Rede von Bischof Johannes Seoka

Sehr geehrter Vorstand, sehr geehrte Vorstandsmitglieder, sehr geehrte Aktionärinnen, sehr geehrte Aktionäre, sehr geehrte Damen und Herren: herzliche Grüße von den MinenarbeiterInnen des Platinum Belt in Südafrika!

Ein Jahr ist vergangen, seit ich bei dieser Aktionärsversammlung das Wort ergreifen durfte. Seitdem haben sich meine Fortschritte in der deutschen Sprache leider in sehr engen Grenzen gehalten. Deswegen möchte ich Sie nur kurz auf Englisch ansprechen, bevor ich umgehend an meinen Übersetzer übergebe.

Ich bin erneut hier, um Ihnen von den Entwicklungen im Nachfeld des Massakers von Marikana am 16. August 2012 zu berichten, mit denen Sie, die BASF, als größter Abnehmer des Platins aus Südafrika von Ihrem Zulieferer LONMIN, in Verbindung stehen.

Bei meinem ersten Besuch bei der Aktionärsversammlung der BASF vor einem Jahr hatte ich Sie eingeladen, sich selbst ein Bild vor Ort zu machen, die Lebens-­‐, Arbeits-­‐ und Umweltbedingungen vor Ort kennen zu lernen. Die Bench Marks Foundation hätte Sie bei diesem Besuch unterstützt. Als Stiftung, die eng mit den Gewerkschaften zusammenarbeitet, wollten wir Sie dabei unterstützen, tatsächlich ein Vorzeigeunternehmen, ein Vorbild für verantwortungsvolles und nachhaltiges Wirtschaften entlang der gesamten Lieferkette zu sein.

Damals, vor einem Jahr, hatten Sie angekündigt, den Bericht der Untersuchungskommission zum Massaker von Marikana abwarten zu wollen und gesagt, es sei schwer, sich aus der Distanz ein Bild zu machen. Umso naheliegender wäre es gewesen, auf unsere Einladung einzugehen. Fast ein Jahr lang haben wir auf eine Antwort von Ihnen gewartet. Kurz vor diesem erneuten Zusammentreffen hier haben wir auf unsere Nachfrage hin erfahren, dass BASF im Dezember 2015 ein Audit bei LONMIN durchgeführt hat.

Das Ergebnis dieses Audits war zu unserer großen Verwunderung, dass LONMIN bis auf kleinere Mängel in Umweltbelangen alle Probleme beseitigt hätte.

Sie, die BASF, haben also auf der Grundlage der von Ihnen mit ins Leben gerufenen Initiative „Together for Sustainability“ bei LONMIN einen Audit, eine Begutachtung durchgeführt. Das Ergebnis dieser Begutachtung erstaunt uns deswegen zutiefst, da wir wissen, dass außer einigen kosmetischen Maßnahmen nichts geschehen ist, was die Bedingungen, gegen die die Arbeiter von LONMIN 2012 und auch 2014 gestreikt haben, grundlegend verändert hätte. Bisher sind weder die Hinterbliebenen des Massakers entschädigt worden, noch sind die geforderten Lohnerhöhungen gewährt worden und die zum Teil menschenunwürdigen Lebens-­‐ und Arbeitsbedingungen haben sich nicht verändert. Wie können Sie also zu einem solchen Ergebnis in der Begutachtung Ihres Zulieferers LONMIN kommen? Together for Sustainability ist eine freiwillige Auditierungsagentur der globalen Chemie-­‐Industrie, die Unternehmen darin unterstützen soll, die UN Global Compact Richtlinie zu Lieferkettenverantwortung umzusetzen.

Ganz offensichtlich führte das in diesem Fall dazu, dass die begutachtete Firma LONMIN in erster Linie ihren Bericht zu nachhaltigen Entwicklungen überarbeitet hat und BASF offensichtlich eher bereit ist, diesem Bericht zu glauben, als sich mit den Realitäten vor Ort in Südafrika auseinander zu setzen. Wir haben Ihnen hier bereits vor einem Jahr darüber berichtet, dass LONMIN in den Firmenberichten Dinge behauptet hatte, die nicht mit der Realität übereinstimmen, wie zum Beispiel über den Bau von 6.000 Häusern, zu dem LONMIN verpflichtet ist, von denen aber nur 3 gebaut worden waren. basflonmin.com 2 Wie können Sie sich also auf der Grundlage von Hochglanzberichten und Absichtserklärungen ein Bild von der Situation vor Ort in Südafrika machen, wenn doch bereits erwiesen ist, dass die Berichte von LONMIN mit den tatsächlichen Bedingungen nicht übereinstimmen?!

Der Leiter der CSR-­‐Abteilung von BASF hat uns mehrfach davon berichtet, dass BASF LONMIN dabei unterstützt habe, die Werksfeuerwehr zu optimieren. Das kann nicht ernsthaft das einzige Ergebnis einer Begutachtung von LONMIN sein, die behauptet, die Richtlinien des UN Global Compact-­‐Abkommens zu berücksichtigen. Es scheint sich vielmehr um ein System zu handeln, in dem sich die Firmen mithilfe von Hochglanzberichten, Imagebroschüren und Internetauftritten gegenseitig versichern, an der Lösung von Problemen zu arbeiten. Wir sagen, Sie, BASF, sind Teil des Problems! Sie machen sich mitschuldig daran, dass die unhaltbaren Zustände in Marikana sich nicht verändern.

Für das Unternehmen BASF ist die Selbstdarstellung als verantwortungsvoll handelndes Unternehmen, welches global an Lösungen für eine bessere Welt arbeitet, ein zentrales Element in der Firmenidentität. Sie müssen sich überlegen, ob Sie dieses Image aufs Spiel setzen wollen. Ob Sie riskieren wollen, vielleicht künftig in einem Atemzug mit dem Textildiscounter KIK genannt zu werden, der sich derzeit vor einem deutschen Gericht mit einem Prozess wegen unhaltbaren Zuständen bei pakistanischen Zulieferern konfrontiert sieht.

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, möchte ich Sie erneut einladen, nach Marikana zu kommen und sich selbst direkt vor Ort ein Bild von den Bedingungen zu machen und direkt mit den Menschen zu sprechen, die das Platin, mit dem Sie handeln und das Sie verarbeiten, aus der Erde holen. Ein Bild von den Bedingungen, die die Menschenwürde der PlatinminenarbeiterInnen und ihrer Familien mißachten und die Integrität der Schöpfung verletzen.

Werden Sie dieses Mal also unsere Einladung annehmen?

Nach mir werden zwei der Frauen zu Wort kommen, die bei dem Massaker 2012 ihre Ehemänner verloren haben. Zwei Frauen, von denen die eine von LONMIN nicht als Geschädigte akzeptiert wird, da ihr Mann über eine Arbeitsagentur bei LONMIN angestellt war und die andere als einzige sogenannte Entschädigungsleistung von LONMIN einen Job angeboten bekommen hat und jetzt als Reinigungskraft die Büros der Firmenleitung putzt, die nachweislich mit für die Ermordung ihres Mannes verantwortlich ist.

Wir fragen Sie, den Vorstand von BASF, ob Sie angesichts dieser Umstände, unseren Antrag zur unmittelbaren Einrichtung eines Entschädigungsfonds für die Hinterbliebenen der Opfer des Massakers, den wir eingereicht haben, unterstützen werden?

Wenn nicht, fragen wir Sie, wie Sie Ihre bereits veröffentlichte Ablehnung dieses Antrages gegenüber uns und gegenüber ihren AktionärInnen begründen.

Und Sie, die AktionärInnen von BASF ersuchen wir, bei der Abstimmung dieses Antrages Ihrem Gewissen und Ihren Herzen zu folgen.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit und möge der allmächtige Gott sie schützen.

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