„Ihre Klimaschutz-Richtlinien gelten nicht für die Unternehmenstöchter Pimco und AGI“: Rede von Regine Richter, urgewald

Sehr geehrter Herr Bäte, sehr geehrter Allianz Vorstand und Aufsichtsrat und sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,

mein Name ist Regine Richter, ich arbeite bei der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald und habe Stimmrechte vom Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre erhalten.

Wir unterhalten uns seit inzwischen vielen Jahren immer wieder über das Klimathema und wir sehen, dass die Allianz da viel Problembewusstsein hat und einiges an Policies im Kohle-, Öl- und Gasbereich, die gut und wichtig sind.

Aus unserer Sicht gehen sie aber immer noch nicht weit genug.

So sind Flüssigerdgas-, oder auch LNG-Terminals nicht von der Versicherung ausgeschlossen und es tauchen immer wieder Zertifikate auf, die zeigen, dass die Allianz an der Versicherung von LNG Terminals beteiligt ist. Im vergangenen Jahr an dem Terminals Cameron LNG und Calcasieu Pass LNG. Für beide sind Erweiterungen geplant, die vor Ort auf großen Widerstand stoßen.

Flüssigerdgas aus den USA ist quasi gleichbedeutend mit Fracking, was eine besonders umweltschädliche Fördermethode darstellt. Zudem befinden sich viele der Terminals in Gemeinden, in denen Indigene, Schwarze oder People of Color leben, wodurch ein langjähriges Erbe des Umweltrassismus an der US-Golfküste fortgeschrieben wird. Zusammen mit petrochemischen Anlagen verschlechtern die LNG-Terminals die Luftqualität und steigern so das Risiko für Asthma, Herzkreislauferkrankungen oder Krebs.

Das Cameron LNG Terminal hat zudem schwerwiegende Auswirkungen auf die lokalen Fischergemeinden, die neben den schädlichen Emissionen auch von schwindenden Fisch- und Garnelenbeständen berichten sowie unter den starken Vibrationen der Anlage leiden. Beantragte Genehmigungen für mehr Chemikalien, die das Cameron LNG Terminal in die Umwelt entlassen will, bedrohen Gesundheit und Fischfang zusätzlich.

Zwei Fragen zu LNG Terminals:

1) Auf der konkreten Projektebene: falls die Erweiterungen der geplanten LNG Terminals Calcasieu Pass und Cameron oder andere für Versicherungsschutz bei Ihnen landen: wir gehen davon aus, dass Kriterien wie zusätzliche Schadstoffbelastung in bereits verschmutzten Gemeinden, Widerstand vor Ort, biologische Schlüsselbereiche, Rote Liste-Arten in der Prüfung eine Rolle spielen. Reichen sie kumuliert, um zu einer negativen Entscheidung zu führen?

2) Auf der allgemeinen Ebene: wir reden ja schon eine Weile über eine Erweiterung Ihrer Öl- und Gasrichtlinie und dass wir die Notwendigkeit sehen, dass auch Gasinfrastruktur ausgeschlossen wird, wie LNG Terminals. Sie leiten Ihre Richtlinien aus der Klimawissenschaft ab und überprüfen sie regelmäßig. Die KfW hat Klimasektorleitlinien, die sie aus Szenarien der Internationalen Energieagentur ableitet und schließt neue LNG-Exportterminals auf dieser Grundlage aus. Wäre das nicht eine gute Anregung für Sie?

3) Ihre Öl- und Gasrichtlinie erlaubt beim Ausschluss von Versicherungen für neue Öl- und Gasfelder klar definierte Ausnahmen aus Energiesicherheitsgründen. Sind diese im Jahr 2024 genutzt worden?

4) Aggressive Öl- und Gasunternehmen: Laut Finanzrecherchen hält die Allianz (inclusive der Töchter AGI/Pimco) 83 Millionen Aktien und Anleihen des US Öl- und Gasunternehmens Energy Transfer. Dieses Unternehmen versucht mit seiner Einschüchterungsklage gegen Greenpeace, rund um die Proteste gegen die Dakota Access Pipeline, Kritiker*innen mundtot zu machen. Ziehen Sie Konsequenzen aus so aggressivem Verhalten von Öl- und Gasunternehmen und werden sich von den Anleihen und Aktien Energy Transfers trennen?

5) Was mich zu einer Evergreen Frage bringt: Die ambitionierten fossilen Richtlinien der Allianz SE gelten nicht für die Unternehmenstöchter Pimco und AGI, wo diese Vermögen für Dritte verwalten. Eigene veröffentlichte Richtlinien der Töchter sind entweder nicht existent wie bei Pimco, oder wenig ambitioniert wie bei AGI. Die Konsequenz ist, dass die Allianz in Finanzrecherchen deshalb immer wieder sehr fossillastig erscheint und dies Ihr nachhaltiges Image in Frage stellt. Plant die Allianz zu dem Thema Einfluss auf seine Töchter zu nehmen?

Zur Versicherungskrise habe ich ebenfalls Fragen
6) Und zwar führen in den USA, Australien und teilweise auch in Europa klimabedingte Schäden und Risiken dazu, dass Versicherungen von z.B. Häusern immer teurer bis unbezahlbar werden. Damit zahlen aktuell v.a. Verbraucher*innen diese Versicherungskrise. Darüber hinaus wird über öffentlich-private Partnerschaften nachgedacht. Wird bei der Allianz auch über das Verursacherprinzip nachgedacht? Also die Haupt CO2-Emittenten in die Pflicht für diese steigenden Kosten zu nehmen?

Und dann habe ich noch Fragen zum Thema Berichterstattung
7) Nutzen Sie für Ihre eigenen Dekarbonisierungsziele und zur Planung von Maßnahmen bezogen auf Firmen, in die Sie investiert sind, die Daten, die Unternehmen im Rahmen der erweiterten EU-Berichterstattung (CSRD, Taxonomie etc.) veröffentlichen? Helfen CSRD Berichte bei der Vergleichbarkeit und Transparenz von Daten? Wären in diesem Zusammenhang die geplanten Klimaberichte in der CSDDD nützlich (gewesen)?

8) Woraus sich die Folgefrage ergibt: Wie steht die Allianz zu den geplanten Abschwächungen der EU Richtlinien (Omnibus), bei der die Berichterstattung im Mittelpunkt steht, aber darüber die nötige Transformation ausgeklammert wird, die damit vorwärtsgetrieben werden soll?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und ich bin gespannt auf Antworten.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.kritischeaktionaere.de/allianz/ihre-klimaschutz-richtlinien-gelten-nicht-fuer-die-unternehmenstoechter-pimco-und-agi-rede-von-regine-richter-urgewald/