Rede von Barbara Happe

Sehr geehrte Aktionäre und Aktionärinnen, sehr geehrte Vorstände,

mein Name ist Barbara Happe – ich spreche heute für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

2016 war für Rheinmetall Defense beim Blick auf die reinen Geschäftszahlen ein bombiges Jahr: Umsatzsteigerung von 13% auf fast 3 Mrd. Euro, sehr hoher Auftragsbestand, der doppelt so hoch liegt wie der aktuelle Jahresumsatz; im Bereich Munition gar eine Umsatzsteigerung um 25%!

Auch Sie geben zu, Herr Papperger, so „rosig“ waren die Zeiten für die „Defense“-Sparte Ihres Konzerns selten. Sie sprechen davon, dass ihr Konzern „vom weltweit wachsenden Bedarf an Produkten zur Gefahrenabwehr“ profitiere. Besonderes Wachstumspotential sehen Sie dabei weiterhin in der MENA[1]-Region. Die Geschäfte mit Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Kuwait haben auch im vergangenen Geschäftsjahr die Kassen von Rheinmetall klingen lassen. Im Geschäftsbericht werden für die MENA-Region folgende Geschäfte exemplarisch genannt:

  • Lieferung von Munition im Wert von 400 Mio. Euro
  • Lieferung eines Flugabwehrsystems (ebenfalls fast 400 Mio. Euro)
  • Lieferung geschützter Radfahrzeuge
  • Lieferung von Leo-2-Panzer-Komponenten.

Sie halten also weiter an der Strategie fest, v.a. dorthin zu liefern, wo autoritäre Staatschefs viel Geld für Rüstung ausgeben und das ist aktuell die MENA-Region.  Dass Menschenrechte in diesen Ländern oft mit Füßen getreten werden, lassen Sie außen vor.

Dabei ist die Lage in der MENA-Region mehr als besorgniserregend: Rekordzahlen von Hinrichtungen in S-A, Niederschlagung von Demonstrationen und Aufständen im In- wie Ausland und nicht zuletzt das rücksichtslose Vorgehen der Saudis und der gesamten Golf-Allianz gegen Zivilisten im Jemen-Krieg, der gerade zu einer furchtbaren Hungerkatastrophe führt.

All die schrecklichen Schlagzeilen lassen Sie dennoch nicht an der Verlässlichkeit der Zusammenarbeit mit den MENA-Staaten zweifeln. Das ist ein Skandal!

In der MENA-Region wütet ein Flächenbrand. Gewalttätige und teure, politische sowie religiöse Kämpfe innerhalb von und über Grenzen hinaus allerorten. Diesen Brand kann man aber sicherlich nicht dadurch löschen, dass man immer weiter Öl ins Feuer gießt und die Herrscher dort immer weiter aufrüstet und ihnen sogar dabei hilft, eigene Rüstungsindustrien aufzubauen. Damit verlieren Sie doch komplett die Kontrolle darüber, was mit von Ihnen mitentwickelten Rüstungsgütern geschieht und wo sie eingesetzt werden.

Als Entschuldigung geben Sie nur salopp an, Sie seien ja Unternehmer und kein Politiker. Und als Unternehmer gehe es schließlich um Wachstum und um Profite. Darum geht es in der freien Wirtschaft natürlich auch. Aber wirklich um jedem Preis?

Durch unkontrollierbare Aufrüstung von Autokraten tragen Sie ganz sicher nicht zur Gefahrenabwehr und Friedenssicherung bei!

FRAGEN:

  • Mit welchen Ländern der MENA-Region haben Sie im abgelaufenen Geschäftsjahr die o. g. Vertragsabschlüsse (Munition, Flugabwehrsystem, Radfahrzeuge, Lieferung von Leo-2-Komponenten) erzielt?
  • Im Geschäftsbericht findet man eine Liste von Ländern, in denen Rheinmetall aktuell Standorte und z.T. Rüstungsproduktionsstätten unterhält. Mit welchen weiteren Ländern sind bereits Vereinbarungen getroffen worden, gemeinsam Produktionsstätten aufzubauen bzw. befinden sich bereits Produktionsstätten im Aufbau?
  • Rheinmetall hat in der Vergangenheit auch einige Gefechtsübungszentren in der MENA-Region mit aufgebaut. Wie viele Gefechtsübungszenten in welchen Ländern hat RM in den letzten fünf Jahren mit aufbauen geholfen?
  • In welchem Umfang war deutsches Personal oder die Bundeswehr beim Aufbau mit tätig und mit welchen Aufgaben?
  • Wie viele Personen sind in den Gefechtsübungszentren nach Kenntnis von Rheinmetall bisher insgesamt ausgebildet worden?
  • Ende letzten Jahres hat RM die Genehmigung erhalten, ein Gefechtsübungszentrum in ein Land der MENA-Region zu liefern. Trifft es zu, dass es sich dabei um die VAE handelt? Inwiefern konnten die Kunden im Vorfeld des Geschäftsabschlusses das Truppenübungszentrum in Deutschland besichtigen? Inwiefern gab es dabei eine Unterstützung durch die Bundeswehr?

Sehr geehrte Vorstände von Rheinmetall, beerdigen Sie ENDLICH Ihre Verkaufs- und Expansionsstrategie in Richtung Krisenherde dieser Welt  –  ein unkontrolliertes Hochrüsten von Pulverfässern kann keinen sinnvollen Beitrag zum Frieden leisten. Dividenden und Arbeitsplätze dürfen nicht länger auf Kosten von Krieg und Flucht gesichert werden.

[1]          MENA: Mittlerer Osten und Nordafrika

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