Rede von María Fernanda Herrera Palomo

Ich begrüße Sie, sehr geehrter Vorstand, sehr geehrter Aufsichtsrat und auch Sie, sehr geehrte Aktionär*innen von Uniper.

Ich bin heute hier bei Ihnen, um über die immer noch dramatische Lage der Bevölkerung durch den Bergbau in Kolumbien zu sprechen.

Die Bergbauunternehmen Cerrejón, Drummond und Prodeco, zusammen mit dem kolumbianischen Staat, aber auch mit jedem, der Kohle aus den kolumbianischen Minen bezieht, fördern nicht nur die Umweltzerstörung und den Klimawandel, sondern auch die Verletzung der Rechte zahlreicher Menschen und insbesondere die Verletzung der Schutzrechte für indigene Gemeinschaften nach dem Völkerrecht.

In Artikel 15 der ILO-Konvention 169 steht:

„Die Rechte der betreffenden indigenen Völker an den natürlichen Ressourcen ihres Landes sind besonders zu schützen. Diese Rechte schließen das Recht dieser Völker ein, sich an der Nutzung, Bewirtschaftung und Erhaltung dieser Ressourcen zu beteiligen.“

In Artikel 17.3 heißt es: „Personen, die diesen indigenen Völkern nicht angehören, sind daran zu hindern, deren Bräuche oder deren Gesetzesunkenntnis auszunutzen, um Eigentums- oder Nutzungsrechte an deren Grund und Boden zu erwerben.“

Der Tagebau El Cerrejón – er hat seinen Namen von dem dortigen heiligen Ort der indigenen Wayuu übernommen – wird von den multinationalen Konzernen BHP Billiton, Anglo American und Glencore in der Region La Guajira betrieben.

Dieser Tagebau, aus der Uniper Steinkohle kauft, verwandelt die einzigartige Natur sowie das Land der indigenen Wayuus und der Bauerngemeinden Tag für Tag in eine Mondlandschaft!

Seit Beginn der Kohleförderung in den 1970er Jahren wurden mindestens 35 afrokolumbianische Gemeinden und andere Bauerngemeinden enteignet. Viele sind bis heute nicht angemessen entschädigt worden, wie zum Beispiel die Gemeinden Tabaco und Roche.

Die Guajira ist geologisch gesehen einer Halbwüste. Durch den Kohleabbau haben die Wayuu zahlreiche ihrer Wasserquellen verloren. In diesem sensiblen Gebiet wurde durch den Kohleabbau der wichtigste Fluss von La Guajira, der Ranchería, stark verschmutzt. Mehrere Grundwasservorkommen sowie 17 Bäche sind verschwunden und zwei natürliche Wasserabläufe umgeleitet. Dadurch sind viele Wasserquellen ausgetrocknet. Als Entschädigung brachte das Unternehmen El Cerrejón nur Wasser per Lastwagen und Wasserflaschen!

El Cerrejón hat zwar 6.000 Arbeitsplätze geschaffen. Doch dafür haben die Wayuu und Bauerngemeinden nicht nur ihre Wasserquellen, sondern auch ihr angestammtes Land verloren. Viele der Tiere und Pflanzen sind bedroht, die Luft ist stark verschmutzt. Dies alles bedeutet für die Menschenden Verlust ihres Einkommens und ihrer Ernährungsgrundlage, die auf Viehzucht und Landwirtschaft basiert, sowie den Verlust ihrer kulturellen Identität und ihrer Gesundheit. Zahlreiche Arbeiter*innen wie die meisten Menschen aus der Umgebung leiden an Atembeschwerden und Hautausschlägen.

Aktuell plant El Cerrejón auch noch den Fluss „Bruno“ für die Ausweitung der Mine umzuleiten, unter dem sich geschätzte 40 Millionen Tonnen Kohle verbergen. Die betroffenen Indigenen und Bauern-Gemeinden wurden nicht angemessen konsultiert. Nur per Gerichtsbeschluss konnten diese ihre Rechte geltend machen. Nachdem das oberste Verwaltungsgericht die Genehmigung suspendiert hat, hat Cerrejón dennoch die Arbeiten zur Umleitung des Flusses fortgesetzt. Der Verlust dieses Flusses kann den Hauptfluss Rancheria stark beeinträchtigen! Die ganze Region ist in Gefahr, denn die Umleitung geschieht gerade, ohne dass die nötigen Studiendurchgeführt worden sind. Die ökologischen Schäden sind unkalkulierbar!

In La Guajira sind in den letzten Jahren mindestens 5.000 Kinder und 14.000 vor allem Frauen und ältere Menschen an Folgen von Unterernährung und Durst durch die starken Dürren gestorben!

Der Plan für die Schließung des Tagebaus El Cerrejón in La Guajira im Jahre 2034 ist mit den Gemeinden auch nicht abgestimmt. Außerdem sind die Menschen, die gegen die Umleitung kämpfen, heute stark bedroht, wie zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsaktivist*innen in ganz Kolumbien. Mehr als 20 wurden 2018 bereits ermordet. Der kolumbianische Staat ist also kein Garant für die Rechte der eigenen Bevölkerung.

Die entstandenen Schäden müssen beglichen werden. Aber sowohl Cerrejón als auch der kolumbianische Staat und die Importeure der kolumbianischen Kohle – wie Uniper – übernehmen nicht ihre volle Verantwortung. Sie behaupten seit Jahren, in ständigem Dialog zu sein, während die Geschäfte weitergehen, trotz aller Menschen- und Umweltrechtsverletzungen!

In der Region Cesar sieht die Lage nicht besser aus als in der Region La Guajira. Die Bergbauunternehmen Drummond und Prodeco begannen ihre Unternehmungen in den 1990er Jahren in Cesar. In diesen Gebiet haben Paramilitärs mehr als 59.000 Menschen vertrieben und über 3.100 Menschen ermordet. Im Jahr 2013 wurden mehrere Männer mit Beziehungen zum Paramilitär wegen des Mordes an Drummond-Gewerkschaftern in Kolumbien verurteilt. In dem Prozess belasteten sie Drummond-Führungskräfte schwer. Die meisten Menschen, die vertrieben worden sind, sind bis heute allein gelassen worden. Auch für die Linderung der ökologischen Zerstörung wird bis heute kaum Verantwortung übernommen. Dies alles geschah, um billige Kohle an Europa und andere Ländern zu verkaufen!

2017 hat Uniper auf die Mitgliedschaft in der sogenannten „Better Coal“-Initiative für Umwelt- und Sozialstandards verwiesen. Dazu ein Zitat von Spiegel Online von 3. Januar 2017: „Wir sehen positive Signale, dass der Betreiber von Cerrejón auf eine verantwortungsvolle Zusammenarbeit mit Better Coal setzt.“

Aber Signale sind keine Tatsachen! Jahrelange Dialoge mit den deutschen Kohleabnehmern haben bisher den Menschen aus den Regionen Cesar und Guajira wenig gebracht. Je größer die Nachfrage nach Kohle und je mehr solch rücksichtslose Geschäfte gemacht werden, desto mehr Gebiete werden zerstört, mehr Menschen werden vertrieben und immer mehr werden krank und leben in mehr Unsicherheit! Diese Tatsachen sprechen nicht für Unternehmensverantwortung und auch nicht für den europäischen Verhaltenskodex!

Deshalb frage ich Sie, sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat:

Wie werden Sie, die sie so viele Jahre von der elenden Lage der Bevölkerung in la Guajira und Cesar sowie an der Zerstörung der Natur dort profitiert haben, konkret ihre Verantwortung für Mensch und Natur übernehmen? Wann nehmen Sie Ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht endlich ernst?

Wie bereits erwähnt: Die Gemeinde Tabaco wurde 2001 gewaltsam geräumt und hat bis zum heutigen Tag keinen angemessenen Ort erhalten. Auch die Gemeinde Roche wurde nicht angemessen entschädigt. Wie wird sich Uniper gegenüber diesen Missständen als Kohleabnehmer weiter verhalten?

Wie wird sich Uniper angesichts der gegenwärtigen Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen durch die Umleitung des Wasserlaufs des Flusses Bruno durch El Cerrejón verhalten?

Was werden Sie machen, wenn die Lage sich nicht verbessert? Sind sie bereit, an ihre Geschäftsbeziehungen ähnliche Anforderungen zu stellen wie Vattenfall, d.h. Pläne für Verbesserungen einzufordern und in letzter Konsequenz auch Geschäftsbeziehungen einzustellen?

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

 

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