen und diese Fragen beantworten und jeweils begründen. Wir von Greenpeace haben im August Anfragen nach dem Umweltinformationsgesetz an Sie und auch an die Bundesregierung gestellt – in Bezug auf die mit Woodside geschlossenen Verträge im Speziellen und Unipers zukünftiger Konzernpolitik im weiteren Sinne, im Abgleich mit den Pariser Klimazielen und dem Klimaschutzgesetz der Bundesregierung. Die Beantwortung dieser Anfragen haben Sie abgelehnt,mit einer Begründung, die juristisch nicht tragfähig ist – weshalb wir nun eine verwaltungsrechtliche Klage gegen Sie – Uniper – angeschlossen haben. Die Beantwortung jener Fragen tragen wir also wohl auf anderer Ebene aus.

Vielen Dank.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.kritischeaktionaere.de/uniper/finanzielle-rettung-unipers-darf-kein-fossiles-weiter-so-bleiben-rede-von-franziska-saalmann-greenpeace/