Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
mein Name ist Liva Schäfer und ich spreche für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Wir haben Gegenanträge eingereicht, die ich hiermit auf formal stelle.
Ferner habe ich noch weitere Fragen an Sie:
In Ihrem aktuellen Geschäftsbericht schreiben Sie, dass Sie weiterhin daran arbeiten, Ihre gesamte Wertschöpfungskette klimaneutral zu gestalten. Dazu wollen Sie u.a. bis 2025 die THG-Emissionen je Produkt um 15% im Vergleich zu 2017 reduzieren. Die durchschnittlichen jährlichen THG-Emissionen gingen zwar pro Produkt im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr tatsächlich um 3% zurück, jedoch nehmen die gesamten CO2-Emissionen volumenbedingt weiter zu. Zudem zeigt insbesondere ein genauerer Blick auf die Scope 2-Emissionen: Diese sind in 2023 weiter angestiegen.
– Wie können Sie das erklären?
– Wie sehen Ihre Prognosen für das aktuelle Geschäftsjahr bzgl. Ihrer Scope 2-Emissionen aus?
Angesichts der Tatsache, dass mehr als 97% Ihrer THG-Emissionen in Ihrer Lieferkette entstehen, insbesondere in der Rohstoffproduktion und -verarbeitung, legen Sie – vor dem Hintergrund Ihres ambitionierten Klimaziels bis 2050 klimaneutral zu werden – zu unkonkrete Emissionsreduktionsmaßnahmen für Ihre gesamten Scope 3-Emissionen vor.
– Sie erwarten Sie von Ihren Zulieferern, dass sie sich bis 2024 von der SBTi abgenommene Ziele setzen. Wie ist da der aktuelle Stand? Geht das voran?
Des Weiteren ist es angesichts des aktuellen IPCC-Berichts und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz unangemessen, dass Sie 70% Ihrer CO2-Emissionen erst nach 2030 reduzieren wollen. Denn der IPCC-Bericht betont, dass die globalen THG-Emissionen bis 2030 halbiert werden müssen, um die Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Er mahnt, dass die derzeitigen Maßnahmen nicht ausreichend sind.
– Warum setzen Sie sich kein ambitionierteres Klimaziel und versuchen im Einklang mit den Analysen des IPCC-Berichts Ihre THG-Emissionen bis 2030 um 50% zu senken?
Sie schreiben, dass Sie eng mit Partnern zusammenarbeiten, um Recyclingtechnologien und kreislaufwirtschaftliche Geschäftspraktiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette auszubauen und beteuern, dass „ein wichtiger Fokus Ihrer Arbeit die Reduzierung der Umweltauswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette“ sei.
Aus Ihrem aktuellen Geschäftsbericht wird dabei deutlich, dass Sie in Bezug auf Ihr Klimaziel mit der „gesamten Wertschöpfungskette“ lediglich die vorgelagerte Wertschöpfungskette („Rohstoffproduktion“) und Ihre „eigenen Standorte“ verstehen. Jedoch entsteht ein großer Teil Ihrer THG-Emissionen während der Entsorgung und Behandlung von Produkten, nachdem sie am Ende ihrer Lebensdauer sind (142.945 t CO2e in 2023).
– Sind im Rahmen Ihrer Emissionsreduktionsziele auch solche Maßnahmen vorgesehen, die eine Reduktion jener THG-Emissionen anstreben, die durch die Entsorgung und Recycling der Produkte am Ende Ihres Lebenszyklus entstehen?
Sie schreiben weiter, dass Sie sich „durch Maßnahmen wie Recycling und Wiederverwendung kontinuierlich bemühen, die Abfallvermeidung in der gesamten Beschaffungskette zu optimieren“.
– Inwiefern haben Sie einen Überblick darüber, ob die von Ihnen zum Recycling vorgesehenen Produkte tatsächlich am Ende recycelt werden?
– Haben Sie Zahlen zur Verbrennungsquote Ihrer Produkte?
Ein weiteres Mal möchte ich Sie fragen:
– Planen Sie, auch solchen Abfall und Emissionen zu reduzieren, die entlang Ihrer nachgelagerten Wertschöpfungskette, also durch den Vertrieb (Versand und Rückversand) an und die nicht umweltgerechte Entsorgung der Produkte durch den*die Konsument*in entstehen, also alle THG-Emissionen, die in Verbindung mit den verkauften Waren des Unternehmens stehen und anfallen, nachdem ein Produkt die Kontrolle Ihres Unternehmens verlassen hat?
– Haben Sie vor, die Reduktion der Downstream-Emissionen in Ihr Klimaschutzziel mitaufzunehmen und entsprechende Maßnahmen zu formulieren und umzusetzen? Wenn nicht, warum nicht? Wenn ja, welche Maßnahmen planen Sie konkret, um Ihre Downstream-Emissionen bis 2050 auf null zu senken?
Klimaneutralität bis 2050 können Sie als Unternehmen nur erreichen, wenn Sie die Emissionen Ihrer gesamten Wertschöpfungskette berücksichtigen, auch die Emissionen der nachgelagerten Wertschöpfungskette, nicht nur der Beschaffungskette.
Eine Recherche der Zeit in Zusammenarbeit mit dem Investigativ-Format Vollbild des Südwestrundfunks in Bezug auf das Textilunternehmen Zalando hat die enormen Versand- und Rückversand-Distanzen der Kleidung und die Intransparenz ihrer Entsorgung aufgezeigt.
– Arbeitet auch für sie ein Logistikdienstleister, sodass sie als Konzern den Versand und Rückversand der Artikel nur ungenügend transparent verfolgen und ein angemessenes Recycling sicherstellen können?
Adidas nahm 2022/2023 am ‚Organic Coton Accelerator’s Farm Program‘ teil und bezog Bio-Baumwolle von Kleinbauern in Indien. Dies ist begrüßenswert. Jedoch ist im Vergleich zu 2022 der Anteil der Bio-Baumwolle an der gesamten Baumwolle, die Sie einkaufen, im Jahr 2023 gesunken (von 3,7% auf 2,7%).
– Aus welchen Gründen?
– Warum ist ganz grundsätzlich lediglich ein kleiner Teil der von Ihnen bezogenen Baumwolle aus biologischer Landwirtschaft?
Der Anteil der von Drittparteien zertifizierter Baumwolle ist hingegen von 96% auf 97% gestiegen.
– Um welche Drittparteien handelt es sich hierbei?
– Auf welchen Kriterien basiert die Zertifizierung?
– Warum nennen Sie diese nicht in Ihrem Geschäftsbericht?
Aus Ihrem Geschäftsbericht wird deutlich, dass gegenwärtig mehr als 99% des Leders, das Sie für Ihre Produkte beziehen, nach dem LWG (,Leather Working Group‘)-Auditprotokoll geprüft werden, wobei der Großteil der von Ihnen eingesetzten Häute von Gerbereien mit der höchstmöglichen Bewertung (Gold) bezogen wird. Sie halten demnach fest, dass „das von Ihnen bezogene Leder zum Großteil aus verantwortungsvoller Beschaffung“ stammt.
– Meine erste Frage dazu ist: Warum ist nicht 100% Ihres Leders zertifiziert? Was ist mit dem restlichen Lederanteil, den Sie für Ihre Produkte beschaffen?
Die ,Leather Working Group‘ (LWG) ist eine globale gemeinnützige Organisation, deren Arbeit sich auf die ökologische Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette von Leder konzentriert. Sie legt demnach den Fokus lediglich auf ökologische Kriterien, wie den Einsatz und verantwortungsvollen Umgang mit Chemikalien.
Zwar ist es lobenswert, dass sie sich im vergangenen Geschäftsjahr dazu verpflichtet haben, die Beschaffungskette für Leder bis spätestens 2030 abholzungsfrei zu gestalten und sich dem Thema der Rückverfolgbarkeit verstärkt annehmen. Von der LWG wird hingegen weiterhin nicht die Art der landwirtschaftlichen Betriebe, die Haltung der Tiere, ihr Transport und wie sie getötet werden, berücksichtigt. Tierwohl und die allgemeinen Auswirkungen der Massentierhaltung und somit Lederproduktion auf das Klima spielt daher bei der LWG-Zertifizierung keine Rolle. Peta und andere NGOs haben aufgezeigt, warum LWG im Hinblick auf Tierschutz versagt und auch den ökologischen Auswirkungen der Lederproduktion kaum entgegensteuern kann. Zwar versucht auch die LWG durch die Rückverfolgung der Tierhäute bis zum Schlachthof die Abholzung für Leder zu reduzieren, doch die Lieferketten sind so intransparent, dass dies kaum möglich ist. Selbst Schlachthofzulieferer wissen oft nicht, woher die Rinder stammen, die sie töten.
– Somit widersprechen Sie sich selbst, wenn Sie sagen: „Wir befolgen die Standards zur Beschaffung von Materialien tierischen Ursprungs auf ethische und nachhaltige Weise, die dem Tier- und Artenschutz Rechnung trägt“. Das ist nicht richtig. Warum behaupten Sie das?
Wenn Sie Tier- und Umweltschutz ernst nehmen, wäre es lobenswerter, Tierleder komplett zu vermeiden. Jedoch halten Sie weiter an Produkten aus Leder fest.
– Haben Sie bereits darüber nachgedacht, vermehrt Lederalternativen für Ihre Produkte zu nutzen, wie Leder aus Pilzen oder auf der Basis von Hefezellen?
– Wie viel Tonnen Leder verarbeiten Sie pro Jahr für Ihre Produkte und aus welchen Ländern?
Und ich habe noch eine letzte Frage: In welchen Ländern werden mit welchen Anteilen Ihre Produkte hergestellt?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.