Gegenantrag

Dammbruch bei Brumadinho, Brasilien. Foto: Resumo da agenda do Presidente da República 26.01.2019

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der Allianz SE kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten einzuhalten sowie wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen.

Dammbruch bei Brumadinho in Brasilien

Im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais ist am 25.01.19 ein Damm eines Rückhaltebeckens für die Erzschlammreste der Mine Córrego do Feijão gebrochen. Der sich ins Tal ergießende Schlammwelle hat mindestens ein Dorf komplett zerstört. Außerdem wurde eine Betriebskantine, in der Arbeiter*innen zu Mittag aßen sowie Busse, in denen Arbeiter*innen saßen, mitgerissen. Ca. 300 Menschen starben, noch immer werden Menschen vermisst. Der vom Schlamm geflutete Fluss ist auf hunderte Kilometer biologisch tot.

Die Allianz führt laut Meldungen ein Konsortium an, das den brasilianischen Bergbaukonzern Vale gegen Haftpflichtschäden rückversichert – sie ist deshalb an den Schäden bei Brumadinho beteiligt. Schätzungen über die Höhe der Haftpflichtversicherung oszillieren am Versicherungsmarkt zwischen 0,5-2 Milliarden US-Dollar. Zusätzlich hat Vale eine Versicherung gegen sog. „entgangene Gewinne“, Schäden an eigenen Einrichtungen und Betriebsunterbrechungen, abgeschlossen. Dieses Versicherungsmodell hatte auch Samarco, deren Dammbruch bei Mariana 2015 einen mehrere Milliarden teuren Schaden bei Dritten und bei der Umwelt verursachte. Dieser wurde bis heute größtenteils weder beglichen, noch entschädigt. Samarco jedoch bekam für entgangene Gewinne einen Millionenbetrag ausgezahlt, u.a. von Allianz, Münchener Rück und Hannover Rück. Die Antwort der Versicherer damals: über die Art der Versicherungspolice entscheide der Kunde.

Der bei Brumadinho gebrochene Damm war wie der bei Mariana ein sogenannter „Upstream“-Damm. Die meisten Dämme von Bergwerksdeponien werden nach dem Upstream-Verfahren gebaut. Außerdem gibt es das Center-Verfahren und das Downstream-Verfahren. Beim „Upstream“-Damm kann der Damm eines Rückhaltebeckens im Laufe von Jahrzehnten bis zu 10 Mal aufgeschüttet werden und so Hunderte von Meter an Höhe gewinnen, sofern die unten abgelagerten Bergbaureste entsprechend ausgetrocknet sind. „Upstream“-Dämme sind deutlich billiger als „Center“- oder „Downstream“-Dämme, deswegen sind sie bei den Bergbaufirmen so beliebt – sie brechen aber auch viel häufiger. Bereits nach dem Dammbruch von Mariana am 5.11.2015 forderten wir auf der Hauptversammlung 2016 die Allianz auf, für die Zukunft festzulegen, dass das Upstream-Verfahren bei Bergwerksdeponien in Zukunft als klares Ausschlusskriterium bewertet werden müsse. Dies ist trotz unserer klaren Warnung nicht geschehen. Die Allianz darf solche „Upstream“-Dämme nicht mehr versichern. Und die Allianz hat die Verantwortung, firmenübergreifend in der Industrieversicherungsbranche dafür zu sorgen, dass alle Versicherer „Upstream“-Dämme ablehnen, um so die Praxis dieser enorm bruchgefährdeten Dämme schnellstmöglich auszuphasieren.

Weiterhin Investitionen in Rüstungsbereich

Im Rüstungsbereich hält die Allianz selbst oder als Vermögensverwalter für Dritte Aktien und Anleihen an zahlreichen großen Rüstungsfirmen weltweit. Während die deutsche Allianz 2011 zumindest zum großen Teil Atomwaffenhersteller aus ihrem Portfolio gestrichen hat, kennt die Allianz SE kaum Ausschlusskriterien für den Rüstungssektor. In den 2016 verabschiedeten ESG-Kriterien findet das Thema kaum Berücksichtigung. Folge ist, dass die Allianz und ihre Fondsgesellschaft AGI weiterhin in fast allen großen Rüstungskonzernen, wie z.B. Rheinmetall, BAE Systems, Boeing, Honeywell, Raytheon, Northrop Grumman und Lockheed Martin investiert. Firmen, die mit ihren Rüstungsexporten zur Aufrüstung von Krisengebieten, zur Befeuerung von Kriegen und zu Technologietransfers an Despoten beitragen und/oder die Atomwaffen herstellen.

Eine derartig kaum beschränkte Investitionsstrategie im Rüstungsbereich ist angesichts der aktuellen Bedrohungsszenarien weltweit und der hohen Zahl an Menschen, die deshalb ihre Heimat oder gar ihr Leben verlieren, nicht vereinbar mit einer nachhaltig ausgerichteten Geschäftsstrategie.

Ungenügende Klimastrategie

Das vorbildliche Kohle-Statement vom letzten Jahr gilt nur für die Eigenanlagen der Allianz – nicht für Allianz-Fonds. In einer Untersuchung der britischen Organisation Influence Map wurden in über zehn Prozent Allianz-Fonds immer noch besonders dreckige Kohlefirmen wie Coal India, NTPC, RWE, PGE, Peabody oder Arch Coal gefunden – alles Unternehmen, die aus den Allianz-Eigenanlagen bereits entfernt wurden. Dies zeigt die Notwendigkeit, die Policy, wo immer möglich, auch bei für Dritte verwalteten Geldern anzuwenden.

Darüber hinaus finden sich im Allianz-Portfolio zahlreiche Unternehmen aus dem gesamten fossilen Bereich, selbst so dreckige Sektoren wie Tiefseebohrungen, Ölsande, arktische Ölbohrungen und Flüssiggasexporte. Aus Klimaschutzgründen muss die Allianz eine Strategie entwickeln, ihr Portfolio auch von solchen Firmen zu befreien.

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