Inmitten der Klimakatastophe erlaubt Gericht das Abbaggern von Lützerath

Der Braunkohlebagger ist weniger als 100 Meter vom Dorf Lützerath entfernt (Foto: Alle Dörfer bleiben, 12.03.2022)

Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat entschieden, dass der Energiekonzern RWE das Dorf Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler abbaggern darf.

Die Entscheidung, die das OVG am 28. März traf, ist nicht überraschend, aber dennoch enttäuschend: „Kein vorläufiger Räumungsstop für Lützerath“ lautet die (orthografisch fehlerhafte) Überschrift die Pressemitteilung. „Die RWE Power AG darf die Grundstücke eines Landwirts in Lützerath zur Gewinnung von Braunkohle im Tagebau Garzweiler abbaggern und die dafür erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen treffen. Das Oberverwaltungsgericht hat heute die Beschwerden des Landwirts und zweier Mieter zurückgewiesen, die zuvor beim Verwaltungsgericht Aachen ebenfalls ohne Erfolg geblieben waren.“

Pressekonferenz am 29. März 2022 in Lützerath mit Pauline Brünger (2. v. l.), Landwirt Eckardt Heukamp (3. v. l.), Dirk Jansen (4. v. l.) und Sprecher*innen anderer Initiativen.

Der betroffene Landwirt Eckardt Heukamp sagte: „Die Bundesregierung hat verkündet, über Lützerath würden die Gerichte entscheiden. Das Gericht hat den Ball nun an die Politik zurückgespielt. Wenn Lützerath fällt, fällt nicht nur die 1,5-Grad-Grenze, sondern auch die umweltpolitische Glaubwürdigkeit der Regierung. Hier können sie handeln, statt die Verantwortung auf Gerichte abzuwälzen.“

Dirk Jansen vom BUND NRW verwies auf Zwangsenteignungen von BUND-Grundstücken: „Dieses Szenario droht hier nun wieder. Denn Bergrecht bricht noch immer Grundrecht. Daraus ergibt sich der politische Auftrag an die Bundesregierung, endlich dieses undemokratische Bergrecht zu novellieren oder ganz im Papierkorb der Geschichte zu versenken.“

Pauline Brünger von Fridays for Future meinte: „Es ist ein Wahnsinn, dass die Politik auf Bundes- und Landesebene erlaubt, dass inmitten der Klimakatastrophe weitere Dörfer für den Kohleabbau zerstört werden.“

Jürgen Siebertz von der Initiative Alle Dörfer bleiben sagte: „Es kommt jetzt auf uns alle an, Druck auf die Regierung zu machen. Denn die Gesetze, innerhalb derer das Gericht entscheiden musste, sind aus der Zeit gefallen. Es braucht jetzt ein Abrissmoratorium für Lützerath, eine neue Braunkohle-Leitentscheidung in NRW und einen viel früheren Kohleausstieg auf Bundesebene.“

Kathrin Henneberger, grüne Bundestagsabgeordnete und frühere Sprecherin des Anti-Kohle-Bündnisses „Ende Gelände“, forderte: „Um den sozialen Frieden der Region nicht zu gefährden und keine Fakten der Zerstörung zu schaffen, braucht es auf Landesebene endlich ein Moratorium für Lützerath.“

Aktivist*innen und Besetzer*innen in Lützerath zeigten sich entschlossen, den Abriss von Lützerath mit gewaltfreien Aktionen zu verhindern. Für den 23. April, drei Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, ist eine Großdemonstration für den Erhalt von Lützerath geplant.

Der RWE-Konzern sieht sich durch die Entscheidung des OVG Münster bestätigt. „Die Entscheidung ist wichtig, damit der Tagebau Garzweiler im Bereich Lützerath planmäßig und im Einklang mit der Leitentscheidung des Landes NRW vom März 2021 weitergeführt werden kann“, so der Konzern in einer Pressemitteilung. „Eine sichere Versorgung der Kraftwerke mit Braunkohle hat durch die energiepolitischen Folgen des Ukrainekrieges zusätzlich an Bedeutung gewonnen.“

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