Gegenanträge von ‚Alle Dörfer bleiben!‘

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Zu Tagesordnungspunkt 3, Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2018

Den Mitgliedern des Vorstandes wird die Entlastung verweigert.

Begründung:

Die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung hat im Januar 2019 ein festes Enddatum für die Braunkohleverstromung empfohlen. Mit diesem durch die Politik noch umzusetzenden Beschluss ist das Ende der Energiegewinnung aus Kohle nicht mehr nur vorgezeichnet, sondern zu einem Faktum geworden, an welchem sich die wirtschaftlichen Planungen der nächsten Jahrzehnte ausrichten müssen. Dabei ist klar: Energieerzeugung ist auch erneuerbar möglich und ein Kohleausstieg unbedingt notwendig, um das 1,5°C-Ziel einhalten zu können.

Trotzdem beharrt der Vorstand der RWE AG nach wie vor auf der langfristigen Alternativlosigkeit der Kohle für die deutsche Energieversorgung und setzt damit die Fehlentscheidungen der letzten Jahrzehnte fort. Seit die Kohlekommission ihre Empfehlungen der Politik vorgelegt hat, beschleunigt RWE den Abriss der bedrohten Dörfer an den Tagebauen Garzweiler und Hambach und verstößt damit aktiv gegen den Geist des Kohleausstiegplans. Anstatt die politische Umsetzung des Kohlekompromisses abzuwarten will die RWE AG offenbar Fakten schaffen, bevor die Empfehlungen gesetzlich wirksam werden und vertreibt so weiter tausende Menschen aus ihrer Heimat.

Sozialverträglichkeit ist nicht gewährleistet

Mehr als 40.000 Menschen wurden im Rheinischen Revier bereits wegen des Braunkohletagebaus zwangsumgesiedelt. Häuser, Kirchen, Wälder und fruchtbares Ackerland wurden vernichtet. Nun sollen auch noch die Bewohner von Berverath, Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich, Manheim und Morschenich ihre Heimat verlieren.

Viele Dorfbewohner, die Tag für Tag erleben, wie RWE in ihrer Nachbarschaft Häuser abreißt und die Vorbereitungen für den Kohleabbau vorantreibt, empfinden das Vorgehen des Konzerns als Psychoterror, der sie zum Verlassen ihrer Heimat zwingen soll. RWE-Mitarbeiter bohren direkt neben Wohnhäusern, unter dauerhafter Lärm-, Licht- und Schmutzbelästigung; sie schlagen für eine Umgehungsstraße, die möglicherweise nie gebraucht wird, eine breite Schneise durch einen Wald, und legen auf Privatgrundstücken, die RWE noch gar nicht gehören, „aus Versehen“ Gräben und Wälle an.

RWE verhandelt über den Verkauf von Grundstücken mit jedem Eigentümer geheim. Dadurch werden Dorfbewohner gegeneinander ausgespielt und Misstrauen geschürt. Die Entschädigungsangebote von RWE sind häufig unzureichend und ermöglichen es vielen Bewohnern nicht, adäquaten Ersatz für ihr altes Grundstück zu erwerben. Landwirte und Tierhalter erhalten so wenig Flächen, dass sie nicht an der gemeinsamen Umsiedlung teilnehmen können, ohne ihren Beruf aufzugeben. Besonders ältere Menschen werden durch eine Zwangsumsiedlung entwurzelt und ihrer gewohnten Umgebung beraubt. Es gibt Fälle, in denen die Entwurzelung älteren Menschen so zugesetzt hat, dass sie während oder kurz nach der Zwangsumsiedlung verstorben sind.

RWE betont in jeder Pressemitteilung die Sozialverträglichkeit der Umsiedlungen. Die betroffenen Menschen müssen allerdings ganz klar feststellen: Die viel zu geringe Flächenentschädigung und die perfiden psychologischen Methoden, die RWE anwendet, um Betroffene zum „freiwilligen“ Verkauf ihres Grundstückes zu drängen, sind nicht sozialverträglich.

Fatale Außenerscheinung von RWE

Das Jahr 2018 war erneut geprägt durch eine Häufung weltweiter Wetterextreme. Gleichzeitig hat sich in weiten Teilen der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Dringlichkeit zügiger Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise entwickelt. Der Konsens über die Notwendigkeit einer sofortigen Reduzierung insbesondere der CO2-Emissionen bezieht nahezu alle gesellschaftlichen Lager mit ein. In dieser Situation, im Spätsommer des vergangenen Jahres, betrieb der RWE-Vorstand, ungeachtet eines kurz vor dem Abschluss stehenden Gerichtsverfahrens beim OVG Münster, weitere Vorbereitungen für die im Herbst 2018 geplanten Rodungen im Hambacher Wald.

„Eine vorübergehende Aussetzung der für Oktober 2018 geplanten Rodung im Tagebau Hambach würde bereits kurzfristig die Fortführung des Tagebaus und damit die Stromerzeugung der Kraftwerke Niederaußem und Neurath in Frage stellen“, behauptete RWE-Vorstandsvorsitzender Rolf Martin Schmitz in einem Schreiben an die Mitglieder der Kohlekommission.

Drei Viertel der Deutschen sprechen sich für einen zügigen Kohleausstieg aus. Unterstützt von Eltern, Lehrern, Kirchen und weit über 20.000 Wissenschaftlern, demonstriert FridaysForFuture für eine klimagerechte Zukunft. Wir erleben eine Mobilisierung für den Klimaschutz, die das Potenzial hat, innerhalb kürzester Zeit überfällige politische Weichenstellungen herbeizuführen.

In seiner Stellungnahme zum Abschlussbericht der Kohlekommission bezeichnet RWE-Chef Schmitz den angestrebten Zeitpunkt für den endgültigen Kohleausstieg als „deutlich zu früh“. „Zukunft. Sicher. Machen.“ ist damit nichts als eine leere Floskel. RWE entzieht sich seiner gesellschaftlichen und politischen Verantwortung und gerät angesichts eines unbeirrten Festhaltens an der Kohle zunehmend ins Abseits.

Zu Tagesordnungspunkt 4, Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 2018

Den Mitgliedern des Aufsichtsrates wird die Entlastung verweigert.

Begründung:

Der Aufsichtsrat der RWE AG nimmt seine Kontrollpflichten gegenüber dem Vorstand nicht hinreichend wahr. Die fortgesetzten kontraproduktiven Äußerungen des Vorstands zu den Bemühungen um einen Kompromiss für den Kohleausstieg wurden nicht korrigiert. Ebenso wenig wurde der unverändert hohe Anteil der Braunkohle am RWE-Strommix reduziert.

Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat seine Aufgabe, die Ausgestaltung und Implementierung der Corporate Compliance durch den Vorstand zu überwachen, nicht hinreichend erfüllt. In seiner konzerneigenen Compliance verkündet RWE: „Respekt gegenüber Mitmenschen und Umwelt bilden die Grundlage unseres unternehmerischen Handelns“. „[Wir legen] großen Wert auf ein […] ethisch einwandfreies Verhalten und Handeln“. „Wir sind uns unserer Rolle in der Gesellschaft […] bewusst“. Ein Energiekonzern der auch im Jahr 2018 noch 80% des Stroms durch Verbrennung von fossilen Energieträgern erzeugt, der Menschen aus ihrer Heimat vertreibt und uralte Wälder, Dörfer und Kirchen vernichtet, um nach Braunkohle zu graben, der in Zeiten einer drohenden Klimakatastrophe gigantische Mengen an Treibhausgasen emittiert, der handelt konträr zur eigenen Compliance.

Technologische Dinosaurier

Wie schon in der Vergangenheit bleibt die Abhängigkeit von der Kohle bei RWE bestehen. Der Stromanteil aus erneuerbaren Energien wird nach dem in 2018 vollzogenen Tauschgeschäft mit E.ON nicht durch eine zukunftsorientierte Unternehmensentwicklung gesteigert. Im Kern bleibt die RWE-Ausrichtung stark kohlelastig und lässt angesichts der technologischen Entwicklungen den erforderlichen unternehmerischen Weitblick vermissen. Statt über einen sich verändernden Strommarkt und eine Verteuerung der CO2-Zertifikate zu klagen, sollten endlich Investitionen im Bereich der regenerativen Energien und der Stromspeicherung in nennenswerten Maßstäben vorgenommen werden. Hier muss der Aufsichtsrat einen neuen unternehmerischen Kurs einfordern. Wie wir aus der Vergangenheit wissen, haben nicht nur die Dinosaurier ein trauriges Ende gefunden.

Der Aufsichtsrat der RWE AG ist nun gefordert, dem Vorstand neue Richtlinien für ein nachhaltiges Konzernhandeln vorzugeben. In den kommenden Jahren haben wir die letzte Gelegenheit, einen Wandel hin zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Lebensweise in friedlichem gesellschaftlichem Konsens zu erreichen.

Bereits jetzt droht der gesellschaftliche Widerstand gegen die Tagebaue Garzweiler und Hambach Überhand zu nehmen und dem Image der RWE AG dauerhaft zu schaden. Die Menschen aus den bedrohten Dörfern an den Tagebauen Garzweiler und Hambach sind nicht weiter bereit, den Psychoterror und die Zwangsumsiedlung durch RWE schweigend hinzunehmen. Sie organisieren sich deutschlandweit in der Bürgerinitiative „Alle Dörfer bleiben“ (Internetseite: https://www.alle-doerfer-bleiben.de/) und werden alle legalen Mittel nützen, um ihre Heimat vor den Baggern zu schützen. Enteignungen von Privatgrundstücken zur Sicherung der deutschen Energieversorgung durch Kohleverstromung werden in Folge der Umsetzung der Empfehlungen der Kohlekommission voraussichtlich nicht mehr möglich sein. In diesem Wissen werden sich die Zivilgesellschaft und betroffene Bürger juristisch gegen Enteignungen zur Wehr setzen.

Der Aufsichtsrat ist daher dazu angehalten einen zukunftsfähigen Unternehmenskurs einzufordern, der durch eine Abkehr von Braunkohleverstromung hin zur Stromproduktion durch erneuerbare Energien ein positives Image der RWE AG langfristig gewährleistet.

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  1. […] GEGENANTRÄGE DES DACHVERBANDS UND VON ALLE DÖRFER BLEIBEN […]

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