Blutiges Geschäft mit den Kriegen in Nahost: Unser Gegenantrag

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2020

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstandes die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Das Unternehmen ist unlängst dem UN Global Compact beigetreten. Die Unterzeichner bekennen sich dazu, internationale Menschenrechte zu unterstützen und zu achten sowie sicherzustellen, dass sie sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen. Dieses Bekenntnis steht jedoch in eklatantem Widerspruch zu bestimmten Aktivitäten des Konzerns.

Im Rahmen einer ehrgeizigen Wachstumsstrategie baut der Konzern seine Standorte in Krisengebieten immer weiter aus. So verfügt das Unternehmen über Standorte und Mitarbeiter in menschenrechtlich hoch problematischen Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Saudi-Arabien und auch in der Türkei. Ziel dieser Präsenzen ist es, Kunden im gesamten Nahen Osten mit luftgestützten Radaren für Kampfflugzeuge oder Sensoren für die Grenzsicherung zu beliefern. Dass Hensoldt diesen falschen Weg fortsetzen will, hat der Konzern zuletzt durch seine Mitteilung anlässlich der größten Rüstungsmesse des Mittleren Ostens, IDEX 2021, deutlich gemacht. Darin wirbt das Unternehmen mit seinen langjährigen Geschäftsverbindungen zu den vielen autokratischen Regimen in der Region und der Beteiligung an zahlreichen aktiven Rüstungsprogrammen. Die Gründung von Hensoldt Südafrika 2019 verfolgte ebenfalls das Ziel, neben dem afrikanischen Markt auch den boomenden Militärmarkt im Nahen Osten beliefern zu können.

Ende 2019, zu einem Zeitpunkt, in dem Saudi-Arabien schon seit mehreren Jahren in völkerrechtswidrige Kriegshandlungen im Jemen verstrickt war, unterzeichnete Hensoldt in Riad eine Vereinbarung mit dem saudischen Unternehmen Intra Defense Technologies zur gemeinsamen Entwicklung luftgestützter elektro-optischer Systeme, um von Flugzeugen und Drohnen aus Ziele überwachen und erfassen zu können.

Neuesten Recherchen von südafrikanischen Organisationen zur Folge setzen die saudischen Streitkräfte aktuell im blutigen Krieg im Jemen auch Überwachungsdrohnen ein, die das optische System Argos II von Hensoldt verwenden. Und die Hensoldt AG sieht in der Region offensichtlich weiteren Bedarf für das System. Nur so lässt sich erklären, dass Hensoldt dieses System auch in diesem Jahr wieder auf der IDEX 2021 ausstellte.

Außerdem ist das Unternehmen für die Instandhaltung und Wartung der Radargeräte in den Eurofighter-Kampfflugzeugen von Kuwait, Katar und Saudi-Arabien verantwortlich.

Und obwohl Hensoldt bereits für die Lieferung von Radar- und Nachtsichtgeräten zur Grenzüberwachung an Tunesien Kritik erntete, beteiligte sich der Konzern weiterhin an der Aufrüstung der Grenzen in der Mena-Region. So verkaufte der Konzern z.B. 50 Radargeräte mit einem Gesamtwert von 40 Millionen Euro an ein Land im Nahen Osten. Und auch die Küstenwache der VAE verwendet Hensoldt-Radare.

Ferner geht der Vorstand der Hensoldt AG trotz der weltweiten Corona-Pandemie und an anderer Stelle dringend benötigter Finanzmittel weiter von wachsenden Militäretats auch hierzulande aus und speziell von umfassenden Investitionen in teure Gemeinschaftsprojekte wie dem europäischen Future Combat Air System (FCAS)-Projekt oder dem Main Ground Combat System (MGCS)-Projekt. Für beide Projekte entwickelt das Unternehmen Sensorsysteme, die durch künstliche Intelligenz unterstützt werden. Angesichts der aktuellen Krise und der Notwendigkeit, in naher Zukunft die öffentlichen Haushalte wieder zu stabilisieren, ist die Strategie des Konzerns, auf steigende Rüstungsausgaben zu setzen, nicht nur gesellschaftlich höchst fragwürdig, sondern auch ökonomisch höchst riskant.

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