Gegenantrag

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der Münchener Rück AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten einzuhalten. Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, einen wirksamen Beitrag zum Erreichen der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens, der UN-Nachhaltigkeitsagenda 2030 und des UN Global Compact zu leisten, zu denen sich die Münchener Rück AG bekannt hat.

Klimastrategie nicht konsequent und langfristig

Die von der Münchener Rück AG im letzten Jahr veröffentlichte Klimastrategie ist ein positiver erster Schritt. Für eine konsequente Dekarbonisierung und die Erreichung der Pariser Klimaziele ist sie jedoch nicht hinreichend. In Ländern mit unter 90 Prozent Stromversorgung kann der Neubau von Kohlekraftwerken weiterhin ausnahmsweise noch versichert werden. Die Rückversicherung wird zudem nur für Einzelrisiken ausgeschlossen, nicht jedoch für Portfolien, in denen Kohle enthalten sein kann.

Eine Langfriststrategie zum vollständigen Ausstieg aus der Kohle fehlt sowohl im Investitions- als auch im Versicherungsbereich, andere fossile Energieträger werden gar nicht erwähnt. Kohleunternehmen, die unter 30 Prozent ihres Umsatzes mit Kohlegewinnung und -verstromung erzielen, können auch dann im Portfolio verbleiben, wenn sie den Neubau von Kohlekraftwerken planen und damit ihren Anteil erhöhen sowie den Klimawandel forcieren. Für eine konsequente Klimaschutzstrategie müssen diese Schlupflöcher, die weiterhin die Unterstützung der Kohle- und anderer fossiler Industrien erlauben, dringend gestopft werden.

Verstoß gegen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten bei der Rückversicherung von Staudämmen

An dem von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen seit langem scharf kritisierten Staudamm Hidroituango, der bei Fertigstellung der größte Kolumbiens werden soll, kam es Ende Mai 2018 zu ersten Komplikationen. Am 28. April fiel der zentrale Umleitungstunnel der Baustelle für den Fluss Cauca aus; nach schweren Regenfällen war er durch Erdrutsche, Bäume und Murenabgänge verstopft worden. Der zweite Umleitungstunnel war zuvor von der Baufirma zubetoniert worden. Da die Staumauer von Hidroituango schon stand, stieg das Wasser bedrohlich weiter an und flutete erste angrenzende Siedlungen. Am 12. Mai 2018 brach das auch in den Tunneln angestaute Wasser abrupt durch, so dass die anschließende Flutwelle weitere Landfläche flutete, Ortschaften zerstörte, einen Millionenschaden erzeugte und eine großflächige Evakuierung der bedrohten Bevölkerung notwendig machte. Die über 20.000 Betroffenen wurde bis heute nicht angemessen entschädigt.

Die Münchener Rück AG hat für den Katastrophenstaudamm Hidroituango einen Teil der Rückversicherung übernommen und muss nun für die entstandenen Zerstörungen rund um das umstrittene Wasserkraftwerk Hidroituango eine dreistellige Millionensumme bezahlen. Den Fall „Hidroituango“ verbucht die Münchener Rück laut Geschäftsbericht unter „von Menschen verursachten Großschäden“ (S. 56) und stellt den „größten Einzelschaden“ dar.

Dabei hätte die Münchener Rück es vorher besser wissen können: Deutsche Menschenrechtsorganisationen und die kolumbianische Organisation „Rios Vivos“ haben seit Jahren vor den Folgen des Großprojekts Hidroituango für Menschen und Umwelt ausdrücklich gewarnt und dabei auch deutsche Firmen und Politik mit Nachdruck aufgefordert, sich nicht an diesem Projekt zu beteiligen.

Proteste gegen das Staudammprojekt Hidroituango in Kolumbien
Foto: alianzademediosalternativos.blogspot.com

Dabei ist es nicht das erste Mal, dass die Munich Re sich an umstrittenen Großstaudammprojekten beteiligt, die die Menschenrechte der lokalen Bevölkerung missachten und die Umwelt zerstören. Seit 2013 haben unsere NGO-Netzwerke direkt auf den Aktionärsversammlungen der Münchener Rück gegen die Rückversicherungsleistung für die Staudämme Belo Monte, Santo Antonio oder Teles Pires in Brasilien protestiert und die Beteiligung von Tochtergesellschaften an den Versicherungsdienstleistungen für den nicht minder umstrittenen kolumbianischen Staudamm Hidrosogamoso kritisiert. Ein an Nachhaltigkeitskriterien und an Menschenrechtskonventionen orientiertes und dabei robustes ESG-Management lässt die Munich RE noch immer vermissen.

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