Gegenanträge

Foto: Philip Eichler, Campact CC BY-NC 2.0

Zu Tagesordnungspunkt 2: Verwendung des Bilanzgewinns

Der Bilanzgewinn der RWE AG für das Geschäftsjahr 2018 von 430.381.241,84 Euro ist wie folgt zu verwenden: Ausschüttung einer Dividende von 0,35 Euro je dividendenberechtigter Stückaktie = 215.160.924,65 Euro. Der übrige Betrag von 215.160.924,65 Euro soll zur Erhöhung der Rückstellungen für die Beseitigung externer Kosten für Gesundheitsschäden verwendet werden.

Begründung:

RWE muss die Rückstellungen für die Beseitigung der Schäden der Braunkohletagebaue und für die anteilige Übernahme von Gesundheitskosten, die durch die Kohlewirtschaft entstehen, erhöhen. Die Klima-Allianz Deutschland hatte bereits 2016 zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in einer Studie darauf hingewiesen, dass die finanziellen Mittel zur Beseitigung der Schäden der Braunkohletagebaue bei RWE nicht ausreichend gesichert sind.

Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass der Preis für eine Kilowattstunde Braunkohlestrom um mindestens 10 Cent höher liegen würde, wenn alle volkswirtschaftlichen Folgekosten – wie z.B. Gesundheitskosten – eingepreist würden. Die Europäische Umweltagentur (EEA) hat berechnet, dass die nicht von RWE getragenen externen Kosten durch die Luftverschmutzung der Garzweiler-Kraftwerke Neurath und Frimmersdorf bei bis zu 1,051 bzw. 1,095 Milliarden Euro jährlich liegen. Noch höher liegen die von den RWE-Kraftwerken Niederaußem (bis zu 1,56 Mrd. Euro/a) und Weisweiler (bis zu 1,135 Mrd. Euro/a) verursachten Folgekosten (Quelle: https://www.bund-nrw.de/themen/mensch-umwelt/braunkohle/hintergruende-und-publikationen/braunkohlenkraftwerke/dreckschleuder-braunkohlekraftwerk/).

Neben gigantischen Mengen an klimaschädlichem CO2 werden an den Kraftwerksstandorten Niederaußem, Neurath, Weiweiler und Frimmersdorf auch tonnenweise Schadstoffe über die Kühltürme zusammen mit dem Wasserdampf in die Umwelt verteilt. Die vier großen RWE-Braunkohlenkraftwerke emittieren jährlich etwa 1.473 Tonnen gesundheitsschädliche Feinstaub-Partikel. Dazu kommen etwa 1.500 Kilogramm des Nervengifts Quecksilber und ein Mix aus Cadmium, Arsen, Blei, Zink, Schwefeldioxid, Stickoxiden und anderen Schadstoffen – trotz vermeintlich bester Filtertechnik (Quelle: http://www.onlinezeitung.co/news/datum/2017/12/01/leben-ohne-braunkohle/).

Am Beispiel Köln wird die von RWE ausgehende Gesundheitsgefahr deutlich. Jedes Jahr erkranken in der Millionenstadt etwa 425 Kinder allein durch die Stickstoffdioxidbelastungen neu an Asthma. RWE emittiert ein Vielfaches der verkehrsbedingten Stickoxide – 22 km vom Kölner Dom und 10 km von der Stadtgrenze entfernt (Quelle: https://www.thelancet.com/journals/lanplh/article/PIIS2542-5196(19)30046-4/fulltext, Fig.4).

Durch weitere Atemgift-Emissionen wie dioxinartig beladene Feinstäube trägt RWE dazu bei, dass Köln auf der Liste der weltweit 125 giftigsten Großstädte bei den vorzeitigen Todesfällen auf Platz 8 vor (!) Mumbai/Indien landet (Quelle: https://www.theicct.org/publications/health-impacts-transport-emissions-2010-2015).

Dioxin gehört zu den schlimmsten Umweltgiften (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK) und wird über die kleinsten Feinstäube bis in die Blutbahn auch von Schwangeren „eingeatmet“. Über den Mutterkuchen gelangt es auf die DNA z.B. in den Eierstöcken des ungeborenen weiblichen Babys. Die so PAK-vergiftete DNA der Eizellen ist Grundlage für erhöhte Gesundheitsrisiken von Kindern.

Bei Westwind ist ein Emissionstopp medizinisch begründet dringend notwendig, auch weil die Krankenkassen diese Gesundheitskosten nicht auf den Versicherungs-Beitrag umlegen dürfen.

Daher muss RWE die Rückstellungen für die Beseitigung der Schäden der Braunkohletagebaue und für die anteilige Übernahme von Gesundheitskosten, die durch die Kohlewirtschaft entstehen, erhöhen. Die geringere Dividendenausschüttung und die dadurch freiwerdende Summe von 215.160.924,65 Euro soll für die Einrichtung eines Fonds zur Begleichung von Gesundheitskosten, die durch den Braunkohletagebau und den Betrieb der Kraftwerke entstehen, zurückgestellt werden

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2018

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstandes die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der RWE AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten einzuhalten. Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, einen wirksamen Beitrag zum Erreichen der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens, der UN-Nachhaltigkeitsagenda 2030 und des UN Global Compact zu leisten, zu denen sich die RWE AG bekannt hat.

RWE und die Kohlekommission – kein Gespür für Verantwortung und Dringlichkeit

Rolf Martin Schmitz, Vorstandsvorsitzender der RWE AG, hält den von der Regierungskommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (Kohlekommission) empfohlenen Kohleausstieg 2038 für „viel zu früh“. Außerdem seien nationale Maßnahmen zum Klimaschutz „völliger Unsinn“. Diese Aussagen stehen für das fehlende Verantwortungs- und Dringlichkeitsbewusstsein von RWE als größtem Kohleproduzenten Europas. Hinzu kommt der Schlingerkurs in Bezug auf Innogy (erst abgespalten, dann zerschlagen). Dies lässt an der Fähigkeit des Vorstands, den Konzern zu lenken, ernsthaft zweifeln.

RWE prognostiziert für 2019 einen Anstieg des Anteils erneuerbarer Energien auf 15,7%. Trotzdem stehen dem noch immer mehr als doppelt so viele Kapazitäten aus fossilen Energieträgern entgegen. RWE-Kraftwerke verursachen weiterhin die höchsten CO2-Emissionen Europas und werden teils noch klimaschädlicher: das Kraftwerk Neurath verzeichnete 2018 beispielsweise einen Zuwachs der CO2-Emissionen um 8 Prozent. Und selbst die reduzierten Emissionen des Kraftwerks Niederaußem sind mit 25,93 Mio. Tonnen CO2 immer noch größer als beispielsweise die gesamten CO2-Emissionen der BASF.

Um ein tatsächlicher Motor der Energiewende zu sein, wie es RWE anstrebt, reicht es nicht aus, erneuerbare Energien etwas auszubauen. Jetzt gehört es auch dazu, sich von den alten Kraftwerken zu verabschieden und sie vom Netz zu nehmen, bzw. nehmen zu lassen, ohne beim Staat wieder die Hand aufzuhalten.

Die von der Kohlekommission empfohlenen und von der Bundesregierung zugesagten 40 Milliarden Euro Strukturhilfe für die kommenden 20 Jahre müssen daher an einen konkreten Abschaltplan für Kohlekraftwerke geknüpft werden. Für Kraftwerke, die zum Zeitpunkt der Abschaltung bereits älter als 25 Jahre sind und wahrscheinlich unwirtschaftlich werden, sollte RWE nicht noch auf Entschädigungszahlungen auf Kosten der Allgemeinheit setzen.

Steigender CO2-Preis: Profitabilität von RWE in Gefahr

Ein schneller Kohleausstieg ist nicht nur im Interesse von Mensch und Natur, sondern auch im Interesse von RWE. Wertlos werdende Vermögenswerte (sog. „stranded assets“) könnten für RWE bald zu einem Problem werden, denn der Emissionshandel in Europa zieht an. Aktuell liegt der Preis für eine Tonne CO2 bei 24 Euro. Legt man die aktuellen Emissionen von 115,6 Mio. Tonnen CO2 zugrunde, für welche Emissionsrechte erworben werden müssen, würde das den Konzern über 2,77 Mrd. Euro kosten.

RWE hat sich vermutlich für die nächsten 2 Jahre mit ausreichend CO2-Zertifikaten eingedeckt. Doch spätestens im Jahr 2022 wird es eng werden: Der gestiegene Emissionspreis und ein potentieller CO2-Preis werden fossile Energien erheblich teurer machen. In den Niederlanden beispielsweise soll der CO2-Preis auf 40 Euro pro Tonne im Jahr 2030 steigen. Gleichzeitig gehen in diesem Zeitraum Atomkraftwerke vom Netz. Damit geraten die Gewinnprognosen von RWE in Gefahr, selbst mit dem anvisierten Zubau von erneuerbaren Energien von 2-3 Gigawatt pro Jahr.

Ohne die konsequente Schließung von Kohlekraftwerken wird die Profitabilität des Unternehmens zukünftig sinken. RWE muss einen klaren Fahrplan auf Kraftwerksebene für den Kohleausstieg veröffentlichen, damit auch progressive Investoren sich für eine (Re-) Investition entscheiden.

RWE und Urenco – gefährliche Urananreicherung

Der Urananreicherer Urenco hat angekündigt, in der firmeneigenen Urananreicherungsanlage in New Mexico/USA Kapazitäten für eine Vervierfachung des bisherigen Urananreicherungsgrads für Brennelemente aufzubauen. Das US- Verteidigungsministerium hat konkretes Interesse an dem deutlich höher angereicherten Uran geäußert, um kleine mobile Reaktoren für „rapid response scenarios“ bauen zu können. Das neue Produkt „HALEU“ kommt zudem extrem nahe an die kritische 20-Prozent-Grenze bei der Urananreicherung, über der Uran als hochangereichert und waffenfähig gilt.

RWE ist als Miteigentümer von Urenco verantwortlich für diesen gefährlichen Ausbau des Atomsektors. Öffentlich verkündet RWE, aus der Atomenergie aussteigen zu wollen, doch nun offenbart sich der Einstieg in eine völlig neue zivil-militärische Dimension der Urananreicherung.

Zu Tagesordnungspunkt 4: Beschlussfassung Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2018

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Aufsichtsrat von RWE nimmt seine Kontrollpflichten gegenüber dem Vorstand nicht hinreichend wahr. Diese bestehen u.a. darin, den Vorstand auf seine Verantwortung bzgl. wirksamer Maßnahmen für den Klimaschutz und für menschenrechtliche Sorgfaltspflichten hinzuweisen und zu kontrollieren.

RWE und Heimat – keine Einsicht

Seit die Kohlekommission im Januar 2019 ihre Empfehlungen der Politik vorgelegt hat, beschleunigt die RWE AG den Abriss von Dörfern an den Tagebauen Garzweiler und Hambach. RWE behält sich außerdem vor, den Hambacher Wald nach dem Ende des Moratoriums im Jahr 2020 zu roden. Damit verstößt RWE aktiv gegen den Geist des Kohleausstiegplans. Anstatt die politische Umsetzung des Kohlekompromisses abzuwarten, will RWE offenbar Fakten schaffen, bevor die Empfehlungen gesetzlich wirksam werden und vertreibt so weiter tausende Menschen aus ihrer Heimat. Die RWE AG muss nun endlich eine Bestandsgarantie für den Erhalt der Dörfer sowie den ökologisch wertvollen Hambacher Wald abgeben. Mehr zu den von Abriss bedrohten Dörfern finden Sie auf der Internetseite der Initiative „Alle Dörfer bleiben“ (https://www.alle-doerfer-bleiben.de/) und in den Gegenanträgen von Markus Dufner.

RWE und Steinkohle – Profit vor Menschenrechten

Der Aufsichtsrat von RWE unterlässt es weiterhin, den Vorstand auf die Achtung seiner menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in Bezug auf Importe von Steinkohle zu verpflichten. Diese Untätigkeit des Aufsichtsrates ist besonders gravierend, da RWEs billige Steinkohleimporte weiterhin ungehindert Leben und Lebensgrundlagen zahlreicher Menschen zerstören, wie zum Beispiel in Kolumbien und Russland.

In Kolumbien wurden für die Mine El Cerrejón, aus der RWE Steinkohle bezieht, seit Beginn der Kohleförderung 35 Gemeinden teils gewaltsam geräumt und bis heute nicht angemessen entschädigt. Neben der Verdrängung der örtlichen Landwirtschaft führten die Minenaktivitäten zu extremer Wasserknappheit und Luftverschmutzung. Allein 2016 starben daran nach Angaben der indigenen Autoritäten 90 Kinder. In César wurden mehrere Männer mit Beziehungen zum Paramilitär wegen Mord an Gewerkschaftlern verurteilt.

RWE-Vorstandschef Schmitz bestätigte auf der RWE-Hauptversammlung 2018 den Kauf von Steinkohle aus dem russischen Kuzbass im Südosten Sibiriens. Die dort lebenden indigenen Schoren wehren sich gegen den Kohleabbau, der ihnen ihr Land und ihre Lebensgrundlage nimmt. Ähnlich wie in den kolumbianischen Gemeinden La Guajira und César sehen sich die Gemeinden Vertreibungen sowie Verseuchung von Land, Luft und Wasser ausgesetzt.

Nach wie vor gibt es keine sichtlichen Verbesserungen der Situation vor Ort, trotzdem setzt RWE weiter auf die Feigenblatt-Initiative „Better Coal“. Diese möchte durch Bergbaubewertungen und Stakeholder-Dialoge Transparenz in die Kohle-Wertschöpfungskette bringen. Tatsächlich ist „Better Coal“ jedoch intransparent und berücksichtigt nicht die Stimmen der betroffenen Menschen in Kolumbien. Mehrere Energieversorger haben daher bereits eigene Schritte mit Blick auf ihre in Kolumbien ansässigen Zulieferer unternommen. So schufen eine Reihe von Unternehmen Kriterien, die der jeweilige Kohlelieferant als Voraussetzung für die Fortführung der Geschäfte erfüllen muss. RWE unternimmt weiter keine eigenen Maßnahmen, um die Achtung von Menschenrechten und Umweltschutz bei seinen Geschäftspartnern durchzusetzen.

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