Konzernkritik in Gefahr?

Markus Dufner sprach auf der Hauptversammlung 2022 der Deutschen Telekom ‒ in Präsenz die Ausnahme unter den Dax-Konzernen. Foto: DV

In Zukunft könnten viele Hauptversammlungen rein virtuell bleiben. Wir werden weiter in der Praxis dafür sorgen, dass zivilgesellschaftliche Konzernkritik nicht verstummt – ob virtuell oder in Präsenz.

Nach zwei Jahren virtueller Hauptversammlungen ohne Aktionär*innen und daher auch ohne Debatten hat die Bundesregierung nach deutlicher Kritik auch von uns die Aktionärsrechte wieder etwas gestärkt. Doch es bleibt fraglich, ob die neuen Regeln ab nächstem Jahr für eine gleichwertige Alternative zur Präsenzveranstaltung sorgen.

Die meisten Aktiengesellschaften scheuten den direkten Dialog mit ihren Aktionär*innen und gingen auch im dritten Jahr pandemiebedingt rein virtuell stattfindender Hauptversammlungen nicht über das gesetzliche Minimum hinaus. Das bedeutete erneut: Monoton vorgelesene Antworten auf zuvor eingereichte Fragen statt lebhafter Debatten. Oft wurde oberflächlich geantwortet, Fragen willkürlich gebündelt. Teilweise ist noch nicht einmal nachvollziehbar, ob Fragen einfach ignoriert wurden. Zivilgesellschaftlicher Protest hatte es schwer, überhaupt wahrgenommen zu werden.

Die Bundesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, virtuelle Hauptversammlungen dauerhaft im Aktienrecht zu verankern und dabei die aktuell stark eingeschränkten Aktionärsrechte wieder herzustellen. Nachdem der erste Gesetzentwurf diesem Anspruch kaum gerecht wurde, reagierte das Justizministerium auch auf unsere Kritik und sieht nun auch direkte Fragen während eines Live- Statements vor.

Fatale Auswirkungen hätte jedoch weiterhin der Plan, die Konzerne selbst entscheiden zu lassen, wie viele Fragen zugelassen werden. Damit ist der Konzernwillkür Tür und Tor geöffnet, sich gar nicht erst mit Kritik oder bestimmten Fragen auseinandersetzen zu müssen. Hauptversammlungen laufen so mehr denn je Gefahr, reine Werbeveranstaltungen der Konzerne zu werden.

Unsere Forderungen

  • Vollumfängliche Wahrung aller Aktionärsrechte auch auf virtuellen Hauptversammlungen
  • Stärkung der Mitspracherechte: Hauptversammlung soll auch über zentrale strategische Ausrichtungen entscheiden dürfen

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