Kosten der Corona-Krise sozialisiert, Gewinne privatisiert: Unsere Gegenanträge

Zu TOP 2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die von der Verwaltung vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns abzulehnen.

Begründung:

Obwohl Adidas massiv von Staatshilfen zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie profitiert hat, schlagen Vorstand und Aufsichtsrat vor, eine höhere Dividende auszuschütten als in den Jahren 1999-2017.

Zwar hat Adidas die 500 Millionen Euro Überbrückungskredit der staatlichen KfW-Bank zurückgezahlt, doch problematisch ist die in 2020 in Anspruch genommene Kurzarbeit. So tragen vor allem die Beschäftigten von Adidas und die Gesellschaft auch maßgeblich dazu bei, dass überhaupt eine Dividende gezahlt werden kann. Denn: Das Kurzarbeitergeld ist seit 2020 de facto steuerfinanziert und so als eine weitere staatliche Unternehmenshilfe in der Corona-Krise anzusehen. Die Leistungen wurden erhöht und Arbeitgeber-Sozialabgaben erstattet, wodurch die Bundesregierung aufgrund der hohen Nachfrage erhebliche Liquiditätshilfen für die Bundesagentur für Arbeit bereitstellen musste.

Die Folgen der Pandemie, die für Adidas durch Kurzarbeitergeld und den Überbrückungskredit staatlicherseits abgefedert worden sind, werden so sozialisiert, während Gewinne nun privatisiert werden sollen. Steuergelder, die eigentlich Beschäftigung sichern sollten, dienen so auch zur Finanzierung der vorgeschlagenen Dividende.

Eine niedrigere Dividende und vollständige Rückzahlung aller staatlichen Hilfsgelder, inklusive der Einsparungen durch Kurzarbeit, hätten deutlich gemacht, dass Adidas auch gesellschaftlich verantwortungsvoll handeln kann. Daher werden wir auch den Vorstand nicht entlasten.


Zu TOP 3: Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2020

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2020 nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand der Adidas AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, für wirksamere Maßnahmen bei der Einhaltung sozialer Standards in den eigenen Lieferketten zu sorgen. Zwar verstärkt Adidas vor allem in Asien die Bemühungen und pocht auf ein Ende von Zwangsarbeit, Kinderarbeit oder lebensbedrohlichen Zuständen im Bereich Gesundheit, Arbeitsschutz und Umwelt. Dass dies dringend nötig ist, zeigt der Umstand, dass Adidas auch immer wieder die Zusammenarbeit mit einigen Zuliefern beenden muss. Doch es bedarf strengerer Kontrollen, um systematische Verstöße gegen die ILO-Kernarbeitsnormen und andere, international anerkannte Sozial- und Umweltstandards nachhaltig ausschließen zu können und damit auch den Anforderungen des bereits vom Bundeskabinett beschlossenen Lieferkettengesetzes gerecht zu werden.

Fall ausbleibender Lohnzahlungen in zwei Zulieferfabriken El Salvadors

In den ersten Monaten der Corona-Pandemie ist der weltweite Markt für Textilien stark eingebrochen. In vielen Ländern musste die Produktion gestoppt werden. Die Zulieferbetriebe haben Arbeiter*innen entlassen und monatelang keine oder nur stark reduzierte Löhne gezahlt. Die Arbeiter*innen, die schon unter normalen Umständen extrem niedrige Löhne erhalten, waren auf sich allein gestellt und kaum mehr in der Lage, ihre Familien mit dem Nötigsten zu versorgen. Verschuldung und Hunger waren die Folge.

So kam es auch zu Lohnausfällen im Produktionsumfeld von Adidas. Zahlreiche Gewerkschaften in El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua fordern nun Marken wie Adidas dazu auf, eine Nachzahlung der ausgebliebenen Löhne sicherzustellen.

Die Regionale Koordinationsstelle der Gewerkschaften in Textilfabriken in Mittelamerika berichtet, dass 757 Näher*innen der Fabrik Varsity Pro, in der Kleidung für Adidas produziert wird, entlassen wurden, kurz nachdem die Regierung El Salvadors im März 2020 die Ausgangsbeschränkungen zum Infektionsschutz verhängt hatte. Weitere 700 Näher*innen wurden in Zwangsurlaub geschickt. Die Fabrik Impression Apparel Group, ein Zulieferer von Adidas in El Salvador, zahlte Näher*innen während des 3-monatigen Zwangsurlaubs nur zwei sogenannte Corona-Boni in Höhe von 41,33 US-Dollar. Zum Vergleich: Der Grundwarenkorb für Nahrungsmittel liegt bei monatlich 200 US-Dollar. Martha Hernández, eine Näherin der Fabrik, beschreibt die schwierige Lage: „Wie sollten wir davon als Familien überleben? Wir mussten ja weiterhin unsere Lebensmittel, die Miete, das Wasser und den Strom bezahlen. Wir haben uns deshalb verschuldet.“

Bereits im dritten Quartal des Corona-Jahres 2020 erzielte Adidas nach Umsatzeinbrüchen in den ersten Monaten der Corona-Pandemie wieder ähnliche Gewinne wie im Vorjahr. Anstatt aktiv Maßnahmen für ein existenzsicherndes Einkommen und eine soziale Absicherung der Näher*innen zu ergreifen, hat Adidas das System komplexer Lieferketten genutzt, um die soziale Verantwortung und die Kosten der Corona-Krise auf die Näher*innen abzuwälzen.

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