• Neue Kohle-Regeln: Mehr Klimaschutz möglich und nötig
• Staudamm-Desaster in Kolumbien Beleg für mangelnde ESG-Prüfungen
• Zuvor scharf kritisiertes Projekt verursacht „größten Einzelschaden“
Auf der morgigen Hauptversammlung des Rückversicherers Munich Re konfrontieren Vertreter*innen der NGOs urgewald, Dachverband der Kritischen Aktionär*innen und Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit das Management mit den Folgen seiner Geschäfte.
Trotz massiver Kritik von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen hatte der Konzern einen Teil der Rückversicherung für den Staudamm Hidroituango im Norden Kolumbiens übernommen – nach Fertigstellung soll er der größte Staudamm des Landes sein. Ende April 2018 wurde durch einen Erdrutsch einer der Entlastungstunnel an der Staumauer verstopft und am Folgetag durch den Druck des sich aufstauenden Wassers wieder frei gespült. Eine riesige, unkontrollierte Flutwelle entstand. Sie riss eine Brücke sowie die Hütten der Goldwäscher*innen an beiden Ufern mit sich und zerstörte das Dorf Puerto Valdivia. Munich Re verbucht den Fall im Geschäftsbericht als „größte(n) Einzelschaden“ und muss laut eigenen Angaben „eine dreistellige Millionensumme“ bezahlen.
„Es gibt bis heute Menschen, die notdürftig in Hallen untergebracht sind und keine Entschädigungen erhalten haben. Neue Bauten für die Betroffenen haben teilweise Mängel oder wurden nicht fertiggestellt“, kritisiert Alejandro Pacheco vom Ökumenischen Büro für Frieden und Gerechtigkeit in München. „Als Konzern, der sich den Global-Compact-Prinzipien der Vereinten Nationen angeschlossen hat, sollte sich Munich Re für zügige Entschädigungen einsetzen. In Zukunft sollte der Konzern keine Großstaudämme mehr rückversichern.“
Christian Russau vom Dachverband Kritischer Aktionär*innen ergänzt: „Munich Re hätte es einmal wieder besser wissen können. Wir haben zusammen mit kolumbianischen Aktivisten seit Jahren vor den Folgen des Projekts Hidroituango gewarnt. Der Konzern sollte den Großschaden zum Anlass nehmen, um sein ESG-Management deutlich zu schärfen.“
Auch beim Klimaschutz könnte Munich Re im Vergleich mit Konkurrent Swiss Re aus der Schweiz noch viel mehr tun als heute. Anfang August 2018 kündigte Konzernchef Joachim Wenning nach einer Kampagne von urgewald, Unfriend Coal und Avaaz an keine neuen Kohlekraftwerke und –minen mehr in Industrieländern zu versichern.
„Wir haben uns gefreut, dass der Konzern den Klimaschutz ins Kerngeschäft geholt hat. Leider bleiben Schlupflöcher“, kritisiert Regine Richter, Energie-Campaignerin bei urgewald. Der Konzern schließe lediglich die Absicherung von Einzelprojekten wie Kohlekraftwerken oder –minen aus. Fossile Unternehmen können nach wie vor ganze Pakete von Erstversicherungen rückversichern lassen – auch wenn sich darin beispielsweise Kohlekraftwerke oder Erdölprojekte befinden. „Uns läuft beim Klimaschutz die Zeit davon. Munich Re könnte sehr helfen, indem sie hier konsequenter wird und ihre Richtlinie ausweitet“, so Richter.
Weitere Informationen:
Übersicht zu Klimaschutzrichtlinien großer Versicherer (Stand: Dez. 2018)
Kontakt:
Moritz Schröder-Therre, Pressesprecher urgewald:
0176/64079965, moritz[at]urgewald.org