Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 2: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der Bayer AG verfolgt ein umweltschädliches und menschenfeindliches Geschäftsmodell, das nicht zur Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) der UN beiträgt. Bayer selbst gibt an, mit seinen Produkten zur Erreichung von SDG 2, den Hunger zu beenden und nachhaltige Landwirtschaft zu fördern, sowie zu SDG 3 (gesundes Leben für alle Menschen) beizutragen. Das Argument: Nur durch Pestizide und Gentechnik könne die wachsende Weltbevölkerung ernährt werden. Doch Bayers Modell der industriellen Landwirtschaft hat verheerende Folgen für Mensch und Umwelt:

Bayer gefährdet Ernährungssouveränität

Die Übernahme von Monsanto hat nicht nur Folgen für Bayer-Beschäftigte und den Aktienkurs. Millionen Kleinbäuerinnen und -bauern weltweit sollen nun von Bayers Hochleistungs- und Gentechniksaatgut abhängig gemacht werden. Auch auf Staaten übt Bayer Druck aus, etwa um die Verwendung bäuerlichen Saatguts gesetzlich einzuschränken, die Einführung von Lizenzgebühren zu erleichtern und den ungeprüften Anbau von neuen Gentechnik-Pflanzen zuzulassen. So bestimmt Bayer zunehmend, was auf den Äckern der Welt wächst.

Und während Bayer öffentlich bekundet hat, die Ablehnung von Gentechnik in Europa zu respektieren, werden Proteste gegen den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) anderswo ignoriert, und weltweit an der Deregulierung der neuen Gentechnik gearbeitet.

Agrargifte gefährden Gesundheit

In Ländern des Globalen Südens werden Bayers Agrargifte mit Flugzeugen auf die in Monokultur wachsenden Plantagen gesprüht – das ist möglich, weil die Pflanzen gentechnisch so verändert sind, dass ihnen das Gift nichts ausmacht. Wer in einem Dorf wohnt, das an diese Plantagen angrenzt, kommt direkt mit den Pestiziden in Kontakt. Die Folgen sind ein massiver Anstieg an Krebserkrankungen, an Fehlbildungen bei Kindern, an Fehlgeburten.

Bayers doppelte Standards

Wenn die EU Bayers Produkte aufgrund ihrer hohen Toxizität verbietet, setzt Bayer einfach auf meist ärmere Länder, wo der Konzern einen stärkeren Einfluss auf die Aufsichtsbehörden hat. Für Nord- und Lateinamerika hat Bayer sogar angekündigt, seine Pestizidverkäufe steigern zu wollen – darunter auch Gifte, die in der EU längst verboten sind. Auch hier gelingt das dadurch, dass den Bäuerinnen und Bauern im Paket gentechnisch veränderte Pflanzen und die Gifte, gegen die sie unempfindlich sind, verkauft werden. Durch die Integration bisheriger Monsanto-Produkte hat Bayer sein Portfolio hier noch erweitert.

Beispiel Brasilien: Die Zahl der von Bayer in Brasilien vertriebenen, aber in der EU schon längst verbotenen Wirkstoffe hat nicht ab-, sondern zugenommen. Traf dies im Jahr 2016 noch auf acht Wirkstoffe zu, so waren es 2019 bereits zwölf Wirkstoffe, die von Bayer in Brasilien vertrieben, in der EU aber laut der EU-Pesticides-Database verboten sind.

Insektensterben

Bayers Agrarmodell befördert das Artensterben und schadet Insekten, die für ein Fortbestehen allen Lebens unverzichtbar sind. Monokulturen lassen keinen Platz für natürliche Habitate, aus den Pestiziden gelangt Stickstoff in die Böden und verhindert, dass Pflanzen wachsen, auf welche viele Insekten angewiesen sind.

Thiacloprid: Keine Rücknahme des fruchtbarkeitsschädigenden Wirkstoffs

Neben Monsantos Glyphosat steht aktuell ein Pestizid aus der Familie der Neonikotinoide aufgrund seiner fruchtbarkeitsschädigenden Wirkung in der Kritik. Statt Pestizide wie Thiacloprid als vorsorgliche Maßnahmen zum Schutz ungeborenen Lebens freiwillig vom Markt zu nehmen, ist Bayer der Profit wichtiger. In der geltenden EU-Verordnung 1107/2009 heißt es: „Ein Wirkstoff […] wird nur dann zugelassen, wenn er […] nicht gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als reproduktionstoxische Substanz der Kategorie 1A oder 1B eingestuft wird oder einzustufen ist, es sei denn, die Exposition von Menschen gegenüber diesem Wirkstoff […] ist […] vernachlässigbar […]“. Der von Bayer produzierte Wirkstoff Thiacloprid ist in der EU als reproduktionstoxisch Kategorie 1B eingestuft und außerdem krebserregend Kategorie 2. Laut Statistiken des Bundesinstituts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit werden seit 2009 alljährlich über 500 Thiacloprid-Rückstände in Lebensmitteln nachgewiesen, und jedes Jahr mehrere Rückstände über dem zulässigen Höchstwert. Von „vernachlässigbarer Exposition des Menschen“ kann also keine Rede sein.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Aufsichtsrat der Bayer AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, den Vorstand anzuweisen und zu kontrollieren, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten transparent einzuhalten. Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, einen wirksamen Beitrag zum Erreichen der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens, der UN-Nachhaltigkeitsagenda 2030, des UN Global Compact und des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte der deutschen Bundesregierung zu leisten, zu denen sich die Bayer AG bekannt hat.

Katastrophale Klimabilanz

Bayer selbst gibt im aktuellen Geschäftsbericht eine negative Folge der Monsanto-Übernahme offen zu: „Durch die erstmalige Einbeziehung der Emissionsdaten des akquirierten Agrargeschäfts steigen alle Emissionen des Bayer-Konzerns im Vergleich zum Vorjahr erheblich.“ (S. 79 Geschäftsbericht 2018.) Allein die Treibhausgas-Emissionen steigen um ganze 50 Prozent, von 3,63 Mio. Tonnen auf 5,45 Mio. Tonnen CO2. Wie der Konzern die bisherigen, eigenen Klimaziele erreichen möchte, ohne Monsanto wieder zu verkaufen, bleibt ein Rätsel. Aber auch ohne Monsanto reichen die bisherigen CO2-Reduktionen und geplanten Maßnahmen nicht aus, um die CO2-Emissionen von Bayer effektiv einzudämmen. Während andere Unternehmen zumindest das Ziel formulieren, CO2-neutral werden zu wollen, hat sich Bayer von substanziellen Beiträgen zum 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens weit entfernt.

Intransparenz bei menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten

Um seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in Bezug auf die eigenen Lieferketten nachzukommen, hat Bayer 2018 insgesamt 749 Audits bei Zulieferern durchführen lassen. Doch über die Ergebnisse erfährt man nichts Substanzielles im Geschäftsbericht. Bei 17 Lieferanten wurden „schwerwiegende Verstöße oder erhebliche Mängel bezüglich der Nachhaltigkeitsleistung“ festgestellt. Ob es sich dabei um schwere Menschenrechtsverletzungen, unmenschliche Arbeitsbedingungen oder massive Umweltzerstörungen handelt, bleibt genauso unerwähnt wie der Name der betroffenen Zulieferer. In nur einem Fall hat Bayer die Geschäftsbeziehung beendet, ohne jedoch die Gründe zu nennen. Der Aufsichtsrat muss hier dringend mehr Transparenz einfordern, da es für Aktionärinnen und Aktionäre sowie für die Öffentlichkeit unmöglich ist, die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten durch die Bayer AG bewerten zu können.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.kritischeaktionaere.de/bayer/gegenantraege-39/