Rede von Joseph Mathunjwa

Ich grüße Sie alle, die Beschäftigten bei BASF, die Aktionärinnen und Aktionäre und die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat!

  1. Meine persönliche Geschichte

Ich heiße Joseph Mathunjwa und bin Vorsitzender und Mitbegründer der südafrikanischen Gewerkschaft AMCU; das heißt Vereinigung der Bergarbeiter- und Baugewerkschaft. AMCU wurde kurz nach dem Ende der Apartheid gegründet. AMCU ist unabhängig von politischen Parteien und wurde größer, als die alte Bergarbeitergewerkschaft sich zu sehr der herrschenden Macht annäherte und sich nicht mehr für die Arbeiter einsetzte.

  1. Das Massaker von Marikana

Sie haben bei den Hauptversammlungen 2015 und 2016 bereits vom Massaker von Marikana gehört. Ich bin heute zu Ihnen gekommen, um Ihnen aus meiner Sicht zu berichten, was in Marikana passiert ist, denn ich war am 16. August 2012 am Ort des Geschehens. Ich habe mit der Polizei geredet und ihr gesagt, sie soll die Lonmin-Führung anrufen, damit sie direkt mit den Arbeitern verhandelt. Die Arbeiter haben mich aber gedrängt wegzugehen, um sicherzustellen, dass ich überlebe und später über die Vorkommnisse berichten kann. Also ging ich. Eine Viertelstunde später, als ich gerade hinter dem Hügel war, erhielt ich einen Anruf. Die Polizei schieße auf die Bergleute, es sei ein Massaker im Gange. Am Ende waren 34 Bergleute tot. Die Arbeiter haben mich gerettet, so kann ich überhaupt heute hier sein.

  1. Fünf Jahre nach dem Massaker

Nach diesem Massaker haben weder Lonmin noch die Regierung etwas unternommen, um die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bergarbeiter zu verbessern oder die Hinterbliebene und Verletzte zu kompensieren. Wir mussten fünf weitere Monate für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen streiken. Die erreichten Verbesserungen gelten nur für die Arbeiter, die direkt bei Lonmin angestellt sind, nicht aber für die 15.000 Leiharbeiter. In den Bergwerksschächten kamen mehrere Arbeiter seit 2012 ums Leben und es kommt  immer noch zu tödlichen Unglücken am Arbeitsplatz. Die wenigen Häuser, die Lonmin gebaut hat, sind für die Arbeiter, die jetzt bei Lonmin beschäftigt sind, zu teuer.

  1. Die Situation der Witwen

Nur wegen des Marikana Massaker Treuhandfonds, den die AMCU gründete, erhalten die Witwen der getöteten Bergarbeiter eine jährliche Zuteilung in Höhe von 12.500 Rand, ungefähr 860 Euro, der Lohn, für den ihre Männer gestreikt haben.

  1. Lonmin – BASF

Was hat all das mit BASF zu tun?
BASF ist der größte Platinabnehmer von Lonmin. Laut seinem Verhaltenskodex will BASF ein verantwortungsvoller Unternehmensbürger sein. Wir haben mitgekriegt, dass Sie seit 2015 Audits bei Lonmin durchführen lassen und Informationsgespräche im Business-to-Business-Bereich initiiert haben. Leider hat man uns weder vor noch nach dem Audit-Prozess miteinbezogen. Wir kennen die Ergebnisse dieser Audits nicht und auch nicht der Gesprächsrunden in Südafrika.

  1. Forderungen

AMCU hat seit Jahren eine Reihe von konkreten Forderungen bzgl. der Arbeits- und Lebensbedingungen der Minenarbeiter gestellt.  BASF und Lonmin haben eine langjährige Geschäftsbeziehung. Ich bin ein verheirateter Mann und ich weiß, was es bedeutet, eine gute Beziehung aufrecht zu erhalten. Durch Ihre Beziehung zu Lonmin, können Sie, glaube ich, dazu beitragen, die von AMCU gestellten Forderungen voranzubringen.

  1. Fragen

Ich bin heute hier hergekommen, um die folgenden Fragen zu stellen:

  • Ich weiß, dass das Audit ein vertrauliches Dokument ist. Aber wie kann ein vertrauliches Dokument, das wir nicht kennen, eine Lösung der Probleme darstellen?
  • Herr Dr. Bock, Herr Dr. Hambrecht: Was sind Ihre Pläne für die Zukunft der Beziehungen mit Lonmin?
  • Wie werden Sie die verschiedenen Stakeholder, einschließlich der betroffenen Gemeinden und Gewerkschaften, in ihre Initiativen in Südafrika einbinden?
  • Planen Sie irgendwelche konkreten Maßnahmen, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu verbessern?
  • Werden Sie als eine Geste des guten Willens einen Beitrag zum Marikana Solidaritätsfonds leisten, um die Infrastruktur zu entwickeln, eine Gedenkstätte in Marikana zu errichten und Kompensation an die Hinterbliebene zu bezahlen?

Ich bin nach Mannheim gekommen, um Ihnen zu sagen, dass AMCU hinter der Kampagne für Gerechtigkeit in Marikana steht.
Ich weiß, dass BASF den Global Compact unterschrieben hat. Ich hoffe, dass dahinter mehr als lehre Wärter steht. Und denken Sie daran: Was Sie tun, muss in enger Absprache mit uns und den anderen Stakeholdern geschehen.

Die Menschen Südafrikas sind bereit zu vergeben – aber nicht, ohne Gerechtigkeit! Und Gerechtigkeit setzt Wahrheit voraus.

Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.kritischeaktionaere.de/basf/rede-von-joseph-mathunjwa/