Rede Ulf Georgiew

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Ulf Georgiew, und ich spreche hier für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Meine Beziehungen zu Bulgarien und dem Aurubis-Standort Pirdop sind vielfältig. Ich bin Vorsitzender einer deutschbulgarischen Elterninitiative, die sich in Münster für die herkunftsprachliche Förderung für Kinder mit bulgarischem Hintergrund engagiert. Des Weiteren stehe ich mit Vertretern der Bürgerinitiativen in Pirdop, Zlatica und mit bulgarischen Umweltverbänden in regem Informationsaustausch.

Am Aurubis-Standort in Pirdop/Bulgarien hat es im letzten Jahr viele Beschwerden gegeben: der lokalen Bürgerinitiativen der Städte Pirdop und Zlatica, und der Coalition for Substainable Development – also der Koalition für nachhaltige Entwicklung.

Die Beschwerden richten sich gegen die Kommunikations- und Informationspolitik der örtlichen Werksleitung zu Auskünften über Umweltverschmutzungen, Einsatz von Rohstoffen und geplanten Bauvorhaben. Ein offener Brief der Bürgerinitiative von Pirdop vom 14.11.2012 an den Vorstandsvorsitzenden Herr Willbrandt wurde bis heute nicht beantwortet.

Entgegen den Absichtserklärungen des Vorstandes zu einer offenen und kontinuierlichen Kommunikation mit allen Shareholdern, zu der auch zivilgesellschaftliche Organisationen und Bürgerinitiativen gehören, wurde bisher keine Einladungen an sie ausgesprochen. Die in 2011 eröffneten Informationszentren in Pirdop und Zlatica wurden im letzten Nachhaltigkeitsbericht des Konzerns als Beispiel für Orte fruchtbaren Dialogs beworben. Ein Kommunikationsaustausch zwischen Vorstandsmitgliedern und Bürgerinitiativen hat aber auch dort nicht stattgefunden.

Wann werden Sie die ersten Einladungen an Bürgerinitiativen und andere zivilgesellschaftliche Organisationen zu einem Dialog aussprechen?

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dem Vorstand Fragen zum Werk in Pirdop/Bulgarien zu stellen. Ein Teil der Fragen wurde von mir im Oktober letzten Jahres von Frau Petya Cholakova von der Bürgerinitiative „For Better Life“ und Mitherausgeberin des Heimatmagazins „Sredno Gorski Bageri“ im Kommunikationszentrum von Aurubis in Zlatica übergeben. Diese Fragen wurden bis heute nicht beantwortet.

In 1994 wurde die Entscheidung 50/1994 vom bulgarischen Ministerpräsidenten Bulgariens erlassen. Sie besagt, dass die Region Zlatica-Pirdop als hoch umweltgefährdet einzustufen ist, verbunden mit hohen Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung, die durch Umweltbelastungen der ansässigen Großunternehmen verursacht werden. Um weitere Folgen für die betroffene Bevölkerung und Umwelt zu vermeiden, sollten von den Unternehmen und Kommunen regelmäßige Umweltüberbewachungen und Dokumentationen organisiert werden.

Welche Umweltziele wurden aus dem aktuellen Umweltprogramm der Gemeinde Pirdop aus dem Jahr 2008, das gemeinsam mit der Gemeinde Pirdop und Aurubis definiert wurde, umgesetzt?

An wie vielen Tagen wurden die Höchstwerte für Schwefeldioxid (SO2), Arsen (As) und andere Schwermetall-Emissionen von Aurubis im letzten Jahr überschritten?

Werden Gesundheitsbehörden und die betroffenen lokalen Kommunen über Grenzwertüberschreitungen von Schwermetall-Emissionen sofort informiert?

Wie viele Male wurden im letzten Jahr die zulässigen Abwassernormen nicht eingehalten?

Die Enviro Chemie aus der Schweiz baut gemäß einer Pressemitteilung vom 09.01.2012 eine Anlage zur Behandlung schwermetallhaltiger Abwässer für die Aurubis Bulgaria. Diese sollte Ende 2012 in Betrieb gehen. Wann wird die Anlage fertig gestellt und wann wird sie in Betrieb genommen? Wie stellen sie die fachgerechte Entsorgung der schwermetallhaltigen Rückstände aus der Abwasserbehandlungsanlage sicher?

Auf dem Werksgelände gibt es mehrere Auffanganlagen für giftige Schlämme, sogenannte Tailings-Anlagen. Sie bergen gemäß WWF Bulgarien die gleichen Umweltrisiken wie die Tailings-Anlage in dem ungarischen Ort Devecser, in dem sich 2010 der größte Umweltunfall mit Giftschlämmen ereignete. In Pirdop gab es 1989 eine Umweltkatastrophe, bei der der Tailings-Damm im Tal des Topolonitsa- Flusses aufgrund starker Regenfälle überlief. Die Umweltauswirkungen waren noch in 100 Kilometer Entfernung messbar.

Wie erfolgt die Wartung und Instandhaltung der Tailings-Anlagen und des Depots für Calcium-Arsen-Abwasserschlämme? Wie oft werden die Anlagen pro Jahr von den Behörden inspiziert? Wird für das neue geplante Depot für Calcium-Arsen- Abwasserschlämme eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden? Wann werden die Tailings-Anlagen im Rahmen des life cycle (ihrer Lebensdauer) zurück gebaut?

In den Umweltberichten der Aurubis Bulgaria Ad der letzten Jahre wurden auf dem Werksgelände immer erhöhte pH-Werte im Erdreich ermittelt. Welche Maßnahmen leiten Sie ein, um eine weitere Kontaminierung des Erdbodens zu verhindern? Wie gehen Sie mit kontaminierten Böden um?

Am 12. Februar 2013 haben Reporter des bulgarischen Fersehsenders TV Alfa einen Lkw-Transport aus der nahegelegen Goldmine der Chelopech Mining in Chelopech auf das Werksgelände von Aurubis Bulgaria per Filmaufnahmen dokumentiert. Die Reporter und ein Sprecher der Bürgerinitiative Pirdop waren der Ansicht, dass es sich bei der transportierten Fracht um Kupferkonzentrate handelte, die sich aufgrund ihres hohen Arsen-Gehaltes von mehr als 1% nicht für die Produktion von Kupfer-Anoden, wie sie Aurubis herstellt, eignen. Das Kupferkonzentrat aus der Mine von Chelopech Mining darf gemäß einer Endscheidung der bulgarischen Regierung von 1990 nicht mehr in den Anlagen der Aurubis Bulgaria, ehemals MDK, zur Kupfer-Anoden-Herstellung verwendet werden. Eine Weitervermarktung der Kupferkonzentrate aus Chelopech darf erst nach Behandlung in einer Anlage in Tsumeb, Namibia, erfolgen. Die Reporter wurden während der Aufnahmen vom Sicherheitsdienst des Werkes aufgefordert, die Filmaufnahmen einzustellen. Sie befanden sich außerhalb des Werksgeländes, es bestand kein Hausrecht, das der Wachdienst hätte anwenden dürfen. Die Bürgerinitiative hat eine Anzeige an die örtliche Staatsanwaltschaft wegen Behinderung von journalistischen Tätigkeiten durch den Aurbis-Wachdienst gestellt.

Am Folgetag gab es eine gemeinsame Pressekonferenz von Aurubis und Chelopech. Hier wurde die Aussage der Journalisten und der Bürgerinitiative Pirodop widersprochen, wonach Kupferkonzentrate aus dem Chelopech-Werk auf das Gelände von Aurubis transportiert worden sein. Laut Herr Nikolov, dem anwesenden Vertreter von Aurubis, habe es sich bei den transportierten Konzentraten nicht um Kupferkonzentrate sondern um Pyritkonzentrate gehandelt.

Auf der Internet-Seite von Aurubis wird publiziert, dass Schwefelsäure ein Abfallprodukt des vorbildlichen Umweltschutzes sei. Dass Rohstoffe zur Schwefelsäureherstellung aus Chelopech eingekauft werden, passt nicht in das Bild eines Unternehmens, das im Umweltschutz führend sein will.

Welche schwermetallhaltigen Erze werden von Aurubis in der Region geordert? Welche Maßnahmen werden von Aurubis umgesetzt, die einen Einsatz von mit Arsen belasteten Konzentraten aus der Mine von Chelopech Mining verhindern?

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

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