Berichtspflichten: Einheitliche Standards gegen Chaos und Willkür bei Nachhaltigkeitsberichten dringender denn je

  • Verbindliche Standards für Nachhaltigkeitsberichte stehen unter Druck
  • Kritik an Regulierung als „Bürokratie“ meist nur der Versuch, verbindliche Standards für Unternehmen weiter zu schwächen
  • Dachverband startet Umfrage unter 40 DAX-Konzernen zu Kosten der Unternehmensberichterstattung

Anlässlich der unklaren Signale der neuen EU-Kommission für die weitere Umsetzung des „European Green Deals“ herrscht bei Unternehmen große Unsicherheit mit Blick auf die gerade erst beschlossenen Standards. Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre fordert die politischen Parteien auf, sich im Bundestagswahlkampf klar zu einheitlichen und verbindlichen Standards sowie den Zielen des European Green Deals zu bekennen.

„Aktuell herrscht Chaos und Willkür, ob, was und wie Unternehmen über ihren Einfluss auf Mensch, Umwelt und Klima berichten sollen. Einheitliche EU-Standards bringen hier einen deutlichen Mehrwert, auch gegen Greenwashing“, erläutert Tilman Massa, Co-Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. „Eine fundierte, verbindliche und einheitliche Berichterstattung über Maßnahmen und Fortschritte von Unternehmen bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele ist nicht nur für zivilgesellschaftliche Organisationen besonders wichtig, sondern auch für Investoren, Medien und nicht zuletzt für die Unternehmen selbst. Die Einordnung und Bewertung der Leistung und Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeit ist sonst schwer möglich.“

Unter dem Deckmantel der Forderung einiger Wirtschaftsverbände, Bürokratie abschaffen zu wollen, droht aktuell, dass wichtige Errungenschaften bei der Etablierung von einheitlichen Standards für sozial-ökologische Unternehmensverantwortung, Offenlegung und Maßnahmen gegen Greenwashing rückgängig gemacht werden.

Unternehmen brauchen langfristige Klarheit und Rechtssicherheit, um beispielsweise ihre Geschäftsmodelle entsprechend der Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens anzupassen. Aktuell drohen diejenigen Unternehmen, die sich ernsthaft um mehr Transparenz und Verantwortung für die sozial-ökologischen Auswirkungen ihrer Geschäftsmodelle bemühen, gegenüber denjenigen benachteiligt zu werden, die am (klima-)schädlichen Status Quo der Intransparenz und Willkür in der Berichterstattung festhalten möchten.

Der Dachverband mahnt eine sachliche Debatte um verbindliche Rahmenbedingungen für Transparenz, Sorgfalts- und Rechenschaftspflichten für Unternehmen an. Er fordert auch die Unternehmen selbst und ihre Verbände dazu auf, die Notwendigkeit und Vorteile einheitlicher Standards für einen fairen Wettbewerb öffentlich zu benennen.

Bisher gab es keine verbindlichen Vorgaben für Nachhaltigkeitsberichte. Deswegen sollte seriöse Kritik an den anfallenden Kosten in Relation zu den bisherigen und langfristig anfallenden Kosten sowie den allgemeinen Kosten der Finanzberichterstattung geäußert werden.

Umfrage zu den wirklichen Kosten der Berichterstattung

Derzeit stellen viele Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsberichte um auf die neuen Vorgaben der EU im Rahmen des European Green Deals – konkreter: die Umsetzung der neuen EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, CSRD. Die Einführung bzw. Umstellung mag zunächst zusätzliche Kosten verursachen, die aber im Blick auf ihren langfristigen Nutzen verhältnismäßig und gerechtfertigt sind. Doch wie hoch diese Kosten tatsächlich für verschiedene Großunternehmen sind, insbesondere im Vergleich zu sonstigen Kosten der Finanzberichterstattung, ist derzeit schlicht nicht bekannt.

Daher hat der Dachverband nun eine entsprechende Umfrage an die Aktiengesellschaften im DAX 40 gestartet, um die aufkommende Diskussion zu den Kosten und Nutzen von Nachhaltigkeitsberichten auch auf den Hauptversammlungen in diesem Jahr sachlich und fundiert führen zu können. Die Ergebnisse wird der Verband möglichst vor der Bundestagswahl veröffentlichen.

Der Dachverband weist darauf hin, dass Unternehmen selbst am besten aus der Praxis heraus auf unnötige Bürokratie hinweisen können und dies auch öffentlich tun sollen. Dabei jedoch die Rücknahme oder Aussetzung etwa von einheitlichen Berichtspflichten oder dem Lieferkettengesetz zu fordern, wird einer seriösen und konstruktiven Kritik nicht gerecht. Schließlich haben viele Unternehmen, darunter auch DAX-Unternehmen wie Bayer, einheitliche Standards etwa bei menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten auf EU-Ebene gefordert.

Deswegen fordert der Dachverband der Kritischen Aktionäre und Aktionärinnen von Unternehmen und Politik eine konstruktive, transparente Debatte über die Vorteile und Herausforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung, die wichtige Errungenschaften der Transparenz in der sozial-ökologischen Unternehmensverantwortung bewahrt.

Kontakt:

Tilman Massa, Co-Geschäftsführer Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre
E-Mail: dachverband[at]kritischeaktionaere.de
Telefon: 0221 599 56 47

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