„Ihre fossilen Richtlinien gelten nicht für Pimco und Allianz Global Investors“: Rede von Regine Richter, urgewald

Sehr geehrter Herr Bäte, Herr Diekmann, sehr geehrter Vorstand, Aufsichtsrat und sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,

mein Name ist Regine Richter, ich arbeite bei der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald und habe Stimmrechte vom Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre erhalten.

Bei urgewald treibt uns besonders die Klimakrise um und welche Rolle Versicherungen bei ihrer Bekämpfung spielen können. Wir sind dazu immer wieder im Gespräch mit Ihnen, haben die Weiterentwicklung Ihrer fossilen Richtlinien immer wieder gelobt, sehen aber immer noch viel Potenzial für weitere Verbesserungen. Dazu habe ich eine Reihe von Fragen.

1) Im Februar ist ein Bericht zu US LNG erschienen. Die Organisationen Rainforest Action Network und Public Citizen haben Versicherungszertifikate für US LNG Terminals erfragt und ausgewertet. Erhalten haben sie Informationen zu sieben existierenden, im Bau befindlichen sowie für eine Erweiterung vorgesehenen LNG-Terminals und ihre Versicherer. Bei zwei von diesen war die Allianz beteiligt: Cameron LNG in Louisiana an der US-Golfküste und Tacoma LNG im Bundestaat Washington. Für beide sind Erweiterungen geplant.

Flüssigerdgas aus den USA ist quasi gleichbedeutend mit Fracking, was eine besonders umweltschädliche Fördermethode darstellt. Zudem befinden sich viele der in Betrieb befindlichen und geplanten Terminals wie auch Cameron LNG in Gemeinden, in denen Indigene, Schwarze oder People of Color leben, wodurch ein langjähriges Erbe des Umweltrassismus an der US-Golfküste fortgeschrieben wird. Zusammen mit weiteren petrochemischen Anlagen verschlechtern die LNG-Terminals die Luftqualität in diesen Regionen und steigern so das Gesundheitsrisiko. Entlang der US-Golfküste, wo bis zu 20 neue Projekte geplant sind, organisieren sich die Betroffenen und leisten Widerstand gegen die Pläne.

Präsident Biden hat auf die Proteste und Klimaprobleme von Fracking sowie LNG reagiert und im Januar ein Moratorium für neue LNG-Exportgenehmigungen verhängt.

Dazu die Frage:

Zieht die Allianz Konsequenzen aus dem genannten und anderen Berichten zu den zahlreichen Problemen von LNG-Infrastruktur in den USA und steigt aus den genannten Projekten aus?

Neben dem Bericht über US LNG Terminals gab es ja am Montag noch einen Bericht von Correctiv, wo es um die Versicherung eines Betreibers europäischer LNG-Terminals ging. Da kommt neben den Klimaproblemen noch dazu, dass über die vom Versicherungsnehmer Fluxys betriebenen LNG-Terminals auch russisches Flüssigerdgas nach Europa gelangt und dabei die russische Kriegskasse füllt.

Wie rechtfertigt die Allianz die Versicherung von einem Unternehmen, das den Import von russischem Gas unterstützt? Welche Anstrengungen wollen Sie unternehmen, um künftig Russland nicht mehr weiter indirekt in wirtschaftlichen Unternehmungen zu unterstützen? 

Generell zu dem Komplex die Frage:

Planen Sie eine Weiterentwicklung der Öl- und Gasrichtlinie und werden die Versicherung von (neuen) LNG-Terminals und anderer Gasinfrastruktur ausschließen?

2) In dem US LNG Bericht wird zudem die Rolle von Versicherern als Geldgebern thematisiert. Die Allianz Tochter Allianz Life Insurance Company of North America hat sich im September 2023 an einem Kredit für das Unternehmen Next Decade beteiligt. Next Decade ist die Firma hinter dem Rio Grande LNG in Südtexas.  Die umliegenden Gemeinden dort haben sich gegen dieses LNG-Projekt ausgesprochen und Resolutionen dagegen verabschiedet, in denen sie ihre Sorge über die Beeinträchtigung von Feuchtgebieten, Lebensräumen und der Luftqualität zum Ausdruck bringen. Darüber hinaus wurden für das Rio Grande LNG mit Bulldozern Feuchtgebiete und unberührtes Land gerodet, das dem Carrizo/Comecrudo-Stamm in Texas heilig ist. Der Stamm lehnt das Projekt ab, er wurde von NextDecade jedoch nie konsultiert.

Nach Ihrem „Allianz Sustainability Integration Framework“ werden Transaktionen unter „Risiken für lokale Gemeinschaften“ drauf gescreent, ob vorher informierte Zustimmung vorliegt (FPIC) (https://www.allianz.com/content/dam/onemarketing/azcom/Allianz_com/sustainability/documents/Allianz_Sustainability-Integration-Framework.pdf, S.23). Gilt dieser Ansatz konzernweit und müssten dann nicht auch Töchter wie die Allianz Life Insurance Company of North America solche Fragen klären? Was  passiert, wenn keine Zustimmung vorliegt?

3) Die ambitionierten fossilen Richtlinien der Allianz SE gelten nicht für die Unternehmenstöchter Pimco und Allianz Global Investors, wo diese Vermögen für Dritte verwalten. Gestern gab es ja auch zu dem Themenkomplex einen längeren Correctivartikel.
Allianz Global Investors hat eine eigene Kohlerichtlinie, die jedoch weniger ambitioniert ist als die von Allianz SE. Pimco hat keine Kohlerichtlinie. Veröffentlichte Richtlinien für Öl und Gas fehlen bei beiden komplett. Gerade Pimco findet sich deshalb regelmäßig als Investor in Kohle-, Öl- und Gasunternehmen, die massiv expandieren, u.a. in Südostasien. Dort z.B. bedrohen die Ausbaupläne der San Miguel Corporation die Verde Island Passage, den sogenannten Amazonas der Meere. Pimco ist der zweitgrößte Investor weltweit in die San Miguel Corporation. Wie wollen Sie mit dem Problem umgehen, dass gerade die massiven fossilen Investitionen von Pimco sich negativ auf das angestrebte nachhaltige Image der Allianz auswirken? Werden Sie Druck auf Pimco ausüben, damit das Unternehmen zukünftig strengere fossile Ausschlüsse einführt? 

4) Messen Sie, zu wieviel Rückgang versicherter Treibhausgasemissionen die neue Öl- und Gasrichtlinie führt und wenn ja, wie hoch ist dieser?

5) Die Öl- und Gasrichtlinie erlaubt beim Ausschluss von Versicherungen für neue Öl- und Gasfelder klar definierte Ausnahmen aus Energiesicherheitsgründen. Sind diese im Jahr 2023 genutzt worden?

Vielen Dank!

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