Ntombizolile Mosebetsane und Agnes Makopano Thelejane stellen sich selbst vor.
Wir sind hier um Ihnen von den Familien zu berichten, deren Angehörige (und Ernährer) beim Massaker von Marikana getötet wurden.
Wir werden Ihnen vom Versagen ihres Platin-‐Langzeit-‐Lieferanten aus Südafrika, Lonmin, berichten; von seinem Versagen uns nachdem Massaker zu unterstützen. Um es deutlich zu sagen: Unsere Situation hat sich seit dem Massaker kontinuierlich verschlechtert.
In ihrem kürzlich veröffentlichten Statement sagen Sie – Zitat – dass „weder kritische Feststellungen bei der Unternehmensführung, bei Menschenrechten oder Arbeitsbedingungen von Lonmin gemacht, noch irgendwelche anderen Verstöße festgestellt wurden“, (Zitat Ende) die zu beanstanden wären.
In Lonmin Eigendarstellung heißt es: -‐ ich zitiere – „unmittelbar nach dem Massaker galt unsere Hauptsorge den Familien unserer Angestellten, die gestorben sind. Unser Arbeitsangebot an jeweils ein Familienmitglied eines Verstorbenen wurde von jeder Familie angenommen. Niemand kann deren Angehörige ersetzen aber wir können dabei unterstützen, dass die Familie kein Einkommen verliert. Durch die Einrichtung eines Trusts werden auch die Schulkosten der Kinder getragen. Dies alles zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Todesfallauszahlungen und Spenden mit denen die Beerdigungskosten bezahlt werden konnten.“
Sie, BASF, sie sagen, alles ist jetzt besser.
Aber wir sagen zu ihnen, das ist es nicht.
Lonmin hat den Schaden, den es angerichtet hat, keineswegs wieder gut gemacht. Lonmin hat keine Reparationszahlungen getätigt. Was Lonmin behauptet hat, gemacht zu haben um uns zu helfen, hat in Wahrheit mehr Schaden angerichtet.
Und es hat uns als Gruppe zudem zu spalten versucht: Lonmin hat einige unserer Gruppenmitglieder ausgeschlossen, indem sie ihnen nichts angeboten hat.
Ich bin Ntombizolile Mosebetsane.
Mein Mann wurde beim Massaker von Marikana getötet.
Ich arbeite jetzt bei Lonmin, ich putze dort den Hof, ich arbeite draußen unter der heißen Sonne, es ist staubig und windig.
Ich arbeite für dieselbe Firma, die dafür gesorgt hat, dass mein Mann tot ist. Ich lerne bei dieser Arbeit nichts dazu, nichts, was mir irgendwann helfen würde. Einige andere Witwen arbeiten unter Tage, in der Mine. Sie arbeiten unter denselben gefährlichen Arbeitsbedingungen, denen ihre toten Ehemänner ausgesetzt waren: Es ist laut, es ist dunkel und es ist gesundheitsgefährdend. Entweder man stirbt in der Mine, oder man geht zurück nach Hause, weil man krank wird, Turberkulose oder Silicosis – dann wird man entlassen und stirbt zu Hause.
Lonmin sagt mir, dass diese Job ein Entgegenkommen ein gutes Angebot an mich seien – so habe ich ein Einkommen, das auch mein Mann bekommen hat, so kann ich meine Kinder versorgen.
Für mich war dieses Angebot schlicht die einzige Möglichkeit meine Kinder zu ernähren. Ich hatte keine andere Wahl als es anzunehmen. Sie zahlen nicht einmal das Gehalt, für das mein Mann vor drei Jahren gestorben ist. So sieht es aus: Ich arbeite für Lonmin, der Betrieb zahlt mich dafür schlecht und sagt mir, ich solle dafür auch noch dankbar sein. Das ist keineswegs Kompensation, das ist viel eher Ausbeutung und Revictimisierung. From Slave to slavery – das ist moderne Sklaverei.
Lonmin brüstet sich damit, dass sie meine und auch einige der anderen Witwen in ein Internat geschickt haben. Wir meinen, dass diese Ausbildung für unsere Kinder gut ist. Aber gleichzeitig ist es schwer zu ertragen, dass die Kinder von uns getrennt wurden. Wir, die Witwen sagen: “Sie haben unsere Ehemänner ermordet. Sie haben uns die Kinder weggenommen. Wir können nicht mehr mit unseren Familien zusammen sein, während wir in Marikana, weit entfernt von zu Hause, arbeiten. Unsere Häuser zu Hause sind geschlossen. Wir haben keine Heimat mehr.”
Ich bin Agnes Makopano Thelejane.
Ich bin eine jener Witwen, die von Lonmin beiseite geschoben wurde. Lonmin zahlte die Beerdigungen unserer Männer, nachdem sie von Lonmin und der Polizei umgebracht worden sind. Ich habe dann Lonmin nach Reparationszahlungen gefragt. Sie sagten mir, sie haben mir schon die Beerdigung meines Mannes bezahlt, sie schulden mir nichts mehr. Ich frage mich: habe ich Lonmin gebeten, meinen Mann zu töten? Seine Beerdigung zu zahlen, beantwortet diese Frage nicht.
Lonmin behauptet, dass sie den Familien der Angestellten, die getötet wurden, Jobangebote gemacht haben. Sie sagen, dass mein Mann, der in Marikana in einem Schaft von Lonmin gearbeitet hat, von einer anderen Firma angestellt war. Lonmin sagt, sie werden mir nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebenen Zahlungen nach einem Todesfall auszahlen, die sie den Angehörigen der Direkt-Angestellten gezahlt haben. Sie werden mir keinen Job geben, und sie werden meine Kinder nicht ins Internat schicken. Sie sagen mir, ich muss mit der anderen Firma sprechen – niemand aber weiß, wer diese andere Firma überhaupt sein soll.
Die Lage für uns, die wir von Lonmin ausgeschlossen wurden, sieht so aus: Wir wissen nicht was unsere Kinder morgen essen sollen. Wir haben keine Ernährungssicherheit (wir leben an der absoluten Armutsgrenze). Unsere Nachbarn müssen uns oft mit dem Notwendigsten versorgen. Wir können nicht mal Schuluniformen für unsere Kinder kaufen. Wir können unsere Häuser nicht reparieren, wenn es regnet ist alles nass.
Sie, BASF, sie sagen, sie vertrauen ihrem Partner in der Platinproduktion, Lonmin, wenn Lonmin sagt, dass jetzt, nach dem Massaker, alles wieder gut ist. Sie sind nicht zu uns gekommen um uns, die betroffenen Familien zu fragen, wie unser Leben aussieht. Sie sagen, sie werden Lonmin helfen die Werksfeuerwehr zu verbessern – so meinen sie ihre “social responsibility” einzuhalten. Wir antworten darauf: Was hat das mit uns zu tun, wie soll uns das helfen? Wir fragen sie: Was haben Sie vor, um unsere Situation zu verbessern und unsere Familie zu unterstützen? Wie gedenken Sie uns und unseren Familien zu helfen, nachdem unsere Ehemänner und Angehörigen von Lonmin, ihrem Platinlieferant, ermordet wurden? Wie soll unsere menschliche Würde wieder hergestellt werden? Wir, die Witwen der getöteten Minenarbeiter fragen sie, BASF, ob sie bereit sind einen Teil ihrer Profite, die sie durch die jahrelangen Geschäfte mit Lonmin angehäuft haben, dafür verwenden um uns zu unterstützen?
Wir fragen sie, ob sie bereit sind, einen Fond mit 8 Millionen Euro für uns einzurichten? Er soll dazu dienen unsere Situation schnell, konkret und unmittelbar zu verbessern, uns helfen, aus dem Schlimmsten rauszukommen. Das ist keine Kompensation. Der Fond kann ihr Beitrag sozialer Verantwortung sein.
Wir, die Witwen des Massakers von Marikana, fragen sie also: Werden Sie uns diese Unterstützung (“immediate relief”) von 8 Millionen Euro geben?
Wir sagen hier in aller Deutlichkeit: Die bisherigen Aktivitäten von Lonmin, die von ihnen, BASF, in ihrem Bericht lobend erwähnt werden, haben unsere Situation nur noch mehr verschlechtert. Wir fragen sie, welche Schritte sie setzen werden, um sicher zu stellen, dass Lonmin seiner Verantwortung am Massaker nachkommt und Reparationen auszahlt?
Wir sind heute hierher gekommen um mit ihnen zu sprechen und ihnen davon zu erzählen was am anderen Ende ihrer Lieferkette passiert.
Wir fragen sie, was sie unternehmen werden, dass Lonmin die weiterhin offenen Probleme, die zu dem Streik vor drei Jahren führten endlich entschieden angeht: Weiterhin werden Löhne bezahlt, die Familien unter dem Existenzminimum vegetieren lassen. Weiterhin lebt die Mehrheit der ArbeiterInnen und ihrer Familien in Slums. In ihren letzten Statements sind all diese Fragen nicht behandelt. Und solange diese Fragen nicht beantwortet sind, kann es keine Lösung geben.
Wir sagen: Plough back the fruits!
Geben Sie uns unsere legitimen Anteile am Reichtum zurück!