Gegenanträge

Gegenantrag zu TOP 3, Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2016

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands der Volkswagen AG für das Geschäftsjahr 2016 keine Entlastung zu erteilen.

Begründung:

Die Geschehnisse rund um den bereits 2015 bekannt gewordenen Abgasskandal bei der Volkswagen AG führten nach unserer Auffassung auch im Geschäftsjahr 2016 nicht zu den notwendigen Konsequenzen im Konzern.

Nach wie vor wurde von Seiten der Volkswagen AG nicht bekanntgegeben, welche Anforderungen das Kraftfahrtbundesamt an die offizielle Rückrufaktion der 2,5 Millionen in Deutschland betroffenen Fahrzeuge gestellt hat. Untersuchungen zeigen, dass die Fahrzeuge auch nach der Rückrufaktion im Realbetrieb noch mehr als die erlaubten 180 mg/km Stickoxid (NOx) ausstoßen. Kundinnen und Kunden beschweren sich bei einzelnen Modellen darüber hinaus über ein verändertes Verhalten der Fahrzeuge nach der Rückrufaktion.

Ebenfalls unklar sind die Vorgaben für die zusätzlich zur offiziellen Rückrufaktion vom Kraftfahrtbundesamt auferlegten ‘freiwilligen Serviceaktion‘ von der zusätzlich 292.000 Fahrzeuge des Konzerns betroffen sind.

Der Vorstand der Volkswagen AG muss gewährleisten, dass alle Fahrzeuge, die im Rahmen der ‘freiwilligen‘ und behördlich angeordneten Rückrufen nachgebessert wurden, ihre gesetzlichen Stickoxidgrenzwerte auch im realen Betrieb auf der Straße einhalten.

Wenn der Konzern die Verantwortung für seine Produkte ernst nimmt, muss darüber hinaus auch verstärkt an Nachrüstmöglichkeiten für Euro-5-Diesel-Pkw und Nachbesserungen für Euro-6-Diesel-Pkw gearbeitet werden. Denn aktuelle Untersuchungen zeigen, dass auch der Großteil der aktuell bei den Händlern stehenden Euro-6-Diesel-Modelle ihre gesetzlichen Stickoxid-Grenzwerte lediglich auf dem Prüfstand im Labor, nicht jedoch im Realbetrieb auf der Straße einhalten. All diese Fahrzeuge laufen Gefahr, schon bald in einige hoch belastete Innenstädte nicht mehr einfahren zu dürfen.

Die Volkswagen AG muss gewährleisten, dass alle fabrikneuen Fahrzeuge des Konzerns zumindest den Anforderungen für ab Herbst 2017 neu auf den Markt kommende Modelle entsprechen. Andernfalls macht sich der Konzern auch weiterhin mitschuldig an den hohen Stickoxid-Belastungen in den Städten und Kommunen.

Der Vorstand hat – trotz Ankündigungen im Bereich der Elektroautos – im letzten Jahr das Ziel, der nachhaltigste Automobilhersteller der Welt zu werden, nicht ausreichend verfolgt.

Während immer weitere noch größere und schwerere Pkw-Modelle vorgestellt werden, fehlen beispielsweise Konzepte im Bereich der (lokal-)emissionsfreien Lieferverkehre oder Personentransporte in der aktuellen Produktpalette. Ankündigungen allein reichen nicht, um den Vorstand zu entlasten.

Um seine Glaubwürdigkeit diesbezüglich zukünftig zu stärken, muss der Vorstand die im Nachhaltigkeitsbericht genannten Handlungsfelder Gesundheit, gesellschaftliche Verantwortung sowie Klima- und Umweltschutz stärker bei seinen Entscheidungen und Handlungen berücksichtigen. Dazu gehört auch, CO2-Grenzwerte für Pkw und Lkw sowie neue, transparente Messverfahren zur Ermittlung offizieller Verbrauchswerte nicht weiter durch eigene Lobbyarbeit und die des Branchenverbandes VDA in Brüssel und Berlin zu konterkarieren.

Als einmal mehr konzernschädigend und kundenunfreundlich muss das Verhalten des Vorstandsvorsitzenden Matthias Müller bezeichnet werden. Müller hatte in einem Brief an EU-Kommissionspräsident Juncker dessen Justizkommissarin Věra Jourová kritisiert. Die hatte wiederholt eine Entschädigung für die europäischen VW-Kunden gefordert – ähnlich der, wie sie VW seinen US-amerikanischen Kunden zahlt.

 

Gegenantrag zu TOP 4,  Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2016

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Volkswagen AG für das Geschäftsjahr 2016 keine Entlastung zu erteilen.

Begründung:

Der Aufsichtsrat der Volkswagen AG hat seine Aufsichtsfunktion nicht ausreichend wahrgenommen, sondern den Vorstand in seinem Tun bestärkt. Auch mehr als anderthalb Jahre nach dem öffentlichen Bekanntwerden der illegalen Manipulationen sind die Geschehnisse noch immer nicht vollständig aufgeklärt.

Die vorzeitige Verlängerung des Vertrags für den Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch bis 2022 ist ein Musterbeispiel für schlechte Corporate Governance. Der ehemalige Finanzvorstand des Konzerns, der 2015 ohne die im Deutschen Corporate Governance Kodex vorgesehene Abkühlzeit nahtlos zum Vorsitzenden des VW-Kontrollgremiums und damit zum „Chefaufklärer“ des Abgas-Skandals aufstieg, ist eine denkbar ungeeignete Besetzung für diesen Posten. Die Entscheidung, seinen Vertrag zu verlängern, wird nicht dazu beitragen, wieder Vertrauen zum VW-Konzern zu fassen.

Auch das – von außen gesehen überraschende – Ausscheiden von Christine Hohmann-Dennhardt zeigt, dass von neuer Unternehmenskultur nicht die Rede sein kann.  Die ehemalige Richterin am Bundesverfassungsgericht hatte den Posten „Integrität und Recht“ im VW-Vorstand nur 13 Monate inne. Der gesamte Aufsichtsrat muss sich fragen lassen, ob es nicht vorhersehbar war, dass die Ex-Richterin „aufgrund unterschiedlicher Auffassungen über Verantwortlichkeiten und die künftigen Verantwortlichkeiten und die künftigen Arbeitsstrukturen in ihrem Ressort“ – so die Begründung, die VW im Januar 2017 angab – bald zu einem Problem für VW werden würde. Mit der hohen Abfindung von 12 Millionen Euro für Christine Hohmann-Dennhardt festigt der Volkswagen-Konzern seinen Ruf, zum Ausplündern einzuladen. VW hatte auch Hohmann-Dennhardts finanzielle Ansprüche aus ihrer Vorstandstätigkeit bei der Daimler AG übernommen.

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