Rede von Christoph Rinneberg

Sehr geehrte Gastgeber, sehr geehrte Gäste dieser Hauptversammlung,

als Mitglied der IOF, der „Initiative Ordensleute für den Frieden“, spreche ich heute auch für den Dachverband der Kritischen Aktionäre, dem die IOF angehört. Sie sind heute Morgen mit der ins Mark gehenden, plakativen Aussage begrüßt worden

„Diese Wirtschaft tötet – auch mit deinem Geld“.

Der erste Teil dieser Botschaft entstammt dem päpstlichen Lehrschreiben „Evangelii Gaudium“ (27.11.13). Die IOF hat seit über 1/4 Jahrhundert vor Ihrer Bank protestiert:

„Unser Wirtschaftssystem geht über Leichen.“

Bisher hat es weder von Seiten der Politik noch von Seiten der Wirtschaft Andeutungen einer Widerlegung gegeben oder gar eine gerichtliche „Einstweilige Verfügung“. Beide Thesen dürfen wir also getrost als verifiziert und akzeptiert ansehen.

Beim zweiten Teil der heutigen Aussage werden einige von Ihnen zu schlucken gehabt haben, die Sie Ihr persönliches, als blütenweiß betrachtetes Geld in diese Bank gesteckt haben. Doch damit sind unstrittig Machenschaften finanziert worden, die nicht nur inakzeptabel, wie Sie, Herr Cryan, es öffentlich eingestanden haben, sondern so kriminell gewesen sind, dass deren negative Auswirkungen auf Bonität und Geschäftstätigkeit nur mit Hilfe von Gerichten und massiven Strafzahlungen haben eingedämmt werden können. Dieses mind. 10 Jahre alte Dunkel-Kapitel der Bank ist wohl noch nicht zu Ende.

Die Baden-Württemberger unter Ihnen werden auf Anhieb die weit verbreitete Devise der Schwaben verstehen, die ganz in deren Sinne ultra-kurz gefasst ist:

„Nix gsagt is gnug globt.“

– Wenn man nichts sagt, ist das genug des Lobs. Ich halte nichts von dieser Devise und möchte ich Ihnen danken, Herr Cryan, dass Sie sich als Nicht-Deutscher der Misere, der Beinahe-Katastrophe dieser Bank so mutig angenommen haben. Sie haben bisher der Verführung der Politik Ihres Landes widerstanden, sich der harten Arbeit in der Bank durch einen Cryan-Exit, einen Crexit zu entziehen. Deutlich unterscheiden sich Ihre Maßnahmen von jenem modus agendi Ihrer beiden Vorgänger, die alleine in der Ankündigung einer neuen Geschäftskultur einen neuen, besseren Kurs gesehen haben wollten. Deutlich haben Sie einige Missstände und deren verheerende Wirkungen beim Namen genannt.

Angesichts der immer noch mit Sinnsuche beschäftigten Bank haben Sie sich für 2016 mit einem Gehalt von „nur“ € 3,8 Mio abgefunden und wie Ihre Vorstandskollegen auf alle Boni verzichtet. Ihre Vorgänger im Amt mochten sich ja nur mit 2-stelligen Millionenbeträgen zufrieden geben. Immerhin gibt es jetzt in der Bank eine Gehaltsobergrenze, fast schamhaft kurz vor der Zweistelligkeit, nämlich bei 9,85 Millionen € je Vorstand.

1. Frage: Werden Sie im Sinne der zugestandenen Transparenz zukünftig die Aktionärinnen, Aktionäre, Kundinnen und Kunden der Bank über die Bestandteile des Salärs mindestens der Vorstände informieren, also über Fixum, Boni und Alterssicherung?

Der neue US-Präsident Trump (Reuters, 09.06.16) leiht sich am liebsten Geld bei der
Deutschen Bank. Diese ist seit 1998 an Krediten über mind. 2,5 MRD € für Projekte seiner
diversen Firmen beteiligt. Seit 2008 kämpft die Bank mit Trump vor Gericht um die
Rückzahlung eines Immobilien-Darlehens. Diese inzwischen wohl als windig zu bezeichnende
Geschäftsbeziehung wird auch für die Bank zum Problem – das Risiko für deren
stark angekratzten Ruf und für deren juristische Integrität ist einfach zu hoch. Daher ist
die Bank als eine der größten Gläubiger des Trump’schen Imperiums derzeit mit der Re-
Strukturierung der Trump-Kredite beschäftigt, mit einer Umschuldung von einer persönlich
von Trump garantierten, billigen zu einer teuren, reinen Immobilienfinanzierung.

2. Frage: Werden Sie diese bankinterne Interessenkollision schnellstens beseitigen und
sich in Zukunft erst gar nicht auf solche dubiosen Geschäfte einlassen?

Sehr zu begrüßen ist es, dass Sie, Herr Cryan, vor kurzem klar gegen Trumps neue Einreisepolitik
Stellung bezogen haben. Ihre politische Bewertung macht jedenfalls deutlich:

„Wir sind absolut überzeugt von Gleichheit, Inklusion und Freizügigkeit“

(Reuters, 02.02.17). Inklusion verlangt eine grundsätzlich gleiche Wertschätzung aller
Menschen. Sie beruht auf der Unantastbarkeit der menschlichen Würde. In erster Linie
werden Sie an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihrer Bank gedacht haben, doch Ihre
Aussage ist fast buchstabengetreu identisch mit der Losung der Französischen Revolution
(1789) und dem Wahlspruch der heutigen französischen Republik:

„Liberté, Égalité, Fraternité – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.

3. Frage: Weiß sich die Deutsche Bank wirklich diesen Werten gegenüber der Gesellschaft
verpflichtet, in deren Mitte sie ja gerne wäre?

Gemäß Pressemeldung vom 07.02.17 ist der Israel-Chef der Deutschen Bank vorübergehend
festgenommen worden, weil er es mit dem israelischen Steuerrecht nicht so genau
genommen hat. Da ist Ihre Devise, Herr Cryan, dass sich die Bank nicht mehr auf dubiose
Geschäfte einlassen wird, wohl noch nicht in allen Niederlassungen angekommen.

4. Frage: Werden Sie, ähnlich wie bei der Trump’schen Einreisepolitik, deutlich Stellung
beziehen und Ihre Bankbeziehungen zu Israel vollständig von allem reinigen, was irgendwie
die seit 50 Jahren total widerrechtliche Besatzung palästinensischer Gebiete etwa
durch festungsähnlich erstellte und gesicherte Siedlungen aufrecht erhält und stärkt?

Zumindest die etwas Älteren unter Ihnen werden sich an Wolfgang Borchert erinnern, der
uns 1947 sein eindringliches Gedicht „Dann gibt es nur eins!“ zur Mahnung und Ermutigung
geschenkt hat. In Anlehnung an sein Gedicht würde er wohl heute fordern:

„Du. Vorstand einer Bank. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst statt friedlicher
Produkte für kriegerische Einsätze die Finanzierung von Waffen und Munition betreiben,
dann gibt es nur eins: Sag NEIN!“

In der von Facing Finance und urgewald im vorigen Jahr erstellten Studie „Die Waffen
meiner Bank“ heißt es gemäß der ZEIT-Online-Meldung vom 08.04.16:

„Die Deutsche Bank kennt kaum Skrupel und unterhält zu fast allen großen Rüstungskonzernen
Geschäftsbeziehungen. Dazu zählen auch … größte Waffenhersteller, die allesamt
in die Herstellung von Atomwaffensystemen verstrickt sind und Rüstungsgüter
in Krisengebiete exportieren oder an Staaten liefern, die Menschenrechte missachten.“

Wenn die Deutsche Bank es wirklich ernst meint mit ihrer für Transparenz sorgenden Geschäftsführung, dann muss sie klipp und klar aus dem Rüstungsgeschäft aussteigen. Gemäß einer repräsentativen Umfrage (2013) würden 61% der Befragten die Bank wechseln, wenn sie um deren Finanzierung von Rüstung und Waffen wüssten.

5. Frage: Kann die Deutsche Bank glaubwürdig versichern, dass sie für die Herstellung und den Export militärischer Produkte keine finanziellen Mittel mehr bereitstellt?

Angesichts der Mehrheitsverhältnisse müsste die Deutsche Bank ähnlich wie bei den Trump-Krediten eine weitere, noch skandalösere Interessenkollision beseitigen:

Die katarische Herrscherfamilie ist mit ihrem 10%-Anteil bisher der größte Aktionär der Bank. Von ihr mitfinanziert (Die ZEIT, 08.04.16) liefern deutsche Rüstungsunternehmen 62 schwere Leopard-Kampfpanzer und 24 Panzerhaubitzen an das massiv Menschenrechte verletzende Golf-Emirat Katar:

Diese Wirtschaft tötet auch mit Ihrer aller Geld!

6. Frage: Was wird die Bank tun, dass aus dieser mehr als dubiosen Verbindung zum Golf-Emirat Katar kein Katarrh, also keine gefährliche Entzündung wird?

Das Ringen um einen neuen Slogan wirft die Frage nach dem redlichen Umgang mit der Sprache auf. In ganzseitigen Anzeigen großer Tageszeitungen haben Sie, Herr Cryan, im Namen des Vorstands sich für die Vergehen der Vergangenheit entschuldigt. Damit sind Sie als Brite auf die Fragwürdigkeit des deutschen Sprachgebrauchs reingefallen:

Man kann sich nicht entschuldigen, man kann nur um Entschuldigung bitten, und dafür bedarf es eines Gegenüber, der von der Schuld freispricht. In Ihrer Muttersprache wird mit „I beg your pardon“ das Gegenüber konkret in persona angesprochen.

7. Frage: Können Sie als Vorstand begründet sagen, dass die Aktionärinnen und Aktionäre Sie im obigen Sinne freigesprochen haben? Die Geschichte um die Postbank könnte man kurz mit

„rin in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“

bezeichnen, was ebenso auf die wieder rückgängig zu machende Spartentrennung zwischen Geschäftsfinanzierung und Kapitalmarktgeschäft zutrifft.

8. Frage: Wann werden Sie Konzepte mit längerer Halbwertzeit als nur 1 Jahr vorlegen?

Wenn demnächst die blaue Deutsche Bank sich mit der gelben Postbank verschmelzen will, dann verrät die Farbenlehre, dass aus der Mischung von blau und gelb grün wird.

9. Frage: Könnte nicht die „Grüne Bank“ eine Programmatik enthalten, die die Deutsche Bank globalisierend auf einen wirklich neuen, nachhaltigen Kurs bringt?

Nutzen Sie den verkündeten Ausstieg aus der Kohlestrom-Produktion als steile Vorlage für die dringende Abkehr von der Brandrodung von Regenwäldern für Palmöl!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit, werte Gäste, bitte die Verantwortlichen, lebensfreundliche Entscheidungen zur guten Besserung des kranken Patienten zu fällen und kann der evtl. neuen, evtl. „grünen“ Bank nur herzlich wünschen :

Glück auf!

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