Finanzierung von Kohle, Öl, Gas und Rüstung ohne Skrupel – unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 2: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.

Begründung:
Der Vorstand der Commerzbank AG wird seinem eigenen Bekenntnis zur Einhaltung der UN-Ziele zu Nachhaltiger Entwicklung und Sustainable Finance nicht gerecht. Er bleibt auch weit hinter seinen Möglichkeiten zurück, einen wirksamen Beitrag zum Erreichen der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und zu leisten. Konkret laufen etliche Finanzgeschäfte den Zielen Nr. 13 und Nr. 16 entgegen, wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu implementieren und Gewalt zu verringern.

Kohle-Richtlinien nicht kompatibel mit dem Pariser Klimaschutzabkommen

Im Geschäftsbericht 2020 bekennt sich die Commerzbank zum Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens, „die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen und das 1,5-Grad-Ziel anzustreben.“ Dafür will sie u.a. die CO2-Emissionen ihres Kreditportfolios reduzieren. Sie hat die Klimaschutz-Selbstverpflichtung des deutschen Finanzsektors unterschreiben und sich unterschiedlichen Initiativen unter anderem der Science Based Target Initiative angeschlossen. Nachhaltigkeit hat sie zu einem ihrer Kernthemen erhoben. Fakt ist jedoch, dass die gewählten Maßnahmen bisher völlig unzureichend sind. So verfügt die Bank bisher über keinen konkreten Ausstiegsplan aus der Kohle-Finanzierung und es fehlen Einschränkungen für den Öl- und Gassektor.

Trotz der im Jahr 2016 eingeführten Kohlerichtlinie können weiterhin Bergbaufirmen, Kohlestromerzeuger und sogar Kraftwerksentwickler darauf bauen, auch über 2030 hinaus von der Commerzbank finanziert zu werden. Um das Pariser Klimaschutzabkommen erfüllen zu können, muss Europa jedoch bis 2030 aus der Kohleverstromung komplett ausgestiegen sein. Da reicht es nicht, sich ab diesem Jahr von Kunden trennen zu wollen, die mehr als 30 Prozent (bei deutschen Kunden) bzw. 50 Prozent (bei ausländischen Kunden) ihres Stroms aus Kohle gewinnen.

Recherchen zur Finanzierung der globalen Kohleindustrie in den Jahren 2018-2020 ergeben, dass die Commerzbank in diesem Zeitraum die größte deutsche Kreditgeberin von Firmen ist, die durch ihr Kohlegeschäfts auf der Global Coal Exit List aufgeführt werden (coalexit.org). Mit Krediten in Höhe von 5,1 Mrd. US-Dollar (4,2 Mrd. Euro) belegt sie Listenplatz 13. Kein anderes deutsches Institut wird unter den größten 30 Kreditgebern der globalen Kohleindustrie aufgeführt. Kredite gingen unter anderem an das Bergbauunternehmen Anglo American. Die Kohleminen von Anglo American befinden sich in Südafrika, Kolumbien und Australien, wo jährlich insgesamt rund 37,8 Millionen Tonnen Kohle abgebaut werden. Anglo American zählt aufgrund von sozialen und ökologischen Problemen als eins der umstrittensten Bergbau-Unternehmen weltweit. An zweiter Stelle der Commerzbank-Kohlekunden steht mit dem Schweizer Unternehmen Glencore der größte europäische Kohleproduzent. In Minen in Australien, Kolumbien und Südafrika baut das Unternehmen jährlich rund 123,9 Millionen Tonnen Kohle ab.

Andere europäische Banken, wie zum Beispiel die französische Crédit Mutuel, haben mittlerweile deutlich ambitioniertere Schwellenwerte für den Ausschluss von Kohlebergbaufirmen und Kohlestromerzeugern formuliert. Bei der Commerzbank ist hingegen seit der Verabschiedung der Richtlinie dazu im Jahre 2016 keine Bewegung mehr in diesem Bereich zu erkennen.

Keine Ausschlusskriterien bei Öl und Gas

Obwohl zur Erreichung des Pariser Klimaziels auch massive Reduktionen bis hin zum Ausstieg im Öl- und Gassektor erforderlich sind, fehlen bei der Commerzbank auf Ebene der Unternehmensfinanzierung jegliche Ausschlusskriterien. Zwar schließt die Commerzbank zwar Projektfinanzierung im Zusammenhang mit Arctic Drilling aus – aber nicht die Firmen, die dies betreiben. Die Finanzierungen der Commerzbank für Firmen, die arktisches Öl fördern, hat laut des Berichts „Banking on Climate Chaos (2021)“ im Jahr 2020 im Vergleich zu 2016 sogar zugenommen.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zu entlasten.

Begründung:
Der Aufsichtsrat der Commerzbank AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, den Vorstand anzuweisen und effektiv zu kontrollieren, eine restriktive Rüstungsrichtlinie umzusetzen und aus umstrittener Rüstungsfinanzierungen auszusteigen.

Keine glaubwürdige Rüstungsrichtlinie

Zwar behauptet die Commerzbank, im Rüstungssektor restriktiver vorzugehen als regulatorisch vorgeschrieben wird. Knackpunkt ist hier wieder die Firmenebene. So hält sie dennoch weiter an Unternehmen fest, die in völkerrechtswidrige Kriegshandlungen, wie aktuell zum Beispiel im Jemen, verstrickt sind.

Im letzten Jahr unterstützte die Commerzbank den Börsengang des Rüstungsunternehmens Hensoldt. Im Rahmen einer ehrgeizigen Wachstumsstrategie baut Hensoldt seine Standorte in Krisengebieten immer weiter aus. So verfügt das Unternehmen über Büros und Mitarbeiter in menschenrechtlich hoch problematischen Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien und der Türkei. Ziel dieser Präsenzen ist es, Kunden im gesamten Nahen Osten mit luftgestützten Radaren für Kampfflugzeuge oder Sensoren für die Grenzsicherung zu beliefern.

Die Gründung von Hensoldt Südafrika 2019 verfolgte ebenfalls das Ziel, neben dem afrikanischen auch den boomenden Militärmarkt im Nahen Osten beliefern zu können. Ende 2019 war Saudi-Arabien schon seit mehreren Jahren in völkerrechtswidrige Kriegshandlungen im Jemen verstrickt. Zu diesem Zeitpunkt unterzeichnete Hensoldt in Riad eine Vereinbarung mit dem saudischen Unternehmen Intra Defense Technologies. Die beiden Firmen wollten gemeinsam luftgestützte, elektro-optische Systeme entwickeln, um von Flugzeugen und Drohnen aus Ziele überwachen und erfassen zu können. Neuesten Recherchen von südafrikanischen Organisationen zur Folge setzen die saudischen Streitkräfte aktuell im blutigen Krieg im Jemen auch Drohnen ein, die das optische System Argos II von Hensoldt verwenden. 

Im April 2020 hat sich die US-amerikanische Commerzbank-Tochter Commerz Markets an der Ausgabe von Anleihen für den größten europäischen Rüstungskonzern BAE Systems beteiligt. BAE Systems macht über 90 Prozent seines Umsatzes im Rüstungsbereich, 2017 wiederum etwa 20 Prozent davon mit Geschäften mit Saudi-Arabien. Auch an andere hoch brisante Länder wie Irak, Libanon oder Bahrain wurden in den letzten Jahren Rüstungsgüter und Raketen exportiert. Zwischen 2009 und 2017 hat BAE Systems zudem 72 Eurofighter an Saudi-Arabien geliefert, die erwiesenermaßen im Jemen-Krieg zum Einsatz kommen und dort für entsetzliches Leid sorgen.

Praxis der Rüstungsfinanzierung extrem durchlässig

Die Ausgabe von Anleihen an BAE Systems ist ein Beleg dafür, dass die Praxis der Rüstungsfinanzierungder Commerzbank nicht restriktiv, sondern extrem durchlässig ist. Und es handelt sich dabei um keine Ausnahme: Commerzbank-Analysten empfehlen – trotz jahrelanger Kritik – weiterhin den Kauf von Rheinmetall-Aktien, wohlwissend, dass der Konzern in den letzten Jahren sogar schlüsselfertige Munitionsfabriken an Länder wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Ägypten geliefert hat.

Mit dem Festhalten an Unternehmen wie Hensoldt, BAE Systems und Rheinmetall befördert die Commerzbank in unverantwortbarer Weise die Aushöhlung des internationalen Völkerrechts und die Not von Menschen in Krisen- und Kriegsgebieten dieser Welt.

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