Rede von Markus Dufner

Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats!

Ich heiße Markus Dufner und bin Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit unseren 26 Mitgliedsorganisationen und zahlreichen Kooperationspartnern setzen wir uns für Frieden, Umweltschutz und Menschenrechte ein – seit nunmehr 30 Jahren. Dass wir mit unseren Forderungen und Fragestellungen richtig liegen, finden auch immer mehr Kleinaktionäre.

Mister Cryan, im November betonten Sie in einer Botschaft an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ZITAT: „wie wichtig es ist sicherzustellen, dass die Überwachung unserer Geschäftsaktivitäten den höchsten Standards genügt“. „In bestimmten Regionen mit höherem Risiko werden wir das Onboarding von neuen Kunden und die Einführung neuer Produkte für bereits bestehende Kundenbeziehungen aussetzen.“ ZITAT ENDE.

Mit „Onboarding“ meinen Sie offenbar Akquise. Mister Cryan, Sie wollten weiter gewährleisten, ZITAT: „dass wir über ein tiefes Verständnis sowohl der Identität des Kunden als auch dessen Ziele verfügen. Dies gilt sowohl beim Eingehen neuer als auch bei der Fortführung bestehender Kundenbeziehungen, da wir dadurch bestätigen, dass wir der richtige Partner für den Kunden und seine Wünsche sind.“ ZITAT ENDE

Meine Frage: Wie weit ist die Deutsche Bank in ihrem Know-Your-Client- und Onboarding-Prozess seitdem gekommen?

Panama Papers

Meine Damen und Herren, auf dieser Hauptversammlung der Deutschen Bank muss natürlich über die „PanamaPapers“ gesprochen werden. Die Anfang April von der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Dokumente der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca belasten deutsche Banken schwer: 14 Institute sollen dabei geholfen haben, mehr als 1200 Briefkastenfirmen einzurichten. Besonders aktiv war die Deutsche Bank.

Mister Cryan, nimmt man Ihre Botschaft an die Mitarbeiter als Maßstab, dann müsste die Deutsche Bank nun eigentlich sehr viel mehr ändern, als bloß den Leitspruch auf einer ihrer Webseiten umzuformulieren. Der hieß lange Zeit:„Seit über 30 Jahren Offshore-Finanzdiensten verpflichtet.“

Schlüsselrolle der Banken

In dem System der Offshore-Industrie kommt Banken eine Schlüsselrolle zu. Denn Briefkastenfirmen ergeben ohne ein Konto keinen Sinn. Banken tragen deshalb eine besondere Verantwortung, wenn es darum geht, Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu verhindern. Tatsächlich zeigen die „PanamaPapers“, dass Banken weltweit – darunter die Deutsche Bank – dabei geholfen haben und weiterhin dabei helfen, Briefkastenfirmen an Kunden zu vermitteln und diese Firmen mit Konten auszustatten.

Die Deutsche Bank und der Kulturwandel

Mister Cryan, bereits 2013 hatten Ihre Vorgänger das gesamte Unternehmen auf einen Kulturwandel eingeschworen. Bis dato hatte die Deutsche Bank offen um Kunden für Steueroasen geworden, es gab eine eigene Internetseite unter der Adresse dboffshore.com. Diese Offshore-Seite der Deutschen Bank wurde vor drei Jahren zwar aus dem Netz genommen, das Geschäft mit Briefkastenfirmen lief aber weiter: 50 der in den „PanamaPapers“ aufgefundenen Firmen, die von der Deutschen Bank vermittelt wurden, waren Ende 2015 noch aktiv. Die jüngste von ihnen war im Juli 2014 erst gegründet worden, da war der Kulturwandel bei Deutschlands größter Bank angeblich schon längst im Gange. Einen Wandel allerdings gab es tatsächlich: Die Kunden sind nicht mehr wie in früheren Jahren Deutsche, sondern bevorzugt Süd- und Mittelamerikaner. Die Beihilfe zur Steuerhinterziehung für Steuerausländer ist in Deutschland nicht strafbar.

Briefkastenfirmen zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche

Der Besitz oder Vertrieb von Briefkastenfirmen ist nicht verboten und Offshore-Firmen können auch für legale Geschäftszwecke genutzt werden. Aus Expertensicht handelt es sich bei Briefkastenfirmen aber um geeignete Werkzeuge, um Steuern zu hinterziehen und kriminell erworbene Gelder zu waschen. Das gilt insbesondere für Firmen, in denen die wahre Identität von Kunden durch Scheindirektoren verschleiert wird. Die Recherchen zeigen, dass insbesondere solche Firmen von deutschen Banken vermittelt wurden.

Nach Erkenntnissen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR haben mindestens 14 deutsche Banken bei Mossack Fonseca insgesamt mehr als 1200 Briefkastenfirmen gegründet oder für ihre Kunden verwaltet. Allein die Deutsche Bank setzte bis 2007 426 Offshore-Firmen auf. 50 davon sind laut der vorliegenden Daten noch aktiv.

Mister Cryan, können Sie diese Zahlen bestätigen oder waren es noch mehr Briefkastenfirmen? Wie viele Briefkastenfirmen hat die Deutsche Bank 2016 vermittelt?

Ermittlungen deutscher Behörden

Panama war lange Zeit ein sicherer Hort für schmutziges Geld. Deutsche Behörden hatten viele Jahre keinen wirklichen Einblick, was da lief. Das änderte sich erst, als vor zwei Jahren ein Whistleblower Ermittlern aus Nordrhein-Westfalen interne Dokumente von Mossack Fonseca für knapp eine Million Euro verkaufte. Der Datensatz ist zwar schon ein paar Jahre alt und umfasst nur einige Hundert Offshore-Firmen – während die Panama Papers mehr als 214.000 Offshore-Firmen betreffen. Aber den Ermittlern reichten die überschaubaren Belege aus, um gegen mehrere deutsche Banken vorzugehen, deren Luxemburger Töchter betroffen waren.

Die Ermittlungen der deutschen Behörden sind noch nicht abgeschlossen. Inzwischen sind weitere Institute in den Fokus der Fahnder geraten, etwa eine Schweizer Tochter der Deutschen Bank, die im November 2015 bereits 31 Millionen Dollar Bußgeld an die US-Behörden überweisen musste, weil sie spätestens von 2008 an bis ins Jahr 2013 US-Bürgern bei der Umgehung ihrer Steuerpflichten geholfen haben soll. Das Unternehmen warb jahrelang auf einer seiner Webseiten für Offshore-Dienste: Mauritius etwa sei „eine steuerneutrale Umgebung“.

Mister Cryan, noch heute hat die Deutsche Bank Filialen in zahlreichen Steueroasen der Welt. Bitte nennen Sie uns Aktionären alle diese als Steueroasen zu bezeichnenden Länder mit Deutsche-Bank-Filialen! Wie sehr sich etwa die Deutsche Bank den Wünschen der Kunden verpflichtet fühlt, zeigt ein internes Memo eines Mitarbeiters von Mossack Fonseca.

Absender: xxx@mossfon.lu – Empfänger: pancorp@mossfon.com

Zur Zeit verhandle ich mit DEUTSCHE BANK LUXEMBOURG über die Möglichkeit, unseren Service zu nutzen. Sie sind daran interessiert, Panama-Firmen zu nutzen, aber wie viele andere deutsche Banken haben sie ein Problem damit, die Namen des BOs hinter jeder Firma zu nennen.

Diese Haltung behält die Deutsche Bank bis in die jüngste Zeit: 2014 fragte ein Mitarbeiter von Mossack Fonseca im Rahmen eines routinemäßigen Sorgfaltschecks die Deutsche Bank auf Guernsey nach dem wahren Eigentümer einer noch aktiven Offshore-Firma. Die Deutsche-Bank-Mitarbeiterin verweigert die Kooperation, der Kundenname sei Tabu. Die Deutsche Bank bekam zuvor von Mossack Fonseca sogar Dokumente zugestellt, die von den Scheindirektoren blanko unterschrieben wurden. So konnte die Deutsche Bank die Anonymität ihrer Kunden wahren und deren Namen selbst in die Vollmachten eintragen.

Aufarbeitung der Vergangenheit

Herr Achleitner, zu einem ernst gemeinten Kulturwandel gehört die schonungslose Aufarbeitung der Vergangenheit. Dazu die Grundsatzfrage: Wie konnte es dazu kommen, dass die Führung der Deutschen Bank bei den zahllosen Skandalen und Rechtsstreitigkeiten ihre Pflichten derart massiv verletzt hat?

Zum jüngsten Rücktritt von Georg Thoma, dem Vorsitzenden des Integritätsausschusses im Aufsichtsrat, möchte ich wissen: Hat er als Chefaufklärer die Aufarbeitung der Vergangenheit mit zu viel Eifer betrieben?

Aufsichtsratsmitglied Henning Kagermann hat sich dafür hergegeben, Herrn Thoma über die Medien zu demontieren! Herr Achleitner, warum haben Sie dagegen nichts unternommen?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.kritischeaktionaere.de/deutsche_bank/rede-von-markus-dufner/