Versicherung umstrittener LNG-Projekte, Rückschritt bei Menschenrechten: Unser Gegenantrag

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand der Allianz SE kommt weiterhin nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Schutz von Klima und Menschenrechten umzusetzen.

Versicherungen von LNG-Terminals Cameron LNG und Tacoma LNG verstärken Umweltrassismus

In dem Bericht „Risk Exposure: The Insurers Secretly Backing the Methane Gas Boom“[1] von Februar 2024 ermittelten Rainforest Action Network (RAN) und Public Citizen 35 Versicherer (Sach- und Haftpflichtversicherungen) von sieben existierenden, im Bau befindlichen sowie für eine Erweiterung vorgesehenen LNG-Terminals in den USA. Die dabei veröffentlichten Versicherungszertifikate belegen, dass Allianz an der Versicherung der Terminals Cameron LNG in Louisiana an der US-Golfküste und Tacoma LNG im Bundestaat Washington beteiligt war. Für beide sind Erweiterungen geplant.

Zudem hat sich die Allianz Tochter Allianz Life Insurance Company of North America im September 2023 als Senior Lender an einem Kredit für das Unternehmen Next Decade beteiligt. Next Decade will das Rio Grande LNG bauen, das wenig belastete Küstenabschnitte und Wasserwege am Golf von Mexiko bedroht und bereits Ländereien zerstört hat, die den dort lebenden Carrizo/Comecrudo Indigenen heilig sind. Sie sind nie von Next Decade konsultiert worden.

Flüssiggas aus den USA ist quasi gleichbedeutend mit Fracking, was eine besonders umweltschädliche Fördermethode darstellt. Zudem befinden sich viele der in Betrieb befindlichen und geplanten Terminals wie auch das Cameron LNG Terminal in Gemeinden, in denen Indigene, Schwarze oder People of Color leben, wodurch ein langjähriges Erbe des Umweltrassismus an der US-Golfküste fortgeschrieben wird. Zusammen mit petrochemischen Anlagen verschlechtern die LNG-Terminals die Luftqualität in diesen Regionen und steigern so das Risiko für Asthma, Herzkreislauferkrankungen oder bestimmte Krebsarten. Entlang der US-Golfküste, wo bis zu 20 neue Projekte geplant sind, organisieren sich die Betroffenen und leisten Widerstand gegen die Pläne. Präsident Biden hat auf die Proteste und Klimaprobleme von Fracking sowie LNG reagiert und im Januar ein Moratorium für neue LNG-Exportgenehmigungen verhängt.

Weiterhin fehlende Ausschlüsse für die Versicherung von Gasinfrastruktur

Das Beispiel der Versicherung von Cameron LNG und Tacoma LNG macht das Problem deutlich, dass Ausschlüsse von Gasinfrastruktur in der Öl- und Gasrichtlinie der Allianz fehlen. Dabei legt der Bau neuer Gasinfrastruktur wie die genannten LNG-Terminals die jahrzehntelange weitere Nutzung fossiler Energiequellen fest und kann durch erhöhte Nachfrage zur Erschließung neuer Öl- und Gasfelder führen, was nicht mit dem 1,5°C-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens vereinbar ist.

Fossile Richtlinie greift nicht für Vermögensverwalter Pimco und Allianz Global Investors

Die ambitionierte Kohlerichtlinie der Allianz sowie die neue Öl- und Gasrichtlinie gelten nicht für die Unternehmenstöchter Pimco und Allianz Global Investors, wo diese Vermögen für Dritte (über das der Allianz SE hinaus) verwalten. Allianz Global Investors hat eine eigene Kohlerichtlinie, die jedoch weit weniger ambitioniert ist als die von Allianz SE. Pimco hat keine Kohlerichtlinie. Richtlinien für Öl und Gas fehlen bei beiden komplett. Gerade Pimco findet sich deshalb regelmäßig als Investor in Kohle-, Öl- und Gasunternehmen, die massiv expandieren, u.a. in Südostasien, wo die Ausbaupläne zum Beispiel der San Miguel Corporation die Verde Island Passage, den sogenannten Amazonas der Meere, bedrohen. Pimco ist der zweitgrößte Investor weltweit in die San Miguel Corporation.

Menschenrechte: Neue Grundsatzerklärung ist ein Rückschritt

Die neue Grundsatzerklärung der Allianz zur Einhaltung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten ist ein deutlicher Rückschritt gegenüber dem eigentlich für die Allianz geltenden „Sustainability Integration Framework“. Während die Allianz im letzteren deutlich macht, dass sich die Sorgfaltspflichten selbstverständlich und vor allem auf das Versicherungsgeschäft und Investment beziehen, ist davon in der neuen Grundsatzerklärung keine Rede mehr. Dabei weiß der Vorstand selbst ganz genau, dass die größten umwelt- und menschenrechtlichen Risiken nicht bei der Beschaffung neuer Bürostühle, sondern bei der Versicherung fossiler Großprojekte oder Investments in Unternehmen liegen, die Landrechte missachten.

Andere Versicherungen schreiben daher auch explizit in ihre Grundsatzerklärungen, dass sie Menschenrechte auch in der Kapitalanlage und im Versicherungsgeschäft beachten. Dies ist auch vor dem Hintergrund nicht nachvollziehbar, da das „Sustainability Integration Framework“ schon ein sehr umfassendes Risikomanagement umfasst, dass beispielsweise die Rechte von Gemeinden, die von Bergbauprojekten betroffen sind, ernst nimmt.


[1] https://www.citizen.org/news/risk-exposure-the-insurers-backing-the-lng-boom/

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