Zur Verleihung des ethecon Dead Planet Award an RWE am 20.11.2021

Der ethecon Dead Planet Award 2021 (früher „Black Planet Award“) wurde verliehen an (v.l.) Armin Laschet (Ex-Ministerpräsident NRW), RWE-Vorstandsvorsitzenden Markus Krebber und BlackRock-Chef Larry Fink.

Grußwort des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre zur Preisverleihung an Markus Krebber (Vorsitzender des Vorstands der RWE AG), Werner Brandt (Vorsitzender des Aufsichtsrats der RWE AG), Larry Fink (CEO Großaktionär BlackRock) und Armin Laschet (Ex-Ministerpräsident NRW)

Liebe Freundinnen und Freunde,

die Verleihung des internationalen ethecon Dead Planet Award an die RWE AG ist überfällig. Mit Sicherheit fällt sie in eine Phase, in der national, auf europäischer Ebene und auch international wichtige Weichenstelllungen stattfinden. Es geht um elementare Fragen wie Klima- und soziale Gerechtigkeit und eine neues Austarieren des Machtverhältnisses zwischen Wirtschaft und Gesellschaft.

In Deutschland gibt es wohl kaum einen anderen Konzern, der jahrzehntelang so rücksichtslos gegen Klima- und Umweltschutz, Menschenrechte und das Gemeinwohl agiert hat wie der in Essen ansässige Energieerzeuger. Die Geschäftspolitik von Europas größtem CO2-Emittenten wurde ermöglicht durch die einzigartige Verflechtung von politischen und kommunalen Entscheidungsträgern im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Es ist deshalb gerechtfertigt, vom NRWE-Komplex zu sprechen. Gewählte Politiker*innen auf unterschiedlichen Ebenen, die den Bürger*innen verpflichtet sind, sitzen gleichzeitig in Aufsichtsräten des Mutterkonzerns und seiner Tochtergesellschaften. Qua Satzung dürfen sie über wichtige Vorgänge nichts nach außen dringen lassen und müssen sich im Interesse des Konzerns und seiner Aktionär*innen verhalten. Die These ist nicht gewagt: Die Interessen eines Konzerns auf der einen Seite und der Bürger*innen, die keine RWE-Aktien halten, auf der anderen Seite, unterscheiden sich häufig.

Zwischen dem Ruhrgebiet und dem Rheinischen Braunkohlerevier ist auch nach der Schließung der letzten Steinkohlezeche Ende 2018 immer noch eine gewisse „Kumpel-Romantik“ zu beobachten. Sicher, an Rhein und Ruhr lag nach dem Zweiten Weltkrieg die Herzkammer der (west)deutschen Schwerindustrie, die das „Wirtschaftswunder“ anfachte und am Laufen hielt. NRW-Ministerpräsident*innen mit rotem und schwarzem Parteibuch sahen und sehen sich bis zum heutigen Tag diesem Erbe verpflichtet. Der Bergmannsgruß „Glück auf!“ gehört zum Standard-Vokabular und es ist noch nicht lange her, dass ein CDU-Politiker aus Aachen in seinem Streben nach dem Parteivorsitz wahrscheinlich durch das Zücken der Bergmannsplakette seines Vaters das Rennen machte.

Wer heute Kritik an den Beharrungskräften übt und Substantielles verändern will, muss den Filz des NRWE-Komplexes klar benennen. Welche Lobbyisten sitzen in der Regierung und im Parlament? Mit welchen Gesetzesvorlagen setzten sie sich für die Interessen nicht nur von RWE sondern auch von E.ON, Uniper, ThyssenKrupp, Rheinmetall, Bayer und Co. ein? Wie hoch sind die Entschädigungen, die für ein (vorzeitiges) Abschalten von erst Atom- und dann von Kohlekraftwerken gezahlt wurden und werden? Wie können Wähler*innen der „Kohle-Parteien“, Gewerkschafter*innen von IG BCE, IG Metall und ver.di sowie Aktionär*innen von RWE davon überzeugt werden, dass sie mit einem Hinauszögern des Kohleausstiegs auf Kosten zukünftiger Generationen leben?

Eine erst in diesem Jahr gestartete Initiative, das RWE-Tribunal, will den Protest an dem Konzern aus Essen, der das Land wie eine Krake im Griff hält, in diesem und im nächsten Jahr noch stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit bringen. Klimaverbrechen, Gesundheitsschädigung, Heimatvertreibung und Umweltzerstörung werden zur Anklage gebracht. Im Juni fand in Lützerath am Rande des Braunkohletagebaus Garzweiler II das erste Tribunalwochenende statt. Ein zweites Wochenende, das in der Höhle des „RWE-Löwen“ in Essen stattfand, thematisierte den RWE-Lobbyismus und die Auswirkungen der Klimakatastrophe.

Eines der Ziele des RWE-Tribunals besteht auch darin, dem Lützerather Landwirt Eckhardt Heukamp, der sich juristisch gegen die Enteignung durch RWE und das Land Nordrhein-Westfalen wehrt, den Rücken zu stärken. Liebe Freundinnen und Freunde, zusammen mit Attac, der Gesellschaft für bedrohte Völker, der Parents, Grannies und Teachers for Future, der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW und Euch von der Stiftung ethecon unterstützen wir vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre das RWE-Tribunal. In 2022 sollen weitere Tribunal-Wochenenden in Düsseldorf und Köln folgen. Auch auf der RWE-Hauptversammlung im April werden wieder viele Organisationen und Initiativen den Druck auf RWE und den NRWE-Komplex erhöhen.

In diesem Sinne hoffe ich, dass auch die diesjährige Vergabe des Dead Planet Award an den RWE-Vorstandsvorsitzenden Markus Krebber, den Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Brandt, BlackRock-Chef Larry Fink und an den Ex-Ministerpräsident Armin Laschet ein weit sichtbares Zeichen setzt: Die Zivilgesellschaft duldet es nicht, dass die Ausbeutung und das Abtöten des Planeten weiter geht.

Markus Dufner
Geschäftsführer
Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre

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