Halten sich deutsche Unternehmen freiwillig an menschenrechtliche Standards? Leider nein. Trotz der niedrigen Anforderungen des sogenannten „NAP-Monitorings“ schaffen es nur 22 Prozent der Unternehmen, diese zu erfüllen. Die Ansage der Bundesminister Heil und Müller ist klar: Jetzt soll das Lieferkettengesetz kommen. Die Bundeskanzlerin hat sich hinter die Pläne gestellt.
Sie hatten wirklich alles gegeben: In zahlreichen Schreiben und Treffen mit dem Wirtschaftsministerium hatten die Wirtschaftsverbände versucht, die Anforderungen und Methodik des „NAP-Monitorings“ abzuschwächen – jener Unternehmensbefragung, mit der die Bundesregierung herausfinden wollte, ob sich die Unternehmen freiwillig an menschenrechtliche Standards halten.
Teilweise hatten die Verbände mit ihrer Verwässerungs-Strategie sogar Erfolg: Das zeigt das Briefing „Verwässern, verzögern, verhindern: Wirtschaftslobby gegen Menschenrechte“ der Initiative Lieferkettengesetz. Doch am Ende nützte es alles nichts: Das Ergebnis der Befragung, das die Bundesarbeitsminister Heil und Bundesentwicklungsminister Müller auf ihrer Pressekonferenz am 14. Juli 2020 verkündeten, war ernüchternd. Nur 22 Prozent der befragten Unternehmen hatten es geschafft, den Anforderungen nachzukommen.
Dieses Ergebnis macht gleich doppelt fassungslos: Erst tut die Wirtschaftslobby alles dafür, dass die Anforderungen für die Befragung möglichst niedrig sind – und dann scheitern die Unternehmen selbst daran? Die Bundesregierung hat nun schwarz auf weiß, was wir schon lange betonen: Wenn es um Menschenrechte geht, kommen wir mit freiwilligen Selbstverpflichtungen von Unternehmen einfach nicht weiter.
Der Koalitionsvertrag ist für diesen Fall eindeutig und sieht eine nationale Gesetzgebung vor. Es ist daher nur konsequent, dass die beiden Minister auf ihrer Pressekonferenz angekündigt haben, ein Lieferkettengesetz nun zügig voranzutreiben. Denn Menschenrechte können einfach nicht länger warten! Die Bundeskanzlerin hat sich heute hinter diese Pläne gestellt. Mehr als 200.000 Menschen haben die Petition an die Kanzlerin bereits unterzeichnet – das zeigt offenbar Wirkung. Es wäre ein großer Erfolg für die Menschenrechte!
Klar ist aber auch: Damit ein Lieferkettengesetz wirkt, muss es bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Dazu gehört, dass es neben menschenrechtlichen auch umweltbezogene Sorgfaltspflichten umfassen muss. Denn Umweltschutz und der Schutz von Menschenrechten gehören zusammen! Außerdem muss ein Lieferkettengesetz klare Haftungsregeln enthalten – sonst wird es ein Papiertiger. Wenn ein Unternehmen keine angemessenen Sorgfaltsmaßnahmen ergriffen hat und deswegen ein Schaden eintritt, dann muss das Unternehmen dafür geradestehen und Geschädigten Schadensersatz zahlen. Verantwortlich wirtschaftende Unternehmen dagegen haben durch ein solches Gesetz nichts zu befürchten. Deshalb unterstützen nicht nur über 100 zivilgesellschaftliche Organisationen unsere Initiative, sondern auch über 60 Unternehmen.
Der Verabschiedung eines ambitionierten Lieferkettengesetzes sind wir ein großes Stück nähergekommen. Umso weniger dürfen wir jetzt lockerlassen: Noch bis Ende Juli könnt ihr die Petition der Initiative Lieferkettengesetz unterzeichnen!