Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
mein Name ist Khadja Bedati und ich spreche für die Saharauische Jugend sowie den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.
Ich bin hier, um meine Sorge darüber auszudrücken, dass Continental es weiterhin unterlässt, die Rechte der Menschen der besetzen Westsahara zu achten und weiterhin nicht um Zustimmung gebeten hat, in unserem Land tätig zu sein.
Am 10. Januar 2018 hat der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes klargestellt, dass die Westsahara von Marokko besetzt ist, dass das humanitäre Völkerrecht für die Westsahara anzuwenden ist und dass das Abkommen zwischen der EU und Marokko ungültig ist, da es die Westsahara miteinschließt.
Sollten zur Wahrung des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit nicht alle Projekte in Gebieten gestoppt werden, deren Fragen über das rechtmäßige Eigentum an Land und Ressourcen noch offen sind, bis diese friedlich und demokratisch geklärt sind?
Die Bundesregierung hat aus diesen Gründen deutlich gemacht, dass sie keine wirtschaftlichen Aktivitäten deutscher Unternehmen in der Westsahara unterstützt und auch keine Geschäfte über Exportkredit- und Investitionsgarantien absichert.
Der zuständige UN-Sonderbeauftragte und Altbundespräsident Horst Köhler bemüht sich aufrichtig, den Konflikt durch Dialog zu lösen. Deutschland disqualifiziert sich aber als neutraler Vermittler, wenn Firmen im mehrheitlich deutschen Besitz den Status Quo des Konflikts festigen.
Meine Damen und Herren,
mein Land liegt in Nordwestafrika zwischen Marokko, Mauretanien und Algerien. „Sahara“ bedeutet im Arabischen „Wüste“, doch bietet unser Land mehr als Dürre und Sand: fischreiche Gewässer vor der Küste, Erdöl, Eisen, Gold und das zweitgrößte Phosphatvorkommen der Erde.
Nach dem Abzug der spanischen Kolonialherren 1975 wurde die Westsahara vom Nachbarland Marokko besetzt. Viele Saharauis mussten vor der anrückenden Armee nach Algerien fliehen. Dort leben bis heute mehr als 160.000 Menschen in Flüchtlingslagern. Sie sind vollständig von humanitärer Hilfe abhängig und leiden unter dem Mangel an Zukunftsperspektiven sowie wirtschaftlichen Möglichkeiten.
Mit einem verminten und von Armeeposten überwachten Sandwall, der „Mauer“, hat Marokko die besetzten von den befreiten Gebieten der Westsahara getrennt. Mit einer Länge von 2700 km ist dieser Wall 16-mal länger als die Berliner Mauer und eine der längsten Mauern der Welt. Von den Saharauis wird sie die „Mauer der Schande“ genannt.
Bereits 1991 wurde die UN-Friedenstruppe MINURSO beauftragt, ein Referendum durchzuführen, das über den zukünftigen Status der Westsahara entscheiden soll. Die Abstimmung wird bis heute von Marokko, Frankreich und anderen einflussreichen Ländern blockiert.
Seit 27 Jahren herrscht nun weder Krieg noch Frieden. Die Saharauis warten auf eine friedliche Lösung, doch fühlen sie sich von der internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen.
Im Bündnis mit Frankreich ist es der Regierung Marokkos bisher sogar gelungen zu verhindern, dass die MINURSO, wie alle anderen UN-Missionen, auch ein Mandat zur Überwachung der Menschenrechtssituation erhält.
Immer wieder werden saharauische Kinder, Jugendliche, Frauen und ältere Personen in den besetzten Gebieten misshandelt. Folter ist in den Polizeistationen und Militärkasernen an der Tagungsordnung.
Kein Land auf dieser Welt hat die marokkanische Annexion der Westsahara anerkannt.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat sich im Dezember 2016 mit den Tätigkeiten der EU in der Westsahara befasst. Das Urteil ist eindeutig: Die Westsahara ist von Marokko zu unterscheiden und muss davon getrennt behandelt werden. Es wurde festgehalten, dass Marokko kein Recht hat, im Hinblick auf die Westsahara, Verträge abzuschließen, ohne dabei das Einverständnis der Polisario, der anerkannten Vertretung der saharauischen Bevölkerung, erhalten zu haben.
Eine Tochtergesellschaft des deutschen Herstellers Continental AG, ContiTech, unterzeichnete 2015 einen Fünfjahresvertrag für die Wartung des Förderbands, mit dem Marokko Phosphatgestein aus der Bou Craa-Mine in der Westsahara befördert, um es zu exportieren.
Der Abbau wird von OCP, dem staatlichen Phosphatunternehmen der marokkanischen Regierung, durchgeführt. Die Vertretung der Saharauis widerspricht diesem Handel. Die Kontroversen bezüglich des umstrittenen Rohstoffabbaus haben dazu geführt, dass immer weniger Kunden das Konfliktmineral kaufen.
Das Unternehmen hat vorher erklärt,, Systeme geliefert zu haben, die einen Durchsatz auf dem Band von 2000 metrischen Tonnen pro Stunde und eine Bandgeschwindigkeit von über vier Metern pro Sekunde“ erlauben.
In früheren Versionen der Website gab ContiTech an, dass sich die Phosphatmine Bou Craa in Marokko befindet. In einem Brief an Western Sahara Ressource Watch im Jahr 2017 erklärte das Unternehmen eingestehend, es bedauere diesen versehentlichen Fehler: Sie hatten angenommen, die Westsahara sei Teil des Königreichs Marokko.
Laut Briefen von Continental belieferte das Unternehmen erstmals die Mine Bou Craa mit einem Förderband 1971, also noch während der spanischen Kolonialherrschaft über die Westsahara durch das Regime von General Franco. Nachdem die Westsahara 1975 von Marokko militärisch annektiert worden war und die marokkanischen Behörden die Minen im besetzten Gebiet durch die staatliche OCP SA verwaltet hatten, „hat Continental einen Rahmenvertrag mit der OCP SA geschlossen, um bei Bedarf Ersatzlieferungen (für das Förderband) zu gewährleisten“.
Obwohl sich Continental wieder und wieder zu „Prinzipien in den Bereichen Menschenrechte, Arbeit, Umwelt und Korruptionsbekämpfung“ bekennt, weigert sich das Unternehmen zu kommentieren, ob es mit dem Generalanwalt der EU einig ist, dass das Recht auf Selbstbestimmung der Saharauis ein Menschenrecht ist. Würde Ihr so menschenrechtszugewandtes Unternehmen zustimmen, müssten Sie erkennen, dass auch Sie die Gewährleistung dieses Menschenrechts unmöglich machen. Sollte Ihnen tatsächlich etwas an den Menschenrechten liegen, sollten Sie anfangen, Ihr unternehmerisches Handeln zu hinterfragen und Veränderungen vornehmen.
Daher frage ich Sie:
- Erkennen Sie das Recht der Saharauis auf Selbstbestimmung an, so wie es auch der Europäische Gerichtshof tut?
- Wenn ja, warum werden Sie dann in der Westsahara tätig, ohne dieses Recht zu achten und um Erlaubnis zu fragen?
- Wären Sie bereit, Ihre Aktivitäten in der Westsahara im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte zu überprüfen?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.