Gegenanträge zur Vonovia-Hauptversammlung

Plattform kritischer Immobilienaktionär*innen fordert Umverteilung der Vonovia-Dividende

Zu der Hauptversammlung der Vonovia SE am kommenden Freitag, 16. April 2021, haben kritische AktionärInnen eine Reihe von Gegenanträgen gestellt. Vor allem fordern sie einen Verzicht auf die vom Vorstand geplante Ausschüttung einer Dividende in Höhe von 956 Mio. Euro. Die Dividende beläuft sich damit auf ca. 37 Cent pro Euro Miete, – und das trotz der vielen Einkommensverluste durch die Pandemie! Die im Vorjahr erzielten Überschüsse müssten jetzt vollständig für einen solidarischen Ausgleich der Corona-Folgen und den sozial-ökologischen Umbau der Wohngebiete eingesetzt werden.

Gegenveranstaltung zu Hauptversammlung der Vonovia SE am 15. April 2021, 18 Uhr
Am Vorabend der Aktionärskonferenz beteileigen wir uns wieder an einer Gegenveranstaltung. Gemeinsam mit dem Deutschen Miererbund (NRW + Bund) sowie dem VoNO!via-MieterInnenbündnis  bieten wir den kritischen Stimmen derjenigen ein Forum, die diesen „Erfolg“ der Vonovia SE bezahlen: den Mieterinnen und Mietern. Anhand konkreter Erfahrungen aus verschiedenen Städten werden wir aufzeigen, mit welchen inakzeptablen Methoden die Vonovia durch Betriebskostenabrechnungen und Mieterhöhungen nach Modernsierungen Gewinne erzeilt und wie sich organisierte MieterInnen dagegen wehren können.

YouTube: https://youtu.be/sbNJUGoLM7A



Gegenanträge zur Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns (TOP 2)

Gegenantrag von Knut Unger

Beschlussvorschlag:
Der im Jahresabschluss der Vonovia SE zum 31. Dezember 2020 ausgewiesene Bilanzgewinn in Höhe von 1 Mrd. Euro wird komplett in die Gewinnrücklage eingestellt. Er soll zweckbestimmt für die soziale Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie, eine nicht rendite-orientierte Bauerneuerung und die Herstellung von Klimaneutralität eingesetzt werden. Auf eine Dividendenausschüttung wird verzichtet.

Begründung:
Nach Berechnungen der Plattform kritischer Immobilienaktionär*innen beträgt die vom Vorstand vorgeschlagene Dividendenausschüttung auch in diesem Jahr rund 37 Prozent der Mieteinnahmen des Vorjahres. Dabei wurde der Teil der Gewinne, der aufgrund von Verkäufen und Service-Leistungen (Value Add) zustande kommt, nicht berücksichtigt. Auch diese Geschäfte führen zu zusätzlichen Nachteilen und unnötigen Wohnkostenbelastungen für die MieterInnen.

Die hohe Abschöpfung der Mietereinkommen für den Share Holder Value ist schon vor der Pandemie sozial inakzeptabel gewesen. Initiativen wie „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ und “VoNO!via-MieterInnenbündnis” sind Ausdruck dafür, dass börsennotierte Konzerne auf wachsende Akzeptanzprobleme stoßen. Die Wohnungspolitik kommt nicht umhin, darauf zu reagieren. Der Mietendeckel in Berlin hat bereits zu Mietrückgängen der Vonovia geführt. Nach der Bundestagswahl ist mit weiteren regulativen Eingriffen in die Mietsteigerungen und andere Werttreiber der Vonovia zu rechnen.

Hinzu kommen die Folgen der Corona-Pandemie. Viele Menschen haben sich verschuldet oder Ersparnisse aufgebraucht, um Mieten zu finanzieren, die zu einem großen Teil den Finanzanlegern als leistungslose Gewinne zufließen. Viele der Milliarden, die die öffentliche Hand in die Soforthilfen und den Ausbau der sozialen Sicherung der Krisen-Betroffenen investiert, wirken als Subventionen privater Immobilien-Renditen und damit in die Fortführung eines ohnehin verfehlten Geschäftsmodells. Die Finanzierung der Krisengewinne der privaten Immobilienwirtschaft kann sich diese Gesellschaft nicht länger leisten.

Die im Vorjahr erzielten Überschüsse müssen jetzt vollständig für einen solidarischen Ausgleich der Corona-Folgen und den sozial-ökologischen Umbau der Wohnverhältnisse eingesetzt werden.

Deshalb fordert die Plattform kritischer Immobilienaktionär*innen:

  1. Die Vonovia zieht alle Mieterhöhungen seit Beginn der Pandemie zurück. Mietschulden, die bislang aufgrund der Coronakrise entstanden sind, werden auf Dauer erlassen.
  2. Die Vonovia wendet die Bestimmungen des Berliner Mietendeckels auf ihren gesamten Wohnungsbestand an. Die Bruttomieten der Vonovia SE für Wohnungen üblicher, angemessener Größe werden auf 25 Prozent der verfügbaren Haushaltseinkommen der jeweiligen MieterInnen begrenzt.
  3. 30 % des Bilanzgewinns 2020 werden in einen neu zu schaffenden Solidarfonds der Wohnungswirtschaft zur Absicherung pandemiebedingter Einkommensausfälle eingebracht.
  4. Das Geschäftsmodell der gewinnsteigernden konzerninternen Abrechnungen wird beendet. Die seit 2016 im großen Stil zu Unrecht eingenommen Nebenkosten und Mieterhöhungen nach Modernisierungen werden den MieterInnen unaufgefordert erstattet.
  5. Der Rest des Bilanzgewinns wird in eine zweckbestimmte Rücklage zur klima- und warmmietenneutralen Erneuerung der Wohnviertel eingestellt.



Gegenantrag von Defne Kadioglu, Malmö

Beschlussvorschlag:

”Der Bilanzgewinn soll vollständig in die Rücklagen eingestellt und zweckbestimmt für die soziale Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie, eine nicht Rendite-orientiere Bauerneuerung und die Herstellung von Klimaneutralität eingesetzt werden. Auf eine Dividendenausschüttung wird verzichtet.”   

Begründung:

Der Bezirk Husby im Stadtteil Rinkeby-Kista in Stockholm ist eine der am stärksten von sozialer und ökonomischer Marginalisierung betroffenen Gegenden in der Schwedischen Hauptstadt. Die Arbeitslosigkeit ist etwa doppelt so hoch wie der schwedische Durschnitt. Der ganze Stadtteil ist von räumlicher Stigmatisierung durch die schwedischen und sogar europäischen Medien betroffen. Husby ist zudem auch einer der am stärksten von Corona betroffen Stadteile Schwedens mit einer überdurschnittlich hohen Erkrankungs- und Sterberate (siehe: https://www.thelocal.se/20200407/these-are-the-stockholm-districts-worst-affected-by-thecoronavirus ). Vonovia SE besitzt seit dem Kauf von Hembla AB von Blackstone seit Ende 2019 etwa 40 Prozent des Gebäude-Bestandes in Husby. 

Die Probleme, die MieterInnen bereits mit Blackstone hatten, haben sich auch nach dem Eigentumsübergang auf die Vonovia nicht verbessert. Insbesondere fällt auf, dass die Vonovia die Strategie der “Konzeptrenovierung” weiter nutzt, um die Mieten in Husby anzutreiben: Leere Wohnungen werden renoviert und dann zu einem wesentlich höheren Mietpreis neu angeboten. Unterdessen werden nicht-renovierte Wohnungen stark vernachlässigt. MieterInnen berichten von Löchern in der Küchenwand, Schimmel und undichten Fenstern. 

Abgesehen von den höheren Mietpreisen, die sich die ohnehin schon stark prekarisierten BewohnerInnen Husbys nur schwer leisten können, steht auch die Qualität der Renovierungen selbst zur Debatte: Einem Mieter wurde eine neue -renovierte -Wohnungen zugestanden, nachdem es in seiner alten Wohnung einen Wasserschaden gab. Allerdings gab es in diesen neuen Wohnungen erhebliche Probleme, wie etwa hervorstehende Schrauben, wie auch immer wieder Schimmel, Verfärbungen, undichte Balkontüren etc.. Probleme gibt es auch bei der Kommunikation: Das lokale Büro hat nur vier Stunden pro Woche geöffnet. Die BewohnerInnen wurden aufgefordert, ein regionales Vonovia-Call-Center anzurufen. Dort hängen sie oft für 45 Minuten in der Warteschleife und die Call-Center-MitarbeiterInnen selbst haben oft keine Informationen über die spezielle Situation in Husby, was die Problembeseitigung weiter erschwert.

Zudem wurde im März 2021 verkündet, dass Hembla AB und Victoria Park AB – die beiden Schwedischen Wohnungsunternehmen die Vonovia SE in den Jahren 2018 und 2019 gekauft hat- als assoziierte Mitglieder der Schwedischen Allmännytta (ehemals SABO, die Schwedische Vereinigung Kommunaler Wohnungsunternehmen) ernannt werden sollen. Angesichts der Unzufriedenheit der MieterInnen wird die Mitgliedschaft der Vonovia SE in dieser gemeinwohlorientierten Vereinigung von MieterInnen und AktivistInnen mehr als kritisch betrachtet. Das Thema wurde auch von einer schwedischen Kommunalpolitikerin aufgegriffen, die Allmännytta für diese Entscheidung gerügt hat: https://www.nyhetsbyranjarva.se/obegripligt-att-hembla-slapps-in-i-sveriges-allmannytta/?fbclid=IwAR2_sA_-GurI86J9-WGdX4UIR4w-7CUeYgGHTYOk-ppRlptMntcjpzEiGx4  

Allmännytta hat den Anspruch qualitativ hochwertiges und bezahlbares Wohnen für alle Menschen in Schweden zu sichern (siehe hier: https://www.sverigesallmannytta.se/in-english/). Demnach fordern wir, dass Vonovia SE diese Mitgliedschaft nicht nur zur gesellschaftlichen Reinwaschung der eigenen fragwürdigen Praktiken verwendet – wie von den Mietern und Kritikern vermutet wird-, sondern zu ihrer Verantwortung steht. Wir fordern:  

  • Die Bruttomieten der VONOVIA SE für Wohnungen üblicher, angemessener Größe werden auf 25 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens begrenzt.
  • Mietschulden, die bislang aufgrund der Corona-Krise entstanden sind, werden auf Dauer erlassen.
  • 30% des Bilanzgewinns 2020 werden in einen Solidarfond der Wohnungswirtschaft zur Absicherung Corona-bedingter Einkommensausfälle eingebracht
  • Der Rest des Bilanzgewinns wird in eine Rücklage zur sozialen und klimaneutralen Bauerneuerung eingestellt. 


Gegenantrag von Karl-Heinz Paskuda

Beschlussvorschlag:
Die vorgesehene Dividenden-Erhöhung ist zurückzunehmen, die Dividende ist auszusetzen und stattdessen müssen die erzielten Gewinne anders verwendet werden, und zwar:

– Es muss eine umfassende Rücklage für Instandsetzungen gebildet werden; zudem müssen wesentlich mehr Gebäude instandgesetzt werden.

– MieterInnen, die in der Pandemie ihre Mieten nicht zahlen konnten/können, muss ihre Miete erlassen werden.

– Es muss im gesamten Konzern eine umfassende Mietabsenkung erfolgen.“

Begründung:

Die Veröffentlichungen, die belegen, dass rund ein Drittel aller Mieten direkt an uns AktionärInnen gehen, sind offensichtlich korrekt. Sie sind für alle VONOVIA-AktionärInnen damit reputationsschädigend. Im Interesse aller AktionärInnen ist es nicht tragbar, derartige Gewinne auf Kosten unterer Einkommensschichten zu erzielen. Die zudem im Antrag geforderte Erhöhung einer Instandsetzungs-Rücklage ist dringend geboten, da VONOVIA mit einer Vielzahl von Immobilien der 50er- bis 70er-Jahre eine große Anzahl von Wohnungen besitzt, die eigentlich (auch aufgrund der schlechten damaligen Bausubstanz) nahe der Restlebenszeit von Gebäuden angelangt sind. Instandhaltungen über den Umweg von Modernisierungen stoßen zunehmend auf Widerstand und sind von den MieterInnen auch nicht mehr finanzierbar. Die soziale Verantwortung unseres Konzern verlangt es zudem, pandemiegeschädigten MieterInnen generell Hilfen in größerem Umfang zu gewähren. Die Glaubwürdigkeit in Fragen nachhaltiger Vorgehensweise ist sehr gefährdet, wenn grundlegende soziale Fragen sich nicht in einer verantwortungsvollen Geschäftspolitik widerspiegeln.

Zur Webseite der Plattform kritischer Immobilienaktionär*innen

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