Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 2: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Die vom Vorstand der Siemens Energy AG angekündigten Klimaschutzmaßnahmen werden dem Pariser Klimaschutzabkommen nicht gerecht. Es braucht dringend einen konkreten Fahrplan zur Reduktion der eigenen Treibhausgasemissionen, die dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens entspricht. Entscheidend ist dafür eine zügige Minderung der CO2-Emissionen, die durch die Nutzung von Siemens-Energy-Produkten entstehen (Scope 3).

Kohleausstieg weder verantwortungsvoll noch konsequent

Von einem „verantwortungsvollen und konsequenten“ Kohleausstieg, wie vom Aufsichtsratsvorsitzenden Joe Kaeser angekündigt, kann bisher keine Rede sein. Der Vorstand verspricht bloß, sich nicht mehr an der Ausschreibung reiner Kohlekraftwerke neu zu beteiligen. Konsequent wäre es gewesen, zumindest auch Bieterverfahren zu beenden, in denen Siemens schon ein Angebot abgegeben hat. So bleibt Siemens Energy bei dem umstrittenen Kohlekraftwerksprojekt Jawa 9 und 10 in Indonesien beteiligt. Zudem will Siemens Energy an Heizkraftwerken festhalten.

Auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse für das Erreichen des Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, sollten OECD-Staaten bis spätestens 2030 vollständig aus der Kohleverstromung aussteigen, bis spätestens 2040 sollten alle Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Da der wirtschaftliche wie politische Druck auf die Kohleindustrie massiv zugenommen hat, ist der halbherzige Kohleausstieg von Siemens Energy auch nicht verantwortungsvoll gegenüber den eigenen Beschäftigten. Sie verdienen eine klare Zukunftsperspektive jenseits fossiler Energien.

Festhalten an Gas birgt immer größere Risiken

Analog zum Kohleausstieg braucht es dringend einen Ausstiegspfad aus fossilem Gas, um die Pariser Klimaziele erreichen zu können. Durch das Festhalten an Gasprojekten und den Verweis auf unrealistisch hohes Aufkommen von grünem Wasserstoff zur Rechtfertigung neuer Gasinfrastruktur blockiert Siemens Energy den so dringenden Ausbau erneuerbarer Energien. Siemens Energy geht damit auch ein immer größeres Eigenrisiko ein, denn große Gasausbaupläne bei gleichzeitiger nötiger und EU weit geplanter Reduktion der Gasnutzung produzieren Investitionsruinen.

Israel: Neue Regierungspläne und Proteste stehen Gaskraftwerk entgegen

Die Regierung hat beschlossen, die Solarenergie massiv auszubauen und keine neuen Genehmigungen mehr für private Unternehmen zum Bau von neuen Gaskraftwerken ausstellen. Das geplante größte private Gaskraftwerk in Israel, die sogenannte Reindeer Station, für das Siemens Energy die Technologie liefern möchte und bei dem Siemens als Investor fungiert, sollte auf dieser Grundlage nicht realisiert werden. Anhaltende, massive lokale Proteste stellen weiterhin eine Fertigstellung in Frage.

Mosambik: Gasturbinen für LNG-Projekt in Konfliktgebiet

Siemens Energy wird Gasturbinen für ein vom französischen Mineralölunternehmen Total geplantes LNG-Projekt in Mosambik liefern. In der Provinz Cabo Delgado, in der das Projekt entsteht, kommt es bereits seit 2017 zu Angriffen auf die Zivilbevölkerung durch militante Gruppen, die dem Islamischen Staat (IS) nahestehen. Schätzungen gehen von über 2.500 Ermordeten aus, es hat Entführungen und öffentliche Enthauptungen gegeben. Total sah sich nun dazu gezwungen, Beschäftigte aus dem Projekt abzuziehen, da Anschläge immer näher an der Baustelle verübt werden. Ohnehin nicht mit nachhaltiger Entwicklung für die Region zu rechnen. Die von der Fischerei lebende lokale Bevölkerung verliert den Zugang zur Küste, deren Biodiversität zudem in akute Gefahr gerät.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Aufsichtsrat der Siemens Energy AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, den Vorstand anzuweisen und effektiv zu kontrollieren, umwelt- und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten wahrzunehmen.

Westsahara: Storebrand wendet sich von Siemens Energy ab

Windräder von Siemens Gamesa stehen in dem von Marokko besetzen Teil der Westsahara. Internationale Gerichte haben immer wieder klargestellt, dass die Westsahara nicht zum marokkanischen Staatsgebiet gehört und es sich um eine völkerrechtswidrige Besatzung handelt. Jegliche das Territorium der Westsahara betreffenden Projekte bedürfen der vorherigen Zustimmung der anerkannten Vertretung des sahrauischen Volkes. Siemens Gamesa hat diese Erlaubnis bisher nicht eingeholt, sondern die Geschäftsbeziehung mit Marokko sogar noch weiter vertieft. Anfang September 2020 bestätigte das Unternehmen den Auftrag für den 300MW-Windpark Boujdour, der ohne die Zustimmung des sahrauischen Volkes in der Westsahara entstehen soll. Siemens Gamesa bezeichnet den Windpark dabei als „im südlichen Marokko“ befindlich, was im Widerspruch zur Einschätzung der UN steht.

Weder Siemens noch Siemens Energy haben bisher ausreichend auf Siemens Gamesa eingewirkt, obwohl die Probleme seit Jahren bekannt sind. Die Konsequenzen muss nun auch Siemens Energy tragen: Norwegens größte private Vermögensverwalterin Storebrand hat nicht nur Siemens Gamesa, sondern auch Siemens Energy explizit wegen des Beitrags zu Verstößen gegen das Völkerrecht in der Westsahara aus dem eigenen Portfolio ausgeschlossen. Zuvor hatte Storebrand so vergeblich wie wir eine umfassende menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung der Projekte und ihrer Geschäftspartner in der Westsahara gefordert.

Windparks, die nicht internationales Recht achten und zudem 95 Prozent der Energie für eine ebenfalls illegale Phosphatmine liefern, dürfen kein Geschäftsmodell von Siemens Energy sein. Sollten Siemens Gamesa und Siemens Energy weiterhin die sich aktuell auch politisch zuspitzende Situation in der Westsahara – seit dem 13. November herrscht Krieg zwischen Marokko und der Frente Polisario – als auch die eigenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten ignorieren, dürfte der Name Siemens Energy bald auch auf weiteren Ausschlusslisten nachhaltig orientierter Investor:innen landen. Nicht umsonst hatten 19 Mitglieder des Europäischen Parlaments Siemens im November letzten Jahres vor „schweren rechtlichen und moralischen Risiken“ bei Geschäften in der Westsahara gewarnt.

Kanada: Wasserkraft für Fracking-Gas, auf Kosten indigener Rechte

Siemens Energy ist – unter anderem gemeinsam mit der Voith GmbH über das Joint Venture Voith Hydro – auch im internationalen Bau von Wasserkraftwerken beteiligt. In diesem Geschäftsbereich kommt es regelmäßig zu schweren Menschenrechtsverstößen und Umweltverbrechen. So auch beim Wasserkraftprojekt Site C am Peace River in British Colombia, Kanada. Voith Hydro hat gerade erst Turbinen, Generatoren und anderes Equipment für umgerechnet über 300 Millionen Euro an das Projekt geliefert.

Bereits im Vorfeld der Bauarbeiten kam es zu Konflikten: Der Staudamm befindet sich auf dem Territorium von Indigenen, deren Landrechte in einem Vertrag mit dem kanadischen Staat von 1899 anerkannt wurde. Für den Bau von Site C wird nun – so ist die Meinung zahlreicher indigener Vereinigungen – wieder gegen die eigentlich verbrieften Rechte der Indigenen verstoßen.

Für die betroffenen Indigenen bedeutet der Bau von Site C eine Katastrophe; ihnen heilige Begräbnisstätten werden überflutet und die Wanderungen von Lachsen zu ihren Laichgründen, werden unterbrochen, die für die Indigenen der Westküste Kanadas enorme Bedeutung haben.

Es geht auch nicht um „grünen Strom“: Der projektierte Energiebedarf, für den Site C gebaut wird, geht nicht von der Bevölkerung British Colombias aus, sondern von der Erdgasbranche. Die Elektrizität soll in Anlagen genutzt werden, um Erdgas zu verflüssigen und für den Export transportieren zu können. Das meiste Erdgas in British Columbia wird mit der umstrittenen Fracking-Methode gefördert. Bei dieser Methode werden Chemikalien in tiefe Gesteinsschichten gepumpt, um Kohlenwasserstoffverbindungen zu lösen und fördern zu können. Geolog:innen warnen, dass dadurch Erdbeben ausgelöst werden können – eine häufige Gefahr im Westen des Nordamerikanischen Kontinents. Diese könnten katastrophale Auswirkungen auf einen Staudamm wie Site C haben.

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  1. […] unserem Gegenantrag kritisieren wir, dass der Vorstand der Siemens Energy AG nicht hinreichend seiner Verantwortung […]

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