Wie wenige andere verband der Kritische Aktionär und Chemie-Professor Jürgen Rochlitz praktische Politik und Wissenschaft miteinander. Am 19. September verstarb der gebürtige Wiesbadener 82-Jährig im hessischen Burgwald.
Als Mitgründer der Aktion Alternativer BASF-Aktionäre (AABA) und des Dachverbands der Kritischen Aktionäre sprach Rochlitz auf mehr als 20 Hauptversammlungen des weltgrößten Chemie-Unternehmens BASF. „Ich erlebte ihn dort als Fachmann, der vom BASF-Vorstand gleichzeitig respektiert und gefürchtet wurde“, erinnert sich Dachverbands-Geschäftsführer Markus Dufner. „Dies zeigte sich nicht zuletzt darin, dass Jürgen trotz der langen Liste von Wortmeldungen schon als vierter Redner aufgerufen wurde – direkt hinter den Vertretern großer Aktionärsvereinigungen und Fondsgesellschaften. Mit Jürgen zusammen nahm ich zum ersten Mal an einem Stakeholder-Dialog mit BASF in der Konzernzentrale in Ludwigshafen teil“, so Dufner. „Dem Chemiker, der zunächst neun Jahre bei einer Tochtergesellschaft der ehemaligen Farbwerke Hoechst gearbeitet und dann 25 Jahre lang an der Fachhochschule für Technik in Mannheim Organische Chemie gelehrt hatte, konnte keiner etwas vormachen.“
Mit dem Erreichen des Ruhestands im Jahr 2000 war Rochlitz auf Vorschlag der PDS wissenschaftlicher Sachverständiger in der Enquete-Kommission „Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung“, danach Mitglied der Störfallkommission beim Bundesumweltministerium, deren Nachfolge-Kommission (Kommission für Anlagensicherheit) er noch länger angehörte.
1988 bis 1992 war Rochlitz Landtagsabgeordneter und 1994 bis 1998 Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen für Mannheim. 1999, mit Beginn des Jugoslawienkrieges, trat er aus Protest bei den Grünen aus. Zu seinen zahlreichen Ämtern gehörte auch die Mitgliedschaft im Beirat der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) und im Vorstand des Bundesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU).