Rede von Mzoxolo Madigwana

Ich heiße Mzoxolo Magidwana, ich bin 29 Jahre alt.

Ich habe 2011 angefangen bei Lonmin zu arbeiten. Ich bin einer der Arbeiter, die 2012 beim Streik dabei waren, beim Streik, bei dem 34 Minenarbeiter erschossen worden sind. Am 16 August 2012, am Tag des Massakers, wurde ich von 9 Gewehrkugeln der Polizei getroffen. 2 Kugeln sind durch meinen Körper durchgegangen, 7 Kugeln wurden mir im Spital entfernt. Deswegen nennen sie mich in Marikana auch „dead man walking“.

Es grenzt an ein Wunder, dass ich überlebt habe. Ich war 6 Monate lang in der Intensivstation, danach musste ich erst wieder lernen zu gehen.

2012 streikten wir für höhere Löhne und bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen bei Lonmin. Wir erwarteten von Lonmin, dass sie mit uns darüber sprechen. Anstatt dessen riefen sie die Polizei, die dann meine Kumpel erschossen hat. Ich denke, der Streik hätte durch Lonmin einfach gelöst werden können: Sie hätten offen mit uns reden sollen, uns sagen, dass sie nicht in der Lage seien, unsere Forderungen zu erfüllen, sie hätten uns sogar entlassen können: Aber anstattdessen haben sie veranlasst uns zu töten, uns zu töten wie wilde Tiere.

Bischof Jo Seoka und der Präsident der AMCU haben alles versucht, Lonmin zu überzeugen, einfach unserer Bitte nachzukommen, einfach mit uns zu reden, aber Lonmin hat das abgelehnt zu tun.

Stattdessen kam eine hochmilitarisierte Polizei, Rettungswägen, ja sogar Leichenwägen. Sie, die Regierung und Lonmin, die das koordiniert haben, wussten also genau, was sie vorhatten: Shoot to kill, uns zu töten war die Mission, deswegen die Leichenwagen. Rettungswägen, um die Überlebenden wie mich abzutransportieren. Und für den Rest Polizeiautos um sie einzusperren.

Was mich persönlich am meisten schmerzt ist die Tatsache, dass ich – als Opfer der Polizeibrutalität – auch noch kriminalisiert werde. Gegen mich, wie andere gut 200 Arbeiter, wurde Anklage wegen Mord erhoben. Aber auf mich wurde geschossen, ich habe auf niemanden geschossen – ich bin ein Opfer, werde aber wie ein Täter behandelt, bis heute.

Lassen sie mich über dieses Heute, über jetzige Lebens- und Arbeitsbedingungen sprechen: Um es kurz zu machen: Seit dem Massaker hat sich nichts Substanzielles geändert. Noch immer wird uns nicht das bezahlt, was wir 2012 forderten. Keine Kompensationen wurden bis dato ausbezahlt, an uns, die Opfer: Keine Kompensationen für die Witwen, die Waisen, die Verletzten und nach dem Massaker Gefolterten: Alle fordern gleichermaßen nicht lediglich finanzielle Entschädigung, sondern vielmehr Respekt und Gerechtigkeit.

So wie ich jetzt, heute hier vor ihnen stehe, kann ich folgendes bezeugen: Weiterhin lebt die Mehrheit der Lonmin-Arbeiter und Arbeiterinnen in mit Ratten verseuchten Wellblechhütten-Slums. Es gibt weiterhin kein fließendes Wasser in den Haushalten, wir haben keine Kanalisation. 20, 30 oft auch mehr Menschen müssen sich eine Toilette teilen, und diese Toiletten sind nichts weiter als Löcher im Boden, wir leben in unserem eigenen Dreck.

Unter diesen Umständen ist ein Leben in Würde nicht möglich. Wir verlangen nichts weiter als das. Ich weiß, dass BASF bei Lonmin Platin für mehrere Millionen Euro pro Woche einkauft. Wir wissen, dass wir für Lonmin und BASF eines der wertvollsten Edelmetalle der Welt aus dem Boden holen.  Dafür verlangen wir nichts weiter als ein Leben in Würde führen zu können – Ich denke, dass ist kein überzogene Forderung.

Ich frage sie, sie, den CEO von BASF, Herr Kurt Bock: meinen sie, dass wir zu viel verlangen?

Ich bitte Sie um eine Antwort. Ich möchte ihnen ebenso davon berichten, dass sich unsere Arbeitsbedingungen nicht verbessert haben: Arbeiten sterben weiterhin underground, unter Tage, weil sie unter hohen Leistungsdruck gesetzt worden von Lonmin, damit sie für ihre Kunden möglichst viel in kurzer Zeit aus dem Boden bohren und schürfen – auch da sind sie direkt angesprochen zu handeln, sie als Hauptkunde von Lonmin.

Ich wünsche mir, dass BASF Druck auf Lonmin ausübt sein “unfinished business”, seine unerledigten Pflichten und Verantwortungen gegenüber den Arbeitern wahrzunehmen und anzugehen. Auch wenn die Toten durch nichts mehr zum Leben erweckt werden, aber es würde uns, die Arbeiter, doch dabei helfen zur Ruhe zu kommen, die Vergangenheit ruhen zu lassen, einen Prozess der Versöhnung einleiten.

In jedem Fall hoffe ich, dass BASF in Hinkunft eine wichtige Rolle dabei spielen wird, unsere Konflikte mit Lonmin zu lösen. Ich bitte Sie, sehen Sie mich an: Ich kann kaum gehen – früher, vor dem Massaker, habe ich gern Fußball gespielt, – ich kann das jetzt nicht mehr. Ich muss jetzt starke Schmerzmittel nehmen, um überhaupt meinen Alltag bewältigen zu können. Ich bin 29 Jahre alt. Und ich habe Angst vor meiner Zukunft, wenn ich an all die Leiden und Schmerzen denke, die mir mein Körper an Spätfolgen des Massakers noch verursachen wird. Und man behandelt mich wie einen Schwerverbrecher, obwohl ich mich bloß bei einem Streik beteiligt habe.

Und ich weiß aber gleichzeitig: Mir geht es noch um vieles besser, als den Witwen, die ihr ermordeten Ehemänner in den Minen ersetzen müssen um überleben zu können, die nun dort arbeiten müssen, wo ihre Ehemänner ermordet wurden.

Ich möchte Sie abschließend fragen: Was ist BASF bereit zu tun um die Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Arbeiter bei Lonmin zu verbessern?

Ich danke Ihnen für die Gelegenheit, dass ich heute hier mit ihnen sprechen darf.

Und ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit.

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