„Wald und Dörfer können nicht nur, sie müssen bleiben!“: Rede von Dirk Jansen

Sehr geehrter Herr Dr. Schmitz,
sehr geehrte Mitglieder des RWE-Vorstandes, sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

an dieser Stelle hatte ich Sie als RWE-Vorstand auf der letztjährigen Hauptversammlung aufgefordert, den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag für das über Jahre wider aller ökonomischer und ökologischer Vernunft geplante neue Braunkohlenkraftwerk BoAplus in Bergheim-Niederaußem zurückzuziehen, dessen Planung einzustellen und sich nicht länger einem engagierten Braunkohlenausstiegspfad zu verweigern.

Dem ersten Punkt sind Sie jetzt endlich nachgekommen, und die Verkündung der Entscheidung in der letzten Woche war ein guter Tag für den Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen.

Allerdings betonen Sie nach wie vor, dass die Verstromung heimischer Braunkohle für die Versorgungssicherheit weiterhin von großer Bedeutung sei und deshalb selbst Umsiedlungen energiewirtschaftlich notwendig wären.

Ihre Äußerung, sehr geehrter Herr Dr. Schmitz, „wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und treiben die Energiewende konsequent voran“, klingt daher in den Ohren zigtausender Betroffener und uns Umweltschützer*innen wie der blanke Hohn.

Denn die Menschen erleben, wie ihre Bagger tagtäglich eine uralte Kulturlandschaft zerstören, Natur und Landschaft vernichten. Sie sehen, wie wichtigste Grundwasserressourcen zerstört, Menschen durch Tagebau- und Kraftwerksimmissionen gefährdet und das Klima ruiniert wird. Das hat wenig mit Energiewende zu tun.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland hat deshalb gemeinsam mit dem Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstandes die Entlastung zu verweigern.

Ich will das kurz weiter begründen.

RWE will zukünftig nach eigener Aussage einer der global führenden Erzeuger im Bereich Erneuerbare Energien sein. Insofern ist der Konzern jetzt auch gefordert, die Vorschläge der Kohle-Kommission 1:1 umzusetzen und bereits bis spätestens 2022 zusätzliche 3 Gigawatt an Kraftwerksleistung im Rheinischen Revier stillzulegen. Das entspricht sieben Kraftwerksblöcken an den Standorten Niederaußem und Neurath. Damit – und mit der bereits vollzogenen Überführung von fünf weiteren Kraftwerksblöcken in die so genannte Sicherheitsbereitschaft – verringert sich die Braunkohlenförderung in den Tagebauen Hambach und Garzweiler um etwa die Hälfte.

Insofern frage ich Sie: Wodurch ist heute noch ein Abbaggern von Keyenberg und den vier weiteren Dörfern im Tagebaufeld Garzweiler gerechtfertigt? Wann legen Sie eine neue Abbauplanung vor, die sich im Einklang mit den Klimaschutzzielen befindet und welche die Grundrechte der Betroffenen nicht länger missachtet??

Die Kohle-Kommission hat ferner den Wunsch geäußert, die Restflächen des Hambacher Waldes zu erhalten. Im Bereich des Braunkohlenplans Hambach liegen noch etwa 550 Hektar Wald, die größtenteils unzweifelhaft die fachlichen Kriterien der europäischen FFH-Richtlinie erfüllen. Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat sich für den Erhalt der Waldflächen ausgesprochen. RWE hat lediglich lapidar angekündigt, dies prüfen zu wollen.

Ungeachtet dessen, rücken die Braunkohlenbagger aber weiter auf den Wald zu. Etliche Menschen haben die Befürchtung geäußert, RWE wolle durch die Hintertür Fakten schaffen und damit den vom BUND juristisch erwirkten Rodungsstopp umgehen. Angesichts der vom BUND aktuell öffentlich geäußerten Kritik an diesem Vorgehen hat ein RWE-Sprecher verkündet, die Bagger würden einen „angemessenen Abstand“ zum Wald einhalten.

Deshalb meine weitere Fragen: Wie definieren Sie genau diesen „angemessenen Abstand“? Können Sie ausschließen, dass dem Wald durch die Abbautätigkeit indirekt Schäden zugefügt werden? Sind Sie bereit, über das Jahr 2020 hinaus eine Bestandsgarantie für den Hambacher Wald zu geben?

Wir haben hier heute im Vorfeld unter dem Motto „IrRWEge stoppen“ demonstriert. Denn so kann es nicht weitergehen. Sie gerieren sich als Motor der Energiewende, missachten aber nach wie vor die klima- und umweltpolitischen Notwendigkeiten. Anstatt mit Lippenbekenntnissen in bunten CSR-Berichten den Umweltschutz zu beschwören, müssen Sie endlich danach handeln.

Deshalb fordere ich Sie erneut auf:

  • Hören Sie auf, unsere natürlichen Lebensgrundlagen, unser Naturerbe und eine uralte Kulturlandschaft zu zerstören!
  • Hören sie auf, unsere Heimat zu verheizen und das Klima zu ruinieren!
  • Investieren Sie nur noch in Zukunftstechnologien – und zwar hier vor Ort!
  • Stoppen Sie endlich in Verantwortung für die nachfolgenden Generationen den ökologischen Wahnsinn der Förderung und –nutzung der Braunkohle!
  • Eines ist klar: Wald und Dörfer können nicht nur, sie müssen bleiben! Handeln Sie danach!

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.kritischeaktionaere.de/rwe/wald-und-doerfer-koennen-nicht-nur-sie-muessen-bleiben-rede-von-dirk-jansen/