Siemens Energy sieht keine Zukunft für Wasserkraft

  • Siemens Energy verkauft seinen 35%-Anteil am Joint Venture Voith Hydro
  • Wasserkraft spiele laut Konzern „untergeordnete Rolle“ bei klimafreundlicher Stromerzeugung
  • Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern weiteres Divestment und weisen auf Menschenrechts- und Klimarisiken bei Staudamm-Großprojekten hin

Nachdem der Energietechnikkonzern Siemens Energy angekündigt hat, seine gesamten Anteile an dem Wasserkraft-Joint Venture Voith Hydro zu verkaufen, fordern zivilgesellschaftliche Organisationen andere Unternehmen und Finanzinstitutionen auf, sich ebenfalls nicht weiter an den Expansionsplänen der Branche zu beteiligen.

„Dieses Divestment von Siemens Energy ist ein deutliches Indiz für das Ende des Märchens des ‚grünen‘ Stroms von Mega-Staudämmen“, erklärt Christian Russau vom Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika und Vorstandsmitglied des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. „Großstaudämme vor allem in den Tropen emittieren sehr viel klimaschädliches Methan, im Falle des amazonischen Staudamms Belo Monte summiert sich das in den ersten zehn Jahren auf die Menge, die die Millionenmetropole São Paulo emittiert. Insofern ist das Divestment von Siemens Energy aus dem Wasserkraft-Turbinengeschäft ein wichtiger Schritt, der allerdings für die von Belo Monte betroffenen Menschen vor Ort zu spät kommt.“

Andrea Lammers von Ökubüro in München ergänzt: „Das gleiche gilt für die international bekannte honduranische Aktivistin Berta Cáceres. Sie wurde wegen ihres Engagements gegen das Wasserkraftwerk „Agua Zarca“ ermordet. Das Gerichtsverfahren gegen den Direktor des honduranischen Unternehmens Desarollos Energeticos SA (DESA) David Castillo als einen der Auftraggeber des Mordes hat klar gezeigt, wovor wir jahrelang vergeblich gewarnt hatten: Voith Hydro wollte Geschäfte mit einer kriminellen Vereinigung machen. Dazu wird der derzeit laufende Prozess „Betrug am Gualcarque-Fluss“ sicherlich noch weitere Details ans Tageslicht bringen. Siemens hat seine Mitverantwortung als Minderheitseigner stets abgestritten, nun stößt der Konzern eben  auch seine Anteile ab.“ 

„Wasserkraftwerke habe nicht nur eine katastrophale Menschenrechts- und Umweltbilanz, sondern sind auch selbst von den Auswrikungen des Klimawandels betroffen“, ergänzt Dr. Thilo F. Papacek von GegenStrömung. „Dieses Jahr haben zahlreiche Länder, die stark von der Wasserkraft abhängen, Stromkrisen durchgemacht, weil aufgrund ausbleibender Niederschläge die Wasserstände der Flüsse zu niedrig waren. So wird das zweitgrößte Wasserkraftwerk der Welt, Itaipu in Brasilien, für die Siemens und Voith Hydro ebenfalls Turbinen gebaut haben, dieses Jahr voraussichtlich nur 35 Prozent der Strommenge des Jahre 2016 produzieren.“ Wegen dieser Probleme hatten anlässlich der Klimakonferenz COP26 in Glasgow vier UN-Sonderberichterstatter*innen eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie vor dem Bau von Wasserkraftwerken als Lösung für die Klimakrise warnten.

Seit Jahren haben die Organisationen auf die Schäden von Staudammprojekten für Klima, Umwelt und betroffene Bevölkerung auf den Hauptversammlungen von Siemens bzw. Siemens Energy hingewiesen, zuletzt bei den hoch umstrittenden Wasserkraftprojekten Site C in Kanada oder dem Grand-Ethiopian-Renaissance-Dam (GERD) am Nil.

Kontakte:

Andrea Lammers, Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit, elsal[at]oeku-buero.de 

Christian Russau, Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika und Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, christian.russau[at]fdcl.org

Dr. Thilo F. Papacek, GegenStrömung, thilo.papacek[at]gegenstroemung.org 

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