Rede von Christian Russau: „K+S hat erhebliche Schäden an der Umwelt zu verantworten“

BUND Hessen und Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre protestieren vor der K+S-Hauptversammlung.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich vertrete den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre e.V.. Beide Organisationen müssen auch in diesem Jahr beklagen, dass K+S weiterhin ganz erhebliche Schäden an der Umwelt zu verantworten hat. Wir sehen durchaus, dass der Vorstand seine Zusage einhält, die Probleme anzugehen. Die daraus resultierende Aufgabe bleibt wegen der jahrzehntelangen Versäumnisse aber gewaltig und ist noch nicht gelöst. Ein umweltverträgliches Entsorgungskonzept liegt weiterhin nicht vor. Wir wissen, dass daran gearbeitet wird und dass im laufenden Jahr 2019 wichtige Entscheidungen für Verbesserungsmaßnahmen anstehen.

Stand heute ist aber weiterhin, dass die Entsorgungsfrage wegen ihrer umweltpolitischen Brisanz ein unkalkulierbares Risiko für das Unternehmen K+S an der Werra darstellt. Angesichts der Tatsache, dass die Lagerstätten im hessisch-thüringischen Kaligebiet in etwa 40 Jahren erschöpft sein werden, vermissen wir weiterhin Aussagen und Planungen für die Nachbergbauphase.
Die behördlicherseits im Bewirtschaftungsplan Salz der Flussgebietsgemeinschaft Weser von den Bundesländern an Werra und Weser vorgezeichnete und in dem Vergleich von K+S mit dem BUND rechtsverbindlich vereinbarte Einstellung der Verpressung salzhaltiger Abwässer in den Untergrund zum 31.12.2021 rückt näher. Auch rückblickend war der Abschluss des Vergleichs über die Verpressungsgenehmigung aus der Sicht des BUND die richtige Entscheidung, weil damit ein deutlicher Anstoß zur Reduktion der genehmigten Verpressungsmenge verbunden war und weil der dadurch einsetzende Dialog als positiv bewertet wird.

Die zulässige Verpressungsmenge wurde in 2018 nicht ausgenutzt, u.a. weil Abwässer z.T. in nicht mehr genutzte Bergwerke entsorgt wurden. Größere Bedeutung hatte aber die Klimaerwärmung, die im vergangenen Jahr zu einer extrem langen Hitze- und Trockenperiode führte, in deren Folge in der Werra über Wochen so niedrige Wasserstände auftraten, dass die Produktion im Werk Werra zeitweilig eingestellt werden musste. Die geringere Versenkmenge war gut für das Grundwasser, hinterlässt aber wegen der Ursache „Klimawandel“ einen bitteren Beigeschmack. Völlig aus dem Blick ist die Frage geraten, wieweit und wohin sich die fast eine Milliarde Kubikmeter Salzwasser ausdehnt, die in den zurückliegenden 80 Jahren im hessisch-thüringischen Kalirevier in den Untergrund verpresst wurden. Wir wissen alle, dass dieses Abwasser aufsteigt, das Grundwasser verunreinigt und über die Grundwasserströme als sogenannte „diffuse Einleitungen“ maßgeblich zur Versalzung der Werra beitragen. Ohne ein tiefgreifendes Sanierungskonzept wird dieses Problem zu einer Ewigkeitsbelastung, die noch Jahrhunderte in der Nachbergbauphase die Umwelt schädigen wird. Dieses Szenario ewiger Umweltverschmutzungen ist für uns nicht akzeptabel. K+S steht auch hier in der Verantwortung für die Erstellung eines umfassenden und tiefgreifenden Sanierungskonzeptes.

Der Fortbestand von K+S bleibt in Deutschland unmittelbar von der Umstellung auf eine umweltgerechte Produktion und Entsorgung abhängig. Das Jahr 2018 hat gezeigt, dass Betriebsstillstand bei geringer Wasserführung in der Werra in Zeiten des Klimawandels ein wachsendes Risiko darstellt. Dieses Risiko lässt sich nur verringern, wenn die Menge salzhaltiger Abwässer aus dem Betrieb und aus den Halden immer weiter reduziert wird. Die Inbetriebnahme der Kainit-Kristallisations- und Flotationsanlage (KKF-Anlage) am Standort Hattorf des Werks Werra im Januar 2018 mit der die Abwassermenge um rund 20 % reduziert werden soll, war deshalb ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn damit zusätzliche feste Salzabfälle verbunden sind, die das Haldenproblem vergrößern. Die Gefahr, dass K+S in 2019 neuerliche Betriebsbeschränkungen erfahren wird, ist also auch wegen der unkalkulierbaren Folgen der Klimaerwärmung nicht gebannt.
Ob die vom Vorstand angestrebte Reduktion der Betriebsabwässer um eine weitere halbe Million Kubikmeter bis 2030 in ganz Deutschland genügen wird, um Betriebsstillstände an der Werra zu verhindern, bleibt abzuwarten. Zum Schutz von Natur und Umwelt ist auf jeden Fall, die schnellstmögliche Reduktion auf Null zu fordern.

Die Bedeutung der Rückstandshalden nimmt mit dem Wachstum der Halden ständig zu. Bekanntlich lösen sich die Halden durch die Niederschläge auf und das so entstehende salzhaltige Abwasser muss ebenfalls über die Flüsse entsorgt werden. Die Reduktion der Betriebsabwässer und ihre angestrebte Entsorgung in stillgelegte Kaligruben, stellt für die Werra keine Entlastung dar, wenn der Salzwasserzustrom wegen der steigenden Haldenabwässer unverändert bleibt oder sogar ansteigt.
Nach den bisherigen Planungen sollen die Haldenabwässer vor allem durch Abdeckung und Begrünung reduziert werden. Die Maßnahmen befinden sich aber weiter im Versuchsstadium. Was dort in den zurückliegenden Jahrzehnten versucht wurde, ist aus unserer Sicht gescheitert und reicht auf keinen Fall, um die nötigen Mengenzuwächse zu kompensieren. Haldenwachstum ohne Begrenzung der Haldenwässer ist für uns aber umweltpolitisch inakzeptabel. Der BUND hat deshalb die Genehmigung zur Erweiterung der Halde Hattorf beklagt, allerdings ohne ihre Ausnutzung mit einem Stoppantrag zu erzwingen. Nachdem das Genehmigungsverfahren aus unserer Sicht die Konflikte nicht gelöst hat und wir in der Genehmigung klare rechtliche Schwächen sehen, wollen wir den Schutz der Umwelt über den Umweg der Verbandsklage zunächst offen halten und letztendlich sicherstellen.

Ich komme nun zur Oberweser-Pipeline, die von der Öffentlichkeit mit großer Mehrheit abgelehnt wird und die auch der Vorstand von K+S eigentlich nicht möchte und die wir ganz entschieden ablehnen. Wir hatten gehofft, dass der Verzicht auf die Oberweser-Pipeline bereits im November 2018 hätte verkündet werden können, denn diesen Termin nennt der Bewirtschaftungsplan der Bundesländer, die die Flußgebietsgemeinschaft Weser bilden. Dass die Entscheidung auf Sommer 2019 verschoben werden musste, zeigt, dass die Alternative zur Oberweser-Pipeline, die Einstapelung der Betriebsabwässer in stillgelegte Bergwerke nicht ohne Risiko ist und behördlicherseits nicht einfach durchgewunken werden kann. Für den BUND und die Kritischen Aktionäre bleibt es auch dann bei der Forderung nach einem Verzicht auf die Oberweser-Pipeline, wenn die Einstapelung nicht zugelassen werden kann. Und wir sind uns sicher, dass wir für diese Haltung nicht nur entlang der Trasse und im Bereich der Einleitungsstelle an der Oberweser viel Unterstützung erfahren.

Abschließend möchte ich die Appelle und Forderungen wiederholen, die ich für den BUND und die Kritischen Aktionäre schon im letzten Jahr zum Abschluss meiner Rede an Sie als Aktionäre und den Vorstand richtete: Nur eine konsequente Kurskorrektur und Neuausrichtung bietet eine Chance, die Lagerstätten im Werra-Revier in den nächsten 40 Jahren wirtschaftlich erfolgreich zu nutzen. Die künftige Entsorgungs- und Sanierungsstrategie muss sich zum Ziel setzen, dass
• Werra und Weser wieder zu Süßwasserflüssen werden,
• die Abfälle aus der Kaliproduktion entweder aufbereitet und wirtschaftlich genutzt oder vollständig als Feststoffe wieder in die ausgebeuteten Bergwerke eingebaut werden und
• die vorhandenen Belastungen der Grund- und Oberflächengewässer aus der Verpressung und den bestehenden Abraumhalden durch Sanierungskonzepte reduziert werden.
Ausgehend von dieser Zielsetzung, fordern der BUND und der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre den Vorstand auf:
• Verzichten Sie auf die Oberweserpipeline! Bekennen Sie sich zur Entsorgung unvermeidbarer Produktionsabfälle in den Bergbaugebieten!
• Beenden Sie die Politik des ständigen Haldenwachstums und verpflichten Sie sich zum Versatz fester Abfälle in den ausgebeuteten Bergwerken!
• Nutzen Sie endlich alle technischen Möglichkeiten zur Eindampfung und Rohstoffgewinnung aus den salzhaltigen Abwässern!
• Stellen Sie sich ab sofort der Nachbergbauphase! Entwickeln Sie ein Sanierungskonzept, damit die Gewässerbelastungen aus dem Haldenabwasser und den verpressten Abwässern nicht zu Ewigkeitslasten, sondern verringert werden!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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