Dachverband kritisiert unzureichendes Engagement bei menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten und Klimaschutz
Der Dachverband wird Vorstand und Aufsichtsrat der Siemens AG bei der kommenden Hauptversammlung am 30. Januar 2019 wegen unzureichendem Engagement zum Schutz der Menschenrechte bei eigenen Projekten und zum Klimaschutz nicht entlasten. Erst in den letzten zwei Jahren hat sich der Vorstand ernsthaft bemüht, mögliche Menschenrechtsverletzungen bei eigenen Projekten und in der Lieferkette überhaupt identifizieren zu können. Das neue Programm zur Achtung der Menschenrechte soll aber erst „im Laufe der nächsten Jahre“ umgesetzt werden. Dass Siemens dringend effektive Indikatoren für menschenrechtliche Problematiken benötigt, zeigt sich in einer Reihe von umstrittenen Infrastrukturprojekten:
Windkraftprojekte erschweren Lösung des Westsahara-Konflikts
Inmitten des Konflikts um die von Marokko besetzen Gebiete der Westsahara kooperiert Siemens mit einer Energiefirma, die sich im Besitz des marokkanischen Königs befindet und am Aufbau und an der Wartung mehrerer Windparks in den besetzten Gebieten beteiligt ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union urteilt: Marokko hat kein Recht, im Hinblick auf die Westsahara Verträge abzuschließen, ohne zuvor die Zustimmung der anerkannten Vertretung der saharauischen Bevölkerung einzuholen. Dies ist bei den genannten Windparks nicht geschehen. Die Windparks liefern Energie für die Minen, welche die marokkanische Regierung – ebenfalls illegal – in den genannten Gebieten betreibt.
Menschenrechtsverletzungen durch Staudammprojekte in Kolumbien
Siemens lieferte Transformatoren, eine Schaltanlage sowie weitere elektrische Ausrüstung für die umstrittenen Wasserkraftwerke Hidrosogamoso und Hidroituango in Kolumbien. Beide Projekte wurden in Regionen geplant und umgesetzt, die sehr stark vom bewaffneten Konflikt betroffen sind. Trotz der Proteste von Angehörigen und Menschenrechtsorganisationen wurden in beiden Fällen Massengräber überschwemmt. In Fällen von Morden und gewaltsamen Verschwindenlassen können die sterblichen Überreste, nach denen Familien bis heute suchen, nicht mehr gefunden werden. Morde an und Drohungen gegen Staudammkritiker*innen sind seit Jahren bekannt. So wurden allein 2018 drei Mitglieder der Organisation Ríos Vivos, die sich kritisch mit Hidroituango auseinandersetzt, und drei ihrer Familienangehörigen ermordet.
Klimaschädliches Geschäftsmodell der Division „Power and Gas“
Das zentrale Geschäftsmodell der Siemens-Division „Power and Gas“, die Ermöglichung der Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern sowie Förderung und Transport von Öl und Gas, trägt entscheidend zum Klimawandel bei. Zudem liefert Siemens elektronisches Equipment an Kohlekraftwerke. Siemens trägt damit dazu bei, dass die gesamte Energiebranche weiter auf klimaschädliche Technologien setzt, anstatt stärker in erneuerbare Energien zu investieren. Zwar möchte Siemens bis 2030 in Bezug auf die eigenen Betriebe klimaneutral sein, doch fallen 90 Prozent der Treibhausgasemissionen von Siemens in der Lieferkette an. Im Geschäftsjahr 2018 waren dies 15,5 Mio. Tonnen, die eigenen Betriebe verursachten „nur“ 1,5 Mio. Tonnen Treibhausgase. Für die Lieferkette fehlen klare Ziele für eine weitere Senkung der Treibhausgasemissionen.
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