Sklaverei während der Diktatur in Brasilien lag im Verantwortungsbereich der Firma
Freiburg/Berlin: Die brasilianische Staatsanwaltschaft für Arbeit und Soziales erhob gestern Anklage gegen VW do Brasil wegen der sklavenähnlichen Zustände zwischen 1974 und 1985 auf der VW-Rinderzuchtfarm Rio Cristalino. Die Farm wurde 1973 auf einer Fläche von 139.000 Hektar für die Viehzucht und Holzgewinnung gegründet. Damals wurden laut der Anklageschrift Hunderte von Arbeiter:innen auf der Farm versklavt und die Staatsanwaltschaft fordert neben einem Schuldeingeständnis auch eine Entschädigung von umgerechnet ca. 26 Millionen Euro. „Auf der Grundlage der gesammelten Beweise ist die Arbeitsstaatsanwaltschaft eindeutig zu dem Schluss gekommen, dass Hunderte von Arbeitern auf der Volkswagen-Plantage versklavt und ihrer Würde beraubt wurden, indem sie verschiedenster physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt waren“, erläuterte Rafael Garcia, einer der Staatsanwälte am 5.12. gegenüber Repórter Brasil.
Vorherige Versuche der Staatsanwaltschaft, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, scheiterten. Der letzte Versuch endete am 29. März 2023 abrupt. „Die von der Brasilieninitiative Freiburg e.V. initiierte Petition mit fast 3.000 Unterschriften, die wir an diesem Tag übergeben wollten, wurde von VW vollkommen ignoriert“, kritisiert Günther Schulz von der Brasilieninitiative Freiburg. „Auch von der Konzernzentrale in Wolfsburg wurde unser Anliegen nie ernsthaft beantwortet, endlich zieht jetzt die brasilianische Justiz VW zur Rechenschaft“, so Schulz.
„Es ist erstaunlich, dass ein Unternehmen dieser Größe nach vier Jahrzehnten noch immer nicht bereit ist, seine Verbrechen in Pará wiedergutzumachen, darunter Umweltzerstörung und Schuldknechtschaft“, sagt Ricardo Rezende Figueira. Er dokumentierte damals als Priester die Menschenrechtsverletzungen und war während der Diktatur eine der maßgeblichen Personen bei der Verteidigung der Menschenrechte im Süden von Pará. „Ich hoffe, dass Volkswagen für das Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird. Die Justiz muss so schnell wie möglich handeln, bevor weitere Opfer sterben“, so Ricardo Rezende.
„Die augenblicklichen, hausgemachten, wirtschaftlichen Probleme des VW-Konzerns dürfen nicht als Anlass genommen werden, um eine Wiedergutmachung verübten Unrechts abzulehnen“, so Christian Russau vom Dachverband der Kritischen Aktionär:innen. „VW muss sich endlich auch in diesem Fall seiner historischen Verantwortung stellen, so Russau.
Als Gesprächspartner stehen zur Verfügung:
Ricardo Rezende Figueira (auf Portugiesisch): rrfiguei[at]uol.com.br
Christian Russau (Vorstand Kritische Aktionär:innen): christian.russau[at]kritischeaktionaere.de
Günther Schulz (Brasilieninitiative Freiburg e.V.): tatu[at]brasilieninitiative.de
Seit Beginn an begleitet die Brasilieninitiative Freiburg e.V. die von Ricardo Rezende dokumentierten Menschenrechtsverletzungen (s.https://brasilieninitiative.de/vw/seit-jahrzehnten-berichterstattung-in-den-brasiliennachrichten).