„Es darf keinen Profit auf Kosten der Gesundheit geben!“: Rede von Ulf Georgiew

Sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats,
sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, 

mein Name ist Ulf Georgiew, und ich spreche hier für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Ich beginn meine Ausführung zum heutigen Tagesordnungspunkt 3, Entlastung des Vorstands der Aurubis AG.

Seit mehreren Jahren spreche ich nun schon auf der jährlichen Hauptversammlung der Aurubis AG zu den fehlenden Informationen des Unternehmens zu Risiken für die Bevölkerung auf Grund der Verarbeitung von hochkonzentrierten arsenhaltigen Kupferkonzentraten.

Auch seit Jahren befrage ich den jeweiligen Vorstandsvorsitzenden der Aurubis zu den Mengen und Eigenschaften der arsenhaltigen Kupferkonzentrate, die verarbeitet werden.

Meine sehr geehrten Aktionärinnen und Aktionäre, wer von Ihnen bei diesen Hauptversammlungen dabei war, hat keine Antworten vom Vorstand gehört, weil die Fragen nicht beantwortet worden sind.

Einen Tag nach der Hauptversammlung im vergangenen Jahr veröffentlichte die Umweltbehörde von Hamburg eine Pressemitteilung über zu hohe Arsenemissionen in der Luft. Sie vermuten, dass die Kupferhütte der Aurubis auf der Veddel verantwortlich hierfür ist. Die Unternehmensleitung hat diesen Vorgang nicht bestritten, aber auch nicht die genauen Ursachen benannt.

In der Pressemitteilung der Aurubis vom 01.03.2019 hieß es: „Als Ursache für die an dieser Messstelle überschrittenen Zielwert, sind insbesondere externe Faktoren in Betracht zu ziehen, wie beispielsweise die extreme Trockenheit in Verbindung mit austauscharmen Wetterlagen im vergangenem Sommer“.

Sehr geehrter Herr Harrings, sie waren damals noch nicht Vorstandsvorsitzender der Aurubis, würden Sie auch die Wetterveränderungen auf Grund des Klimawandels als Ursache für die Überschreitungen der Arsenwerte in unmittelbarer Umgebung des Werkes hier in Hamburg sehen?

Auf einer Stadtteilkonferenz im Juni vergangenem Jahres kurz vor dem großen Towaho mit sofortiger Kündigung des Vorstandsvorsitzenden Hr. Schachler und dem Stopp des Prestigeprojekts FCM für die Verarbeitung von komplexen Kupferkonzentraten, wurden den Anwohnern und Nutzern von Gärten in unmittelbarer Umgebung des Werks auf der Veddel, eine Empfehlung vom Hamburger Umweltamt ausgesprochen, kein Obst und Gemüse auf Grund des konterminierten Bodens mit Schwermetallen anzubauen.

In allen Veröffentlichungen der Aurubis wird kein Bezug zu Risiken für Anwohner und Mitarbeiter in der Verarbeitung von hochkonzentrierten arsenhaltigen Kupferkonzentraten oder anderen Schwermetallen genommen. Es sind Umweltbehörden, wie in Hamburg und Lünen, und auch NGOs, wie dem B.U.N.D die hierüber informieren.

Fatal wird es, wenn weder die Werksleitung, noch Umweltbehörden, noch NGOs die Bevölkerung über Risiken in und um Werkgebieten informieren, wo in der Vergangenheit oder heute wieder, hochkonzentrierte arsenhaltige Kupferkonzentrate verarbeitet werden. Wo keine regelmäßigen Umweltmessungen in der Luft, im Wasser und im Boden vorgenommen werden, wo es keine starke Zivilgesellschaft gibt, die Informationen zu gesundheitlichen Risiken einfordern.

Dann bauen die Menschen Obst und Gemüse in konterminierten Böden an, dann lassen die Menschen ihre Tiere auf konterminierten Böden weiden. Dann trinken die Menschen schwermetallhaltiges Trinkwasser. Dann atmen die Menschen schwermetallhaltige Luft ein, wie am bulgarischen Aurubis Standort in Pirdop.

Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, Informationen zu Umweltbelastungen sind kein Betriebsgeheimnis, sondern ein Menschenrecht!

Geben Sie Informationen zu Risiken für Gesundheit in und um Aurubis-Werksgeländen kurzfristig frei, informieren Sie die Bevölkerung nicht nur im Havarie-Fall, sondern sobald Einschränkungen in der Lebensqualität der Bewohner und Mitarbeiter zu erwarten sind.

In einem Gespräch mit der Werksleitung in Pirdop im Juni 2019 wurde mir zugesichert, aktuelle Umweltmonitoringdaten am Standort Pirdop auf der Webseite der Aurubis Bulgaria bis Jahresende 2019 zu veröffentlichen. Das ist nicht geschehen.

Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, was sind die Gründe, dass dies noch nicht umgesetzt wurde? Werden Sie die aktuellen Umweltmonitoringdaten der Aurubis Bulgaria „online“ zur Verfügung stellen? Wenn ja, wann werden Sie diese eingerichtet haben?

Die ehemalige Norddeutsche Affinerie, heute Aurubis hatte vor 12 Jahren das Werk in Bulgarien erworben, mit dem Wissen, dass Umweltaltlasten vorhanden sind, aus der sich soziale Verantwortlichkeiten ergeben. Es war bekannt, dass über Jahrzehnte im Werk hochkonzentrierte arsenhaltige Kupferkonzentrate verarbeitet worden sind. Diese Kupferkonzentrate, die teilweise eine Arsenkonzentration von bis zu 6 % enthielten, waren damals einer der höchsten in der Welt und wurden in unmittelbarer Umgebung des Werksstandorts in der nur wenige Kilometer entfernten Chelopetsch-Mine gefördert. Die Verarbeitung, der aus der Chelopetch Mine gewonnen Kupferkonzentrate ist dem Werk seit 1998 untersagt.

Die Verarbeitung der Kupferkonzentrate ging neben den katastrophalen Auswirkungen für die Umwelt, auch mit gesundheitlichen Folgen für die direkt betroffenen Minenarbeiter, den Arbeitern in der Kupferhütte, aber auch den Anwohnern in der Region einher.

Die, obwohl die Ursachen Jahrzehnte zurückliegen, auch noch heute für die betroffenen Menschen existentiell sind.

Es werden heute immer noch hochkonzentrierte arsenhaltige Kupferkonzentrate in der Chelopetch-Mine gewonnen und zu einer Kupferhütte in Tsunbeb in Namibia zur Aufarbeitung verschifft. Aurubis Bulgaria hat selbst im letzten Jahrzehnt große Investitionen auf dem Gelände getätigt um die Verarbeitung von hochkonzentrierten arsenhaltigen Kupferkonzentraten zu ermöglichen.

Wir sehen Aurubis und seine jetzigen und damaligen Lieferanten daher in der Pflicht, sich um die gesundheitlichen Aspekte der generationsübergreifenden Folgen der Verarbeitung mit hochkonzentrierten arsenhaltigen Kupferkonzentraten sich am Werksstandort Pirdop einzusetzen und alles Handlungsmögliche zu unternehmen, um die Betroffenen zu unterstützen. Hierzu gehört auch, dass die medizinische Betreuung der Betroffenen, den Europäischen Gesundheitsstandards entsprechen.

Aurubis Bulgaria und seine dortigen Lieferanten, erwirtschaften in einem Einzugsgebiet von ca. 35 km um den Standort Pirdop, ein Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 6%. Bei so viel Wirtschaftsleistung dürfte es nicht sein, dass nach wie vor, dass Regionalkrankenhaus in Pirdop sich ein einem so erbärmlichen baulichen und betrieblichen Zustand befindet. Einst war das Krankenhaus in Pirdop, das modernste Krankenhaus in ganz Bulgarien.

Jeder der sich Mobilität in Pirdop leisten kann, fährt zu Vorsorgeuntersuchungen, Geburten und Operationen in die ca. 1 ½ Autofahrstunden entfernte Hauptstadt Sofia. Wer sich keine Mobilität leisten kann, ist einzig auf die Gesundheitsversorgung des Krankenhauses in Pirdop angewiesen. Und diese besteht aus wenigen Fachabteilungen, da viele Abteilungen in den letzten Jahren schlossen, weil Fachärzte und Krankenhauspersonal nicht ausreichend bezahlt werden.

Obwohl die großen Unternehmen der Kupferminen- und Kupferhüttenindustrie Zuschüsse zum Budget des Krankenhauses beisteuern, kämpft das Krankenhaus um das wirtschaftliche Überleben.

Sehr geehrter Herr Aufsichtsratsvorsitzender, sehr geehrter Mitglieder des Aufsichtsrats, wie können Sie es zulassen, dass die Konzernführung sich so wenig für eine humanere Gesundheitsversorgung am Aurubis Standort Pirdop einsetzt?

Warum akzeptieren Sie ein zwei Klassen Gesundheitsstandart an den Aurubis-Werksstandorten? Warum fordern Sie die Konzernführung nicht energischer auf, nach Lösungen zu suchen, um die Zustände zu beenden?

Meine sehr geehrten Aktionärinnen und Aktionäre, ein Dividendenertrag darf nicht zu Lasten der Gesundheit von Mitarbeitern, ihren Angehörigen, der Bevölkerung, den künftigen Generationen, gehen. Jede nicht getätigte Investition der Aurubis Bulgaria in die Gesundheitsversorgung am Standort Pirdop erhöht ihre Dividende, sie ist dann aber nicht sozial gerecht. Es darf kein Profit auf Kosten der Gesundheit der Menschen geben!

Sehr geehrter Herr Harrings, mit Wohlwollen haben wir gelesen, dass die Aurubis in Chile und Peru Bildungs- und Biodiversitätsprojekte fördert. Wir hätten es aber für gut gefunden, wenn Sie Biodiversität und Artenschutz auch am Werksstandort in Pirdop mit Leidenschaft unterstützen.

 In keinem der Wirtschafts-, Umwelt-und Nachhaltigkeitsberichten der Aurubis wird erwähnt, dass der Konzern auch am Dushanzi-See nahe Pirdop, in einem EU-Natura2000-Schutzgebiet, aktiv ist.

In der Folge werden von Aurubis und auch nicht seiner Lieferanten, Schutzziele und Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität in diesem Natura2000-Schutzgebiet gebildet. Aurubis muss endlich beginnen, an all seinen Standorten die Artenvielfalt und Biodiversität so schützen, so wie sie ihre Werke vor Diebstahl schützt!

Meine sehr geehrten Aktionäre und Aktionärinnen, auf Seite 24 des diesjährigen Jahresabschluss-Berichts finden sie eine Übersicht von Aurubis-Beteiligungen an anderen Unternehmen und deren Ergebniserträge für die Aurubis AG.

Demnach hatte die Aurubis Bulgaria ein Ergebnis von 90,6 Millionen Euro und die Cumerio Austria GmbH, die wiederum zu 99,86 % Anteilseigentümer an der Aurubis Bulgaria AG ist, ein Ergebnis von 104,4 Millionen Euro erzielt.

Hier muss ich Sie Herr Vorstandsvorsitzender kurz anfragen, da die Informationen aus dem Wirtschaftsreport für das vorausgegangene Wirtschaftsjahr für die Aktionäre nicht hervorgehen. Wie hoch war der Gewinn nach Steuern der Aurubis Bulgaria? Wie hoch war der Gewinnanteil der Aurubis Bulgaria Ad an der Cumerio Austria GmbH? Wie hoch ist der Gewinnanteil der Arubis Bulgaria Ad am Ergebnis der Aurubis AG? Wieviel Steuern wurden in Bulgarien und Österreich von Aurubis entrichtet?

Um nicht unnötig Zeit auf der Hauptversammlung zu verlieren, würde ich Sie bitten, die Angaben nach Steuerlasten in anderen EU-Ländern künftig in den Aurubis-Wirtschaftsreports zu veröffentlichen. Werden Sie diese künftig veröffentlichen?

Dem Vorstand und dem Aufsichtsrat wird die Entlastung verweigert.

Meine sehr geehrten Aktionärinnen und Aktionäre, ich Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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