Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin Luisa Neubauer und heute hier für Fridays For Future.
Seit Dezember 2018, seit vier Monaten, streiken ich und Zehntausende jeden Freitag vor den Rathäusern und Parlamenten und Ministerien. Und heute eben hier.
Auf den Straßen in Essen rufen Menschen heute: “Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut.” Damit meinen wir nicht, dass wir jungen Menschen von ein auf den anderen Tag tot umfallen werden, weil Deutschland nicht rechtzeitig aus der Kohle aussteigt.
Aber wir werden in einer Welt erwachsen, in der Klimachaos zur Normalität wird. In der Flüchtlingskatastrophen, Versorgungsengpässe und Artensterben unser Leben dominieren werden. In der ein selbstbestimmtes Leben, unsere Zukunft, überschattet wird vom Zusammenbruch der Ökosysteme um uns herum. Das ist was die Wissenschaft prognostiziert und schon jetzt im Gange ist. Die Angst vor dem nächsten deutschen Dürresommer, den Folgen für die Landwirtschaft, Industrie und geschwächten Menschen malt ein erstes Bild davon. Und Sie hier, sind Teil davon.
Was die Weltgemeinschaft gerade mit dem Planeten anrichtet, wird eines Tages als größtes politisches Versagen unserer Zeit beschrieben werden. Und die Tatsache, dass Sie an dieser vermeidbaren Zerstörung verdienen, als größter Skandal.
Ich habe mit den Klimastreiks in Berlin angefangen, weil ich mich gefragt habe, ob ich alles in meiner Macht stehende tue, um dem Klimawahnsinn ein Ende zu setzten. Ich frage mich, wie sie diese Frage vor sich, ihren Kindern und Enkeln beantworten. Kein Konzern in ganz Europa trägt mehr Verantwortung für die Klimakrise als RWE. Und Sie hier im Raum, Sie machen das möglich.
Sie tragen wie keine andere Gruppe von Aktionären Verantwortung für das Desaster, das heute schon an den planetaren Grenzen rüttelt. Sie verkaufen Ihre Verantwortung für ein paar Cent Rendite. Sie gehören zur winzig kleinen fossilen Elite der Welt. Einer kleine Elite, die als einzige von der Klimazerstörung profitiert, die sie selber anheizt. Zumindest noch. Denn Herr Schmitz fantastiert eine kohlebetriebene Zukunft, die es nicht geben wird. Und in dem er keinen Plan für ein kohlefreies RWE nach 2030 aufstellt, plant er anscheinend, sie bis zum Fall mitzunehmen. Wenn Sie ihn lassen.
Wer nach 2030 noch ernsthaft plant Kohle zu verstromen hat nicht verstanden, in welcher Krise wir sind. Und, dass die großen Transformationen längst im Gange sind. Mit – oder eben ohne Sie, Herr Schmitz und RWE.
Das wissen Sie. Das weiß die Klimawissenschaft. Das weiß die Wirtschaft. Und das wissen wir.
Und während Sie an einer Unternehmenspraxis festhalten, deren Ablaufdatum absehbar ist, lassen sich andere nicht aufhalten. Leute blockieren Straßen und Kraftwerke, Menschen werden laut, Kinder und Jugendliche mobilisieren in nie da gewesenen Zahlen. Innerhalb von einem halben Jahr hat sich die mächtigste Klimabewegung formiert, die die Welt jemals gesehen hat. Wir organisieren uns auf der ganzen Welt, auf jedem Kontinent und gestalten den Wandel, vor dem Sie so die Augen verschließen.
Und es geht weiter: Städte, Länder und Regierungen erklären den Klimanotstand und steigen aus der Kohlefinanzierung aus. Versicherungen hören auf Kohleprojekte zu versichern, Finanzinsititute raten davon ab sich zu beteiligen. Pensionsfonds stoßen die Aktien ab, Regierungen wenden sich ab. Der Norwegische Pensionsfonds wird RWE aller Voraussicht nach fallen lassen, weil eine Beteiligung nicht mehr zu rechtfertigen ist. Und das wird erst der Anfang sein.
Die Kohleenergie nach 2030 hat keine Zukunft. Sie ist geklaut, von uns. Und Sie sind die Dealer.
Die Menschen werden sich eines Tages fragen, wie sie es zulassen konnten, dass es so weit gekommen ist.
Und Sie hier alle im Raum, die mehr Verantwortung tragen als all die, die jeden Freitag auf die Straße gehen, Sie werden eines Tages nicht sagen können, dass sie es nicht gewusst haben. Oder, dass Sie es nicht haben kommen sehen. Oder, dass sie dachten, es kümmern sich schon andere.
Machen Sie etwas aus ihrer Verantwortung. Schalten Sie ab, noch dieses Jahr – und gänzlich bis 2030. Werden Sie Teil von einer Weltrettung in neuen Dimensionen. Bleiben Sie nicht die schweigenden Komplizen der menschengemachten Klimakatastrophe, als Verlierer auf dem sinkenden Schiff von Herrn Schmitz. Gucken Sie sich um. Jeder einzelne hier im Raum kann die Stimme sein, die den Austieg von RWE aus der Kohle ein Stück näher bringt. Das heißt auch: Auf jeder Person hier im Raum lastet globale Verantwortung von der sie sich nicht verstecken können. Also werden Sie dem gerecht.
An Herrn Schmitz dazu noch zwei Fragen:
Wie stehen Sie zu den Forderungen von Fridays For Future, insbesondere der Forderung nach Abschalten von 25% der Kohlekraftkapazität in 2019 und einem gänzlichen Aussteig bis 2030? Hat RWE einen Ausstiegsplan?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.