Zu Tagesordnungspunkt 2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die von der Verwaltung vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns abzulehnen.
Begründung:
Obwohl MTU Aero Engines massiv von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen ist, deren nachhaltige Bewältigung hohe Investitionen verlangt, wird der Bilanzgewinn vollständig als Dividende ausgeschüttet. Zumindest ein Teil des Bilanzgewinns sollte für eine zukunftsorientierte, sozial gerechte Krisenbewältigung genutzt werden.
Bisher tragen vor allem die Beschäftigten von MTU und die Gesellschaft dazu bei, dass überhaupt eine Dividende gezahlt werden kann. 2020 waren zeitweise 80 Prozent der MTU-Beschäftigten in Kurzarbeit. Trotzdem sollen nun 1000 bis 1200 Stellen gekürzt werden. Die Folgen der Pandemie, die für MTU durch Kurzarbeitergeld staatlicherseits abgefedert worden sind, werden so sozialisiert, während Gewinne nun privatisiert werden sollen.
Denn: Das Kurzarbeitergeld ist derzeit de facto steuerfinanziert und eine weitere Unternehmenshilfe in der Corona-Krise. Die Leistungen wurden erhöht und zum Beispiel die Arbeitgeber-Sozialabgaben erstattet, wodurch aufgrund der hohen Nachfrage schon längst die Bundesregierung erheblichen Liquiditätshilfen für die Bundesagentur für Arbeit bereitstellen musste. Bevor MTU also den Gewinn vollständig ausschüttet, sollte zuerst die Summe an den Staat zurückgezahlt werden, die MTU durch Kurzarbeit einsparen konnte. Ansonsten dienen die Steuergelder, die eigentlich Beschäftigung sichern sollten, auch zur Finanzierung der vorgeschlagenen Dividende.
Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2020
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.
Begründung:
MTU bekennt sich im jüngsten Geschäftsbericht zu „verantwortungsvoller Außenwirtschaft“ und konkret dazu, Menschenrechtsverletzungen und Lieferungen militärischer Güter in Krisengebiete verhindern zu wollen. Dennoch hält der Konzern in der Praxis an Lieferungen in Krisengebiete fest und gibt an, sich weiter für entsprechende Exportaufträge einzusetzen.
Riskantes Wetten auf steigende Rüstungsausgaben
Des Weiteren konnten ökonomische Krisenauswirkungen, gerade im militärischen Bereich, v.a. auch durch umfassende staatliche – also steuerfinanzierte – Neuaufträge wie die Bestellung für 38 neue Eurofighter und Erstaufträge für die Triebwerksentwicklung des Luftverteidigungssystems Future Combat Air Systems (FCAS) abgefangen werden. Angesichts der aktuellen Krise und der Notwendigkeit, in naher Zukunft die öffentlichen Haushalte wieder zu stabilisieren, ist es für den Konzern ökonomisch riskant, auf steigende Rüstungsausgaben zu setzen.
Abgesehen davon ist es mehr als fragwürdig, ob knappe, dringend benötigte öffentliche Finanzmittel in den Rüstungssektor fließen sollten. MTU-Triebwerke werden immer wieder in Kampfflugzeugen genutzt, die in den Kriegen dieser Welt eingesetzt werden.
Neben Antrieben für die Eurofighter liefert MTU Komponenten für weitere Kampfflugzeuge wie z.B. die F-16-Jets von Lockheed Martin oder die F-15-Jets und die F-18-Super Hornets von Boeing zu. Diese Flugzeuge werden erwiesenermaßen auch in Länder exportiert, die Demokratie und Menschenrechte außer Acht lassen und in Kriege verstrickt sind.
MTU-Technik bei Bombardements von zivilen Einrichtungen im Jemen
Aktuell beginnen die Auslieferungen der ersten von 28 bestellten Eurofightern an Kuwait. In den nächsten Jahren sollen weitere 28 F18 Super Hornets folgen. Beide arbeiten mit MTU-Technik. Kuwait hat sich an mindestens 3.000 Flügen am von Saudi-Arabien angeführten Luftkrieg im Jemen beteiligt. Auch in den Triebwerken der bereits eingesetzten F18-Kampfjets stecken MTU-Komponenten.
Parallel „arbeitet“ MTU „kontinuierlich“ daran, dass ein aktuell auf Eis liegender Auftrag zur Lieferung von 48 weiteren Kampfflugzeugen von Großbritannien aus nach Saudi-Arabien umgesetzt werden kann – trotz Exportstopps der Bundesregierung. Ein solcher Auftrag ist mit dem eigenen MTU-Anspruch einer „verantwortungsvollen Außenwirtschaft“ unvereinbar. Zwischen 2009 und 2017 hat Großbritannien bereits 72 Eurofighter an Saudi-Arabien geliefert, die im Jemen zum Einsatz kommen und das Land in Schutt und Asche bomben.
Fast 23.000 Luftangriffe der saudisch-geführten Kriegsallianz sind seit Kriegsbeginn 2015 gezählt worden, immer wieder kommen Zivilist*innen bei den Angriffen zu Tode. Fast ein Drittel der Bombardements traf zivile Einrichtungen wie Schulen, Gesundheitszentren und Krankenhäuser oder Einrichtungen der Lebensmittel- und Wasserversorgung. Die von den Saudis vor kurzem angekündigte Waffenruhe hat bisher noch nicht dazu geführt, dass die Zahl der Luftangriffe zurückgeht. Im März wurden laut Yemen Data Project in 37 Fällen nicht-militärische Ziele attackiert.
Mit seinen Triebwerks-Zulieferungen trägt MTU so in unverantwortbarer Weise zur weiteren Aufrüstung von Kriegsparteien bei und trägt Verantwortung für die damit einhergehenden Menschenrechtsverletzungen.
Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge droht
Mit solchen Geschäften geht der Vorstand nicht nur ein immer größeres Reputationsrisiko ein, sondern kann bald auch Strafzahlungen aufgrund unzureichender menschenrechtlicher Risikoanalyse nicht mehr ausschließen. Das geplante Sorgfaltspflichtengesetz der Bundesregierung bezieht sich nicht nur auf die Einhaltung von Menschenrechten entlang der Rohstoff-Lieferketten von MTU, sondern auf die vollständige Wertschöpfungskette. Das geplante Gesetz bezieht sich auf alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zu der Lieferung an den Endkunden. Sollte MTU in Zukunft nicht hinreichend nachweisen können, menschenrechtliche Risiken nicht angemessen und proaktiv zu minimieren, droht MTU sogar der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge. Spätestens jetzt sollte der Vorstand das finanzielle Risiko von Lieferungen in Kriegs- und Krisengebiete, in denen systematisch Menschenrechte missachtet werden, ernst nehmen.
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[…] In unseren Gegenanträgen kritisieren wir Rüstungslieferungen in Krisengebiete und die Dividendenzahlung trotz Stellenabbau und Kurzarbeit. […]