„Heckler & Koch muss Exporte an kriegführende und menschenrechtsverletzende Staaten stoppen!“: Rede von Charlotte Kehne

Rede von Charlotte Kehne auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Heckler & Koch AG am 19.12.2019 in Rottweil
(Es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats,

mein Name ist Charlotte Kehne, ich spreche für die Organisation Ohne Rüstung Leben und die Kritischen Aktionär*innen Heckler & Koch zu den Tagesordnungspunkten 1, 4 und 5.

In den letzten Wochen überschlugen sich ja geradezu die Nachrichten und Spekulationen über die Besitzverhältnisse bei der Heckler & Koch AG. Nach und nach kamen immer mehr Tageordnungspunkte für die heutige außerordentliche Hauptversammlung dazu und der Eindruck verfestigte sich, dass hier über die Besetzung des Aufsichtsrats ein Machtkampf zwischen dem Noch-Mehrheitseigner und denen, die es werden wollen, zunehmend in die Öffentlichkeit getragen wird.

Die in diesem Kontext für die Kritischen Aktionär*innen relevante Frage ist jedoch, ob mit Veränderungen in der Besitz- und Leitungsebene ein Strategiewechsel in puncto Rüstungsexportkontrolle einhergeht. Im Hinblick auf eine Entscheidungsfindung zu den Tagesordnungspunkte 4 und 5 möchte ich dementsprechend folgende Nachfragen stellen: Gestern gab die Luxemburger Finanzholding CDE bekannt, die Mehrheit an der Heckler & Koch AG erwerben zu wollen. Eine solche Übernahme muss von der Bundesregierung genehmigt werden. Die Prüfung scheint hier noch anzudauern. Werden die von der CDE öffentlich gemachten Erwerbspläne der Heckler & Koch AG vom Aufsichtsrat unterstützt? Welche Verkaufs- beziehungsweise Erwerbsabsichten waren dem Aufsichtsrat in der Vergangenheit bekannt? Bisher geht das Unternehmen davon aus, dass im Falle eines Erwerbs „keine Änderung der strategischen Ausrichtung zu erwarten ist“. Auch CDE gibt an, den von der Geschäftsführung eingeschlagenen Weg fortsetzen zu wollen. Welche Konsequenzen würden die Mitglieder des Aufsichtsrats ziehen, wenn diese Annahme nicht eintritt?

Für die Kritischen Aktionär*innen Heckler & Koch steht fest: Wer auch immer in Zukunft Heckler & Koch leiten, kontrollieren oder besitzen wird – Kleinwaffenexporte an kriegführende und menschenrechtsverletzende Staaten müssen unterbunden werden.

Es ist bedauerlich, dass in der vergangenen ordentlichen Hauptversammlung deutlich wurde, dass die an sich begrüßenswerte Grüne-Länder Strategie augenscheinlich aufgeweicht wird. So bekennt sich Heckler & Koch zwar zu seiner „Grüne-Länder-Strategie“, wonach Waffen aus Oberndorf nur noch an Staaten geliefert werden sollen, die als „unbedenklich“ eingestuft wurden, doch offensichtlich sind darunter nicht nur NATO-, NATO gleichgestellte  und EU-Länder. Vielmehr werden neue Kriterien wie die INTERPOL-Mitgliedschaft oder eine EU-Sicherheitspartnerschaft ins Feld geführt. In Ausnahmefällen sollen nun offenbar auch Staaten wie z.B. Indonesien oder Malaysia zu „grünen Ländern“ erklärt werden. Doch diese Staaten weisen erheblich Defizite bezüglich der Ach-tung der Menschenrechte auf. Wenn Heckler & Koch die Achtung der Menschenrechte wirklich ernst nehmen würde, sollten sich Ausnahmen beispielsweise für Indonesien oder Malaysia von selbst verbieten.

Mit dieser Aufweichung der eigenen Standards schlägt Heckler & Koch einen nicht zukunftsfähigen Weg ein und wird seiner unternehmerischen Verantwortung nicht gerecht. Dass dies möglich ist, zeigt uns, dass der Aufsichtsrat seinen Kontrollpflichten offenbar nicht nachkommt. Dementsprechend schließe ich mich der Forderung des Gegenantrags von Jürgen Grässlin an, die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder entfallen zu lassen.

In Bezug auf eine Entscheidungsfindung zu den Tagesordnungspunkten 1,4 und 5 sind meine weiteren und abschließenden Fragen an den Aufsichtsrat:
– Ist Ihnen bekannt, dass das Bonn International Center for Conversion (BICC) Malaysia bezüglich 5 der 8 Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts der EU zur Rüstungsexportkontrolle als „critical“ oder „possibly critical“ einstuft, die Menschenrechtssituation als „besorgniserregend“  beschreibt und gemäß Amnesty International „Todesfälle in Gewahrsam und der exzessive Einsatz von Gewalt und Schusswaffen durch die Polizei […] weiterhin nicht geahndet [wurden]“. Ist die beschriebenen Menschenrechtssituation mit der Grünen-Länder-Strategie von Heckler & Koch vereinbar?
– Ist Ihnen bekannt, dass das Bonn International Center for Conversion (BICC) Indonesien bezüglich 6 der 8 Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts der EU zur Rüstungsexportkontrolle als „critical“ oder „possibly critical“ einstuft und Amnesty International angibt, dass „Menschenrechtsgruppen […] über rechtswidrige Tötungen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte [berichteten], und zwar hauptsächlich im Zusammenhang mit der Anwendung exzessiver Gewalt bei Massenprotesten oder im Verlauf von Sicherheitseinsätzen“? Ist die beschriebenen Menschenrechtssituation mit der Grünen-Länder-Strategie von Heckler & Koch vereinbar?
– Können Sie uns einen transparenten Kriterienkatalog nennen, nach dem bei Heckler & Koch nun die Entscheidung getroffen wird, welche Länder als „bedenklich“ und welche als „unbedenklich“ eingestuft werden?
– Wie begründen Sie die eingereichte Revision gegen das Urteil vom Landgericht Stuttgart vom 21. Februar 2019?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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