Export und Vermarktung von gesundheitsschädlichen und in der EU verbotenen Pestiziden: Unser Gegenantrag

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2024

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:

Der Vorstand kommt weiterhin nicht hinreichend seinen menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten nach.

Export und Vermarktung von gesundheitsschädlichen und in der EU verbotenen Pestiziden

Alzchem gehört zu jenen Unternehmen, die weiterhin Pestizide exportieren, die als krebserregend, erbgutschädigend oder fortpflanzungsgefährdend eingestuft werden und daher in der EU schon lange nicht mehr zugelassen wind. Laut Public Eye werden jährlich große Mengen dieser gefährlichen Stoffe in Länder des Globalen Südens verkauft – Regionen, in denen die gesundheitlichen und umweltbezogenen Schutzstandards oft niedriger sind und die betroffenen Arbeiter*innen oft wenig oder keinen Zugang zu Schutzausrüstung oder Gesundheitsversorgung haben.

Diese Praxis widerspricht nicht nur ethischen Grundsätzen, sondern auch internationalen Leitlinien wie den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs), die Unternehmen eine Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte auch in ihrer Lieferkette zuschreiben. Alzchem bekennt sich explizit zu den UNGPs. Gemäß Artikel 13b der UNGPs erfordert menschenrechtliche Sorgfalt, dass sich Unternehmen bemühen, nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte, die durch ihre Geschäftsbeziehungen direkt mit ihren Produkten oder Dienstleistungen verbunden sind, zu verhindern oder abzuschwächen, auch wenn sie nicht unmittelbar zu diesen Auswirkungen beigetragen haben.

Die EU selbst arbeitet derzeit an einem Exportverbot für Pestizide, die innerhalb ihrer Grenzen verboten sind. Unabhängig von ethischen Gesichtspunkten sollte Alzchem sein riskantes Geschäftsmodell dahingehend auch aus wirtschaftlichem Eigeninteresse ändern.

Gesundheitsgefährdender und unverantwortlicher Einsatz von Dormex

Ein besonders besorgniserregendes Beispiel ist der Export des Alzchem-Produkts Dormex. Der Wirkstoff ist Cyanamid, dessen Einsatz 2008 in der EU wegen extrem hoher Gesundheitsrisiken (krebserregend, reproduktionstoxisch) verboten worden ist. Dormex scheint unter anderem im großen Stil in Südafrika eingesetzt zu werden. Bäuerinnen und zivilgesellschaftliche Organisationen aus Südafrika berichten über Anwendungen ohne ausreichende Schulung, mangelnde Schutzausrüstung und in Konsequenz von Gesundheitsschäden, die klare Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren und Arbeitsunfällen darstellen. Dies ist jüngst im South African People’s Tribunal on AgroToxins (SAPToA) Ende März 2025 deutlich geworden: https://agrotoxinstribunalsa.co.za/

Über diese Risiken und Folgen der Verwendung der von Alchem hergestellten Produkte wird nicht ausreichend im Geschäftsbericht informiert. Dabei braucht es insbesondere im Geschäft mit hochriskanten Wirkstoffen volle Transparenz gegenüber Aktionär*innen und der Öffentlichkeit über regulatorische, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken im Produktportfolio.

Verstoß gegen menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten

Es ist völlig unklar, ob und wie Alzchem die eigenen Versprechen in Bezug auf Menschenrechte, wie sie in der Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte der Alzchem Group AG formuliert sind, in der Realität nachkommen. Alzchem gibt zwar etwa die Durchführung von Schulungen an. Doch nach unseren Informationen gibt es keine ausreichenden Nachweise, dass diese Schulungen flächendeckend, regelmäßig und effektiv stattfinden.

Der fortwährende Export von Dormex in Länder mit schwachen Schutzstrukturen widerspricht dieser Verantwortung fundamental. Der Hinweis, dass Arbeitgeber vor Ort wie Großfarmen für den Arbeitsschutz verantwortlich sind, ist richtig – entbindet Alzchem aber nicht von der eigenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht, für einen sicheren Einsatz der eigenen Produkte insbesondere präventiv zu sorgen. Bei derart schädlichen Produkten wie Dormex ist es auch unter Einhaltung höchster Sicherheitsmaßnahmen nicht möglich, eine Gesundheits- und Umweltgefährdung auszuschließen. Deshalb ist der Einsatz in der EU ja auch verboten.

Wir können daher den Vorstand nicht entlasten. Es ist nicht nachvollziehbar, ob und wie Alzchem prüft und offenlegt, wie, wann und mit wem Schulungen zur sicheren Anwendung von Dormex in Exportländern durchgeführt werden. Es gibt keinen verbindlichen Aktionsplan, noch nicht einmal einen unverbindlichen Ausstiegsplan, wie Alzchem künftig sicherstellt, dass keine Produkte mehr exportiert werden, die in der EU wegen Gesundheits- oder Umweltrisiken verboten sind. Eine schrittweise Umstellung auf weniger gefährliche Alternativen, insbesondere für Exportmärkte, scheint überhaupt nicht gewollt.

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.kritischeaktionaere.de/alzchem/export-und-vermarktung-von-gesundheitsschaedlichen-und-in-der-eu-verbotenen-pestiziden-unser-gegenantrag/