Staatliche Hilfen für Gewinnmaximierung und unrealistische Verbrauchswerte: Unsere Gegenanträge

Gegenantrag zu TOP 2, Beschlussfassung über die Gewinnverwendung der Volkswagen Aktiengesellschaft

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Verwendung des Bilanzgewinns abzulehnen.

Begründung:

Während die Volkswagen AG im Geschäftsjahr 2021 ein längst aus Steuermitteln finanziertes Kurzarbeitergeld für breite Teile seiner Belegschaft erhalten hat, schüttet sie eine im Vergleich zum Vorjahr höhere und mit 7,50 je Stammaktie vergleichsweise hohe Dividende aus.

In einer Zeit, in der es in zahlreichen Branchen kriselt und über Preissteigerungen und Energiesicherheit gesprochen wird, ist eine solch hohe Dividende kein Zeichen von Stärke. Ein der Zukunft zugewandter Vorstand und Aufsichtsrat täte gut daran, Finanzmittel im Konzern zu halten, um damit Konzepte für eine emissionsfreie und energiesparende Mobilität der Zukunft zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. 

Daher fordert der Dachverband, dass statt der Ausschüttung einer Dividende in Höhe von 7,50 € je dividendenberechtigter Stammaktie bzw. 7,56 € je dividendenberechtiger Vorzugsaktie lediglich eine Dividende von 0,10 € je Stamm- und Vorzugsaktie ausgeschüttet wird.

Gegenantrag zu TOP 3: Beschlussfassung über die Entlastung der im Geschäftsjahr 2021 amtierenden Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2021

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands der Volkswagen AG die Entlastung für das Geschäftsjahr 2021 zu verweigern.

Begründung:

Staatliche Hilfen werden zur Gewinnmaximierung genutzt und elektrisches Kleinwagensegment wird immer mehr den Chinesen überlassen
Mitten in Zeiten der Transformation und von Lieferschwierigkeiten durch Ersatzteilmangel ist es für die Volkswagen AG kein Problem, eine vergleichsweise hohe Dividende zu zahlen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Volkswagen AG, ähnlich wie andere Konzerne, das Instrument der Kurzarbeit für ihre Zwecke ausnutzt. Statt die Arbeit besser zeitlich aufzuteilen, stehen Bänder immer wieder still und die Steuerzahlenden springen dann zur Finanzierung dieser Stillstände ein. 

Volkswagen muss auch Volkswagen bleiben

Gleichzeitig verliert der Konzern immer mehr seine DNA. Statt echter Volkswagen werden immer mehr besonders große, schwere und hochmotorisierte Fahrzeuge gebaut. Kurzfristig gut für den Gewinn, aber langfristig kann sich das als Sackgasse erweisen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Konzern die Entwicklung von kleinen, leichten, ressourcen- und energieeffizienten e-Fahrzeugen vernachlässigt und ganze Baureihen in den unteren Segmenten auslaufen lassen will. Große, schwere Autos egal ob als reiner Verbrenner, als Plug-in-Hybride oder als E-Auto sind Ressourcenfresser. Je höher die Leistung, desto höher der Energieverbrauch. Bei Autos mit Verbrennungsmotor ist das offensichtlich, aber natürlich ist auch nicht jedes E-Auto ein Ökomobil. Auch hier müssen strenge Umwelt- und Ressourcenstandards gelten. Zusätzlich müssen neue Entwicklungen bei der Batterietechnologie dazu genutzt werden, Energie- und Ressourceneinsatz bei der Herstellung der Batterien zu minimieren und nicht dafür, immer größere Reichweiten zu generieren.

Beim sehr erfolgreichen e-up! gibt es immer wieder Lieferschwierigkeiten und Bestellstopps und der eher als Polo-Nachfolger einzuordnende ID1 kommt nicht vor 2025. Hier ist es nur eine Frage von Monaten, bis chinesische Marken diese Lücke füllen werden. Die Transformation des Konzerns und die notwendige Mobilitätswende werden sich jedoch nicht nur mit immer mehr SUVs bewältigen lassen, es braucht bezahlbare Angebote in allen Segmenten, damit Volkswagenauch Volkswagen bleibt.

Kontingentierung beim Verkauf von e-Autos verärgert Händler

Volkswagen macht Werbung und feiert den Wiederbestellstart des e-up!, gesteht den Händlern jedoch nur geringe Kontingente dieses Fahrzeugs zu. Händler, welche die vermeintliche Strategie von VW leben und sich bereits heute auf den Verkauf und den Service von batterieelektrischen Autos spezialisiert haben, sind die Leittragenden und müssen Kund*innen an andere VW-Händler oder sogar andere Fabrikate verweisen. Einzelne Händler fühlen sich von VW in ihrem Weg zur Elektromobilität nicht nur nicht unterstützt, sondern haben den Eindruck, ihnen würden vielmehr Steine in den Weg gelegt. Auch auf Anfrage hat ein dem Dachverband bekanntes Autohaus nicht ein zusätzliches e-Auto zum Verkauf zugeteilt bekommen. Dieses Autohaus zweifelt an der Glaubwürdigkeit eines Interesses an einer ökologischen Verkehrswende, der VW-Elektrostrategie und stellt in Frage, ob es zukünftig weiter motiviert für die E-Mobilität werben kann. Das geht soweit, dass es erste Überlegungen gibt, die Marke zu wechseln. Hier muss der Vorstand nachsteuern und innovative Händler fördern und nicht in ihrem Willen zur Transformation behindern.

Einhalten der CO2-Flottengrenzwerte nur durch Plug-in Hybride möglich

Mit einem Ausstoß von 118,5 g/km Gramm pro Kilometer nach WLTP unterschreitet die Volkswagen AG das EU-Flottenziel knapp und liegt mit diesem Wert schlechter als bspw. der Mitbewerber BMW. Ein Einhalten dieser Vorgaben ist zudem nur möglich, weil Plug-in Hybride weiterhin mit extrem niedrigen und unrealistischen offiziellen Normwerten in die Berechnungen eingehen.

Mehr Aussagekraft haben die am 01.04.2022 vom Konzern an die EU-Kommission übermittelten Realdaten, die aus den Fahrzeugen ausgelesen wurden. Diese dürften weit von den offiziellen Normwerten abweichen; ein altbekanntes Problem. Hier muss auch von Volkswagen und allen Konzernmarken erwartet werden, dass die Realdaten veröffentlicht werden und Kund*innen zukünftig auch über die realen Verbräuche der Fahrzeuge im Betrieb auf der Straße informiert werden. Mit einer realen Bemessungsgrundlage wäre eine Einhaltung der Flottengrenzwerte mit großer Wahrscheinlichkeit nicht möglich gewesen.

Die Auswertung von Transport and Environment zeigt, dass es Volkswagen nur unter Ausnutzung der zahlreichen Schlupflöcher gelang, die europäischen CO2-Ziele für 2021 einzuhalten, obwohl die durchschnittlichen Verbräuche und die damit verbundenen CO2-Emissionen der Verbrenner von Volkswagen und seiner Konzernmarken kaum gesunken sind.

Gegenantrag zu TOP 4: Beschlussfassung über die Entlastung der im Geschäftsjahr 2021 amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2021

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Volkswagen AG die Entlastung für das Geschäftsjahr 2021 zu verweigern.

Begründung:

Existierende Realwerte müssen Grundlage des Konzernhandelns werden

Volkswagen muss, wie alle anderen Konzerne auch, seit dem 01.04.2022 die Realverbräuche ihrer in Europa verkauften Pkw an die EU-Kommission übermitteln. Das ist ein guter Schritt, denn über Jahre wurden die Autos auf die offiziellen Prüfverfahren optimiert und die durch massive Lobbyarbeit selbst geschaffene Grauzonen maximal ausgenutzt. Die Folge davon ist eine hohe Differenz zwischen offiziellem Verbrauchs- und damit zusammenhängend CO2-Wert und den realen Werten beim Betrieb auf der Straße. Das gilt insbesondere für Plug-in Hybride, bei denen die Differenz zwischen den nun übermittelten durchschnittlichen Verbräuchen auf der Straße zu den Werksangaben besonders hoch liegen dürfte. In der Vergangenheit hat Volkswagen sich vor allem auf die Einhaltung theoretische Normwerte konzentriert. Damit muss Schluss sein. Der Aufsichtsrat muss gewährleisten, dass die existierenden Realwerte Grundlage des Konzernhandelns werden.

Es kann erwartet werden, dass diese Realwerte zur besseren Information der Kundinnen und Kunden herangezogen und veröffentlicht werden. Wer ein neues Auto kauft, muss auch erfahren, wieviel Energie Andere, die das gleiche Modell im letzten Jahr gekauft haben, tatsächlich verbraucht haben. Und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen Verbrenner, einen Plug-in Hybriden oder ein E-Auto handelt. Diese Angabe wäre aktuell noch freiwillig und müsste neben der offiziellen Kennzeichnung mit dem Normwert erfolgen. Hier ist der Konzern aufgefordert, über die rechtlichen Vorgaben hinauszugehen um die oft beschworene Transparenz zu gewährleisten.

Aufsichtsrat muss Einstieg von Audi in die Formel 1 unterbinden

Es ist nicht nachvollziehbar und nicht zeitgemäß, dass die Volkswagentochter Audi den Einstieg in die Formel 1 erwägt und der Aufsichtsrat dafür offenbar grünes Licht gegeben hat. Vor allem vor dem Hintergrund der Elektrifizierungsstrategie des Konzerns ließe ein solcher Neueinstieg in eine Rennserie mit Verbrennungsmotoren an der Glaubhaftigkeit des Konzerns zweifeln.

Ankündigungen, die Rennserie durch synthetische Kraftstoffe und den Ankauf von Verschmutzungszertifikaten vermeintlich klimafreundlich zu gestalten, sind lediglich Greenwashing. Rennsport mit Verbrennungsmotoren und Klimaschutz passen nicht zusammen. Synthetische Kraftstoffe können schon allein wegen ihres hohen Energiebedarfs bei der Herstellung keine Lösung für die Zukunft sein. Das muss der Konzern erkennen und danach handeln. Zumal der Hauptteil der Emissionen beim Transport von Fahrzeugen, Equipment und Mitarbeitenden rund um den Globus anfällt. Die damit verbundenen Emissionen sollten nicht kompensiert, sondern durch ein Ende der Formel 1 gänzlich vermieden werden.

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