Dividende trotz Staatshilfen, Verbrenner-Ausstieg und Klimaziele: Unsere Fragen an den Vorstand von VW

Fragen zur Dividende und Verwendung des Bilanzgewinns

  • Wie stehen Sie, Herr Diess, dazu, dass ihre Dividendenpolitik in der gegenwärtigen Situation ein verheerendes Signal an die Gesellschaft sendet? Finden sie es statthaft, dass die Volkswagen AG Dividenden auszahlt und gleichzeitig steuerfinanzierte Staatshilfen für den Verkauf ihrer Autos bekommt?
  • Die Volkswagen AG zahlt Dividenden, obwohl im Geschäftsjahr 2020 Kurzarbeitergeld für große Teile der Belegschaft in Anspruch genommen wurden. Auch Managementfehler, wie nicht in ausreichend Zahl bestellte Mikrochips, wurden durch das staatliche und mittlerweile aus Steuergeld finanzierte Kurzarbeitergeld, kompensiert. Wie vermittelt der Vorstand seinen Beschäftigten und den Steuerzahler*innen diese Kompensation von Managementfehlern mit Steuergeld?
  • Vor dem Hintergrund, dass eine Dividendenzahlung geplant ist: Wie hoch waren die von der Volkswagen AG für das Jahr 2021 beanspruchten Kurzarbeitergeld-Leistungen insgesamt? Kann ausgeschlossen werden, dass keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen werden? Wie sieht die Lage bei der Versorgung mit wichtigen Bauteilen wie Mikrochips aus?
  • Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wäre es geboten, statt der Dividendenauszahlung Kapital im Unternehmen zu behalten, um in eine mögliche Transformation hin zu zukunftsorientierten Mobilitätskonzepten zu investieren. Warum hat sich der Vorstand dennoch für die Auszahlung der Dividende in der geplanten Höhe entschieden? 
  • Die Volkswagen AG braucht einen Plan für die ökologische Umgestaltung ihrer Produkte, über das (E-)Auto hinaus. Diese Umorientierung kann nur gelingen, wenn eine noch stärkere Konzentration auf die nachhaltige Ausrichtung der Produktion bspw. auch eine Konversion hin zu anderen Produkten angestrebt wird. Welche Pläne gibt es, den Konzern zukunftsfähig aufzustellen, sprich, die Transformation weg vom Automobil zu gestalten?
  • Für einen zukunftsfähigen Konzernumbau ist es notwendig, dass der Unternehmensgegenstand neu definiert und auf nachhaltige Produktion ausgerichtet wird. Dazu sollten beispielsweise Klimaschutzziele, gerecht entlohnte Arbeit und im Allgemeinen eine Orientierung an den ‚Stakeholdern‘ des Unternehmens festgeschrieben werden. Gibt es beim Vorstand der Volkwagen AG diesbezüglich Maßnahmen, die anstehen oder bereits ergriffen wurden?

Fragen zu Klimaschutz, Klimazielen und Energie- und Rohstoffeinsatz:

  • Die Verbrauchsangaben sind vor allem für die im großen Stil im Angebot befindlichen Plug-in-Hybriden fernab der Praxis auf der Straße. Wie plant die Volkswagen AG die Käufer*innen von Plug-in-Hybriden zukünftig besser über die bei unterschiedlichen Nutzungsprofilen unterschiedlich hohen realen Kraftstoffverbräuche zu informieren? Sollten keine zusätzlichen Informationen geplant sein, warum nicht? Wie hoch sind die realen Durchschnittsverbräuche der einzelnen Plug-in-Hybrid-Modelle auf der Straße (bitte aufzählen)?
  • Trotz der großen Zahl an in Europa verkauften Plug-in-Hybriden und der Serienreife von ID.3 und 4 ist es der Volkswagen AG nicht gelungen, die europäischen CO2-Grenzwerte einzuhalten. Ist es für einen Konzern, der sich selbst als führend bei der Produktion von Elektroautos sieht, nicht beschämend, dass die CO2-Werte des Konzerns noch immer oberhalb der verordneten Vorgaben liegt? Wann wird die Volkswagen AG die EU-Vorgaben unterbieten? Wenn das nicht geplant ist, warum nicht? 
  • Es ist wahrscheinlich, dass im Laufe dieses Jahres eine Verschärfung der europäischen CO2-Flottengrenzwerte für Pkw eingeführt wird. Gleichzeitig zieht die Europäische Kommission einen EU-weiten Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor 2035 oder früher in Betracht. Auch die Bundesrepublik muss mit Blick auf die gerichtlich angeordneten Nachbesserungen des Klimaschutzplans neue Überlegungen anstellen. Wie stellt die Volkswagen AG seinen Konzerntöchter Skoda und Seat/Cupra auf das Ende des Verbrenners ein?
  • Im Nachhaltigkeitsbericht 2020 steht, dass die Volkswagen AG sich konsequent auf profitables Wachstum ausrichtet, Stichwort: „Wettbewerbsfähige Ertragskraft“. Dabei wird sich weiterhin konsequent massiv aufs Auto ausgerichtet, mit dem Problem von Fahrzeuggröße und Gewicht. SUVs waren 2020 mit 5,5 Millionen der insgesamt 13 Millionen Pkw der größte Teil der gebauten Autos. Wann verlässt die Volkswagen AG den Weg der immer größeren und schweren Fahrzeuge und konzentriert sich auf zukunftsfähige, sprich kleine und leichte E-Fahrzeuge?
  • Zukünftig muss effizienter mit den für die Herstellung der Fahrzeuge und Batterien benötigten Ressourcen und der Energie umgegangen werden. Es darf weder einen Wettbewerb um die größten Reichweiten geben, noch darf mit Zertifikaten der Einsatz von fossilen Energiequellen schöngerechnet werden. Ist dem Konzern bewusst, dass der eingesetzte Strom aus erneuerbaren Energien für diese Zwecke zugebaut werden muss? Welche zusätzlichen Mengen EE-Strom plant Volkswagen für den Bau ihrer Batteriefabriken weltweit zuzubauen, wo und in welcher Form?

Gaseinstieg im Wolfsburger Werk:

  • Erdgas ist wie Kohle ein fossiler Energieträger, eine Umstellung der VW-Kraftwerks in Wolfsburg also kein wirklicher Beitrag zum Klimaschutz. Deshalb sind aktuelle Investitionen keine Investitionen in den Klimaschutz, sondern festigen die Verwendung fossiler Energie.  Wie weit sind die Arbeiten an der Gaspipeline, um das VW-Kraftwerk in Wolfsburg auf Gas umzustellen, und wann soll die Umstellung passieren? Wie hoch sind die Investitionen? Haben Sie Pläne, das Werk in Wolfsburg in Zukunft nicht mehr mit Strom aus fossilen Brennstoffen zu betreiben? Ist dies für ihre aktuellen Klimaziele mitberücksichtigt?

Klagen und Lobbyarbeit:

  • Betrachtet man das Gerichtsurteil gegen Shell, den CO2-Ausstoß bis 2030 deutlich zu verringern, und die Dynamiken, die das Urteil derzeit auslöst, weitere solcher Klagen anzustreben, werden alle halbwegs auf Langfristigkeit setzenden Investor*innen die Strategie der Konzerne mit Blick auf diese Urteile einordnen und ihre Investitionen daran orientieren. Auch in der Automobilindustrie wird es dadurch perspektivisch zu rechtlich erzwungenen, schnellen und massiven Veränderungen kommen. Wie stellt sich die Volkswagen AG auf solche Klagen ein?
  • Gab es Spenden der Volkswagen AG oder einer ihrer Tochtergesellschaften an politische Parteien in den Jahren 2018, 2019 und 2020? Oder gab es Stände auf Parteitagen? Wenn ja, wie hoch waren diese, bitte nach Parteien aufschlüsseln.
  • Haben Personen des Volkswagen-Vorstands, des Aufsichtsrats oder Geschäftsführer einer ihrer Tochtergesellschaften als Privatpersonen Spenden an politische Parteien im selben Zeitraum getätigt? 
  • Hat die Volkswagen AG Gruppen, egal welcher Art, unterstützt, die gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen gearbeitet haben? Wenn ja, welcher Gruppen waren das und wieviel Geld wurde gezahlt oder anderer Sachleistungen gewährt?

Frage zu möglichen Klimaklagen

  • Ende Mai dieses Jahres wurde Shell dazu verurteilt bis 2030 seinen CO2-Ausstoß um minus 45 Prozent über alle Scopes hinweg zu reduzieren. Im Gegensatz zu Shell hat VWs Jahresproduktion nicht nur Auswirkungen auf die globalen CO2-Emissionen dieses Jahres, sondern aufgrund der Lebensdauer der Fahrzeuge auch auf die Folgejahre. Entsprechend müsste VW seinen CO2-Fußabdruck deutlich früher reduzieren. Welche Konsequenzen zieht VW aus dem Shell Urteil für den Volkswagen Konzern, wie muss er also seine CO2-Reduktionsziele anpassen, um den Vorgaben, wie sie das Gericht in den Niederlanden gegenüber Shell gemacht hat entsprechen zu können?

Frage zu Compliance

  • Herr Pötsch, Sie wollen das Compliance-Ressort nicht im Vorstand behalten. Doch laut aktuellem Geschäftsbericht sei das Integritäts- und Compliance-Programm „Together4-Integrity“ (T4I) ein zentrales Fundament der neuen Konzernstrategie „TOGETHER 2025+“. Sollte aus Ihrer Sicht nicht auch weiterhin das Compliance-Ressort direkt auf der Vorstandsebene verankert bleiben, um deutlich zu machen, dass das Compliance-Programm auch tatsächlich die versprochene Bedeutung als „zentrales Fundament“ bekommt?

Frage zur Verbrauchswerten von Plug-in-Hybriden

  • Es gibt Kundinnen, die den Stromverbrauch ihrer Plug-in Hybride mit dem Finanzamt abrechnen wollen/müssen. Bei einem deutschen Mitbewerber gibt es die Möglichkeit zu sehen man sehen, wieviel km das Fahrzeug seit der letzten Aufladung elektrisch zurückgelegt hat und wie viele km durch Rekuperation gewonnen wurden. Gibt es solche Angaben auch bei Plug-in Fahrzeugen des Konzerns? Wenn ja, wie kommt man an diese Zahlen? Wenn nein, warum nicht?

Fragen zur Zukunft des Verbrennungsmotors (von ShareAction)

  • Von ShareAction beauftragt reichen wir folgende zwei Fragen ein, die ShareAction Ihnen stellt: Die Europäische Kommission hat nun ihre Verschärfung der CO2-Grenzwerte bestätigt und strebt eine 100-prozentige Reduktion bis 2035 an, also im Wesentlichen ein Auslaufen des Verbrennungsmotors in Europa. Wie die Internationale Energieagentur (IEA) festgestellt hat, müssen andere Regionen bald folgen, um die Emissionen unter dem Niveau zu halten, das mit dem 1,5-Grad-Celsius-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens vereinbar ist. 
    Wird sich Volkswagen über Europa hinaus verpflichten, die Produktion und den Verkauf von Autos und Transportern mit Verbrennungsmotor weltweit bis spätestens 2035 einzustellen, in Übereinstimmung mit den Ergebnissen der IEA und dem Netto-Null-Ziel von Volkswagen?
  • Wird der Vorstand auch ein Update darüber geben, wie Volkswagen seinen Einfluss nutzen wird, um die Verbreitung von E-Fahrzeugen in den anderen Regionen, in denen das Unternehmen tätig ist, zu beschleunigen – z.B. durch Ladeinfrastruktur, erneuerbare Energieerzeugung und Verkehrsregulierung – zum Beispiel auch durch eigene Investitionen und politische Lobbyarbeit?
    ShareAction würde ein Folgetreffen zusammen und den unterstützenden Investor:innen begrüßen, um die Fortschritte auf dem Weg zu einer weltweiten Strategie zu diskutieren.

Fragen zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten

  • Sind Umweltrechts- oder Menschenrechtsverstöße in den jüngsten Audits bei Ihren Zulieferern festgestellt worden und wenn ja, wie viele und was ist genau vorgefallen?
  • Ab 2023 wird auch für Volkswagen das neue Sorgfaltspflichtengesetz bzw. Lieferkettengesetz gelten. Inwieweit prüfen sie bereits, ob Ihre bisherigen Managementsysteme den gesetzlichen Anforderungen entsprechen?
  • Ist der Vorstand über den Dialog zwischen dem Menschenrechtszentrum Fray Julián Garcés, MISEREOR und den bei VW für Wirtschaft und Menschenrechte, Umwelt und Lieferketten zuständigen Personen zu einer möglichen Verantwortung von Zulieferbetrieben sowie möglicherweise auch von VW Mexiko selbst für die Verschmutzung des Flusses Atoyac/Zuhuápan, die erhebliche negative Auswirkungen für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen in Tlaxcala/Puebla haben, informiert?
  • Ist der Vorstand bereit, in diesem Fall eine den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte entsprechende und durch das kürzlich verabschiedete Lieferkettengesetz ab 2023 ohnehin gesetzlich vorgeschriebene umfassende umwelt- und menschenrechtliche Risiko- und Folgenabschätzung zu unterstützen?

Fragen zu Arbeitsbedingungen bei Moia

Bei Ihrem Tochterunternehmen, dem Ridepooling-Anbieter Moia, häufen sich die Beschwerden über die Arbeitsbedingungen. Jeder Toilettengang der Fahrer*innen muss als Arbeitszeitunterbrechung technisch dokumentiert werden. Solche Arbeitszeitunterbrechungen werden von der Arbeitszeit abgezogen. Ein Toilettengang muss als Unterbrechung angemeldet werden, die das System unter Umständen sogar verwehren kann. Für unvermeidliche ­Toilettenpausen kann nun ein Antrag auf Erstattung der abgezogenen Vergütung gestellt werden, aber auch nur, nachdem die IG Metall die Lohneinbußen durch unvermeidliche Toilettenpausen angeprangert hatte.

  • Halten Sie die Praxis von Moia mit den Standards von Volkswagen im Umgang mit Beschäftigten vereinbar, wenn diese für unvermeidliche Toilettengänge zunächst weniger Lohn erhalten und dies erst per Antrag wieder zurückerhalten können?
  • Halten Sie das Geschäftsmodell von Moia aktuell für profitabel oder erst dann, wenn der Dienstleister mit autonom fahrenden Fahrzeugen operiert?

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