Rede Ulf Georgiew

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Ulf Georgiew, und ich spreche hier für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Vor fast einem Jahr habe ich bei der Hauptversammlung der Aurubis AG über meine Erfahrungen mit Umweltbeschwerden am Aurubis-Standort in Bulgarien berichtet. In der Zwischenzeit hat sich einiges getan, wie es der Vorstand angekündigt hatte. So z.B. wurde erstmals eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das Kalzium/Arsen-Depot am Aurubis Standort in Bulgarien durchgeführt, dessen Ergebnis im August 2013 allen Interessierten auf der bulgarischen Aurubis-Website oder zur Einsichtnahme in den Aurubis-Kommunikationszentren in Zlatitza und Pirdop einsichtbar waren. Positiv ist aber auch der Umstand, dass sich ein Prozess entwicklelte. So wurde die UVP für das Depot nach Diskussionen und Vorschlägen von Bewohnern/ Bürgerinitiativen erweitert, so dass im Dezember 2013 eine neue Version der UVP für das Depot erarbeitet wurde. Sie wurde im Januar in Pirdop und Zlatitza vorgestellt. In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass ein Gesundheitsscreening von Kindern der Region Pirdop/Zlatitza durchgeführt werden soll.

Es hat sich aber auch in vielen Dingen nichts getan. Nach wie vor erhalten die Gemeinden, lokale Bürgerinitiativen und wir Aktionäre keine Gesamtinformationen von der Aurubis über die einzelnen Maßnahmen des geplanten Investitionsvorhabens. So ist in der UVP für das Arsen/Calzium-Depot auch eine UVP für das Fayalit-Depot enthalten. Ein auf dem Gelände der Aurubis Bulgaria vorhandener Tailingdamm soll auf ein künftiges Fassungsvermögen von 9,5 Millionen Tonnen Fayalitschlacke umgebaut werden. Die Anlage wird lediglich einen Kilometer von einem Natura2000-Gebiet entfernt sein. Die Parkverwaltung oder Naturschutzinitiativen wie WWF oder Balkan for Nature werden nicht konsultiert.

Herr Vorsitzender, letztmalig wurde in 2010 ein Tailingdepot auf dem Gelände der Aurubis Bulgaria in Betrieb genommen, ohne dass die Genehmigung der zuständigen bulgarischen Behörden vorlag. Die Genehmigung wurde nach Inbetriebnahme erteilt. Wie stellt die Aurubis sicher, dass das Fayalit-Depot nicht ohne eine Baugenehmigung umgebaut wird und ohne Betriebserlaubnis in den Betrieb geht? Werden von Aurubis für die beide Depots  Sicherungsleistungen und Bürgschaften gemäß den EU-Direktiven zu Umwelthaftungen abgeschlossen? So, dass mit den Bürgschaften sichergestellt wird, dass im Falle eines Verkaufs des Werkes oder einer Insolvenz der Aurubis Bulgaria der Rückbau der Depots nicht zu finanziellen Lasten der dortigen Bevölkerung gehen wird, so wie es mit der Tailing Blaue Lagune schon einmal passierte.

Herr Vorsitzender, der letzte Nachhaltigkeitsreport der Aurubis stammt aus 2011. Ereignisse, die gemäß der Global Reporting Initiative den jetzigen Monat betreffen, würden im übernächsten Report in 2016 veröffentlicht werden. Wir halten den Zeitraum für zu lang und fordern daher, den Nachhaltigkeitsbericht im Interesse der Aktionäre jährlich zu erstellen.

Im Nachhaltigkeitsbericht von 2011 waren fast alle Indikatoren als mit drei Sternen erfüllt ausgewiesen. Auffällig war, dass im Bereich Umweltschutz die Indikatoren für Wasser und Biodiversität mit zwei bzw. einem Stern gekennzeichnet wurden. Es fehlten im letzten Nachhaltigkeitsbereicht Informationen zu Biodiversität, Wasser und Abwasser für den Werksstandort in Bulgarien, obwohl das Werk an drei verschiedene Natura2000-Gebiete angrenzt, die teilweise nur ein Kilometer von der Werksgrenze entfernt liegen.

Die Global Reporting Initiative (GRI) gibt vor, dass Bußgelder für Umweltverstöße ausgewiesen werden sollen. Die Aurubis Bulgaria überschreitet regelmäßig die Abwassernormen für Abwasser und muss hierfür monatlich Bußgelder an den bulgarischen Staat entrichten. Auch diese Information wird den Aktionären vorenthalten.

Herr Vorsitzender, werden im nächsten Nachhaltigkeitsbereicht der Aurubis Informationen zu Umweltschutz incl. Angaben zu Biodiversität, Rechtsverstößen und Bußgeldern bei Überschreitung der Normen an Aurubis in Bulgarien gemäß dem GRI-Standard ausgewiesen werden?

Immer wieder seit dem EU-Beitritt Bulgariens im Jahr 2007 werden Anfragen im EU-Parlament zu Schwermetallbelastungen und deren gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung im Tal des Flusses Topolonitza behandelt, welche durch Abfälle und Abwasser des Gold- und Kupferabbau in unmittelbarere Nähe des Aurubis-Werkes hervorgerufen werden.

In 2013 wurde in einer Studie der Universität Plovdiv das kontaminierte Wasser des Flusses Topolonitza in der Region Pirdop/Zlatiza untersucht. Die physikalisch-chemischen Analysen von Wasserproben aus dem Einzugsgebiet des Topolnitza Flusses haben ergeben, dass diese Abwässer einen sehr hohen toxischen Metallgehalt haben und die Hauptquellen für die Boden- und Wasserverschmutzung in diesem Bereich sind. Sie verwiesen darauf, dass die Kultivierungsstätten im Flussbad nicht zur Bewässerung der umliegenden landwirtschaftlichen Flächen geeignet sind. Ferner ergab die Studie, dass diese Kulturpflanzen im und am Flussbett nicht zum Verzehr durch Mensch und Tier geeignet sind.

In Oktober 2013 lief eine mehrteilige Fernsehdokumentation im bulgarischen Fernsehen mit dem Titel “Der Umweltkrieg“. Inhalt der zweiteiligen Films waren die Umweltschäden und gesundheitlichen Folgen des Kupfer- und Goldabbaus in der Region Sredno Gorie und die katastrophale Kommunikation der betroffenen Industrie- und Bergbauunternehmen an die Umwelt- und Bürgerinitiativen. Es ging in dem Film auch um die krebskranken Bewohner des Dorfes Poibene – ein Dorf, das am Unterlauf des Flusses liegt. Und es wurde gezeigt, wie Ärzte über die gesundheitlichen Folgen des Giftmülls in dem Fluss berichteten.

Hierbei wurde auch gezeigt, wie Abwasser der Aurubis in den Fluss Topolonitza eingeleitet wird. Eine Probeentnahme des Abwassers und die anschließende Untersuchung durch ein unabhängiges Labor ergab eine 40-fache Überschreitung der Normen für Arsen. Wir halten dies für einen Verstoß gegen die Menschenrechte, da das Recht auf Gesundheit für die Bewohner am Fluss Topolonitza nicht eingehalten wird. Wird die für Ende 2014 terminierte Inbetriebnahme der Abwasserbehandlung pünktlich beginnen? Ist mit dem Betrieb der Abwasserbehandlungsanlage sichergestellt, dass die Abwassernormen eingehalten werden? Werden die Pyrittransporte aus der Goldmine von Chelopech Mining auch auf Arsengehalt geprüft? Ist der Aurubis bekannt, dass dieses Pyrit einen Arsenanteil von einem Prozent besitzt? Sind die technischen Anlagen der Kapazitätserweiterung für diese Konzentrationen ausgelegt?

Die Unternehmen, welche maßgeblich an der toxischen Kontaminierung des Flusses Topolonitza beteiligt sind, sind Kooperationspartner der Aurubis.

Hat Aurubis gemäß seinen Ankündigungen in 2012 begonnen, ein Screening seiner Lieferketten in Bezug auf Einhaltung der Menschen- und Umweltrechte durchzuführen? Zu welchen Ergebnissen sind Sie in Bulgarien gekommen?

Im Oktober 2013 fand eine große Nachhaltigkeitskonferenz der Aurubis mit diesen Lieferanten statt. Nichtregierungsorganisationen und Bürgerinitiativen waren hierzu wieder einmal nicht eingeladen. Warum nicht?

Diesen unkooperativen Umgang der Aurubis-Verantwortlichen haben die Vertreter der Nichtregierungsorganisationen aus Pirdop/Zlatizta einer Abordnung der Europäischen Kommission im Oktober 2013 mitgeteilt. Die Abordnung der EU-Kommission hatte die Aufgabe, Befragungen wegen Diskriminierungen und Repressalien von Nichtregierungsorganisationen nach dem Regierungswechsel in Bulgarien im Mai 2013 durchzuführen.

Im letzten Jahr hat die Aurubis soziale, kulturelle und sportliche Projekte in Bulgarien gefördert.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, wird die Aurubis 2014/2015 in den Gemeinden Zlatitza und Pirdop soziale Projekte in gleicher Höhe fördern wie in den Vorjahren? Wird die Aurubis zusätzlich das Krankenhaus in Pirdop finanziell unterstützen? Wie hoch ist hier der Unterstützungsbetrag?

Die Aurubis hat aber auch ungewöhnliche Projekte gefördert wie z.B. Sponsoring von Sportlern im Weltcup-Schwimmen im offenen Wasser; eine Weltcup-Veranstaltung im Langstreckenschwimmen, die bis auf zwei Veranstaltungen in Italien und Mazedonien ausschließlich in Nord- und Südamerika stattfindet. Oder die Förderung eines Fahrradrennens gegen Menschenhandel, das von Sofia nach London führte und von einer Unterorganisation der australischen Hillsong Church organsiert wurde. Unter den zehn Teilnehmern waren sechs Priester der Hillsong Church.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, viele Kommunen in Deutschland klagen über die Kosten des Zuzugs von Sinti und Roma aus Bulgarien. Die Aurubis ist das Unternehmen mit dem zweithöchsten Umsatz in Bulgarien. Mit ihrem Kooperationspartner Med Assarel und Chelopetch Mining erwirtschaftet sie zehn Prozent des Gesamtbruttoinlandsprodukts von Bulgarien. Aurubis hat auf Grund seiner wirtschaftlichen Stellung einen starken Einfluss auf Unternehmen und Kommunen in Bulgarien. Wir würden es begrüßen, wenn die Aurubis in Bulgarien anstatt Fahrradrennen gegen Menschenhandel Initiativen ergreift, um Kindern und Jugendlichen der Sinti und Roma eine schulische und berufliche Perspektive in Bulgarien zu bieten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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